Atmosphärisch, unheimlich und facettenreich!
2001 waren das Horrorgenre bereits auf dem sicheren Weg in die billige Jump-Scare-Hölle. Doch immer wieder bahnten sich qualitativ, hochwertige Ausnahmen den Weg durch den Hollywood-Sumpf. Da wäre zum Beispiel M. Night Shyamalans „The Sixth Sense“ von 1999, der vor allem bei den Oscars für Aufsehen sorgte. 2001 dann war es der Film von Alejandro Amenábar „The Others“, der sowohl Publikum als auch Kritiker begeisterte. Mit einem winzigen Budget von 17 Millionen spielte das Mystery-Horror-Werk fast 100 Millionen ein! Der Film erhielt viele Preise, auch wenn bei den Oscars keine Nominierung dabei war. Und auch über 20 Jahre später (die Zeit rennt davon!) ist „The Others“ nach wie vor ein effektiver und cleverer Film seines Genres, der eine typische Geschichte mit ganz neuen Facetten präsentiert.
1945, Großbritannien: Die alleinerziehende Mutter Grace Stewart lebt mit ihren beiden Kindern in einem großen Anwesen. Der Mann ging in den Krieg, kam aber nie wieder. Alle drei sind sich sicher, dass er bald nach Hause kommen wird. Bis dahin muss die Familie Haushälter einstellen, damit das Anwesen nicht verkommt. Die beiden Kinder, Anne und Nicholas, leiden jedoch an einer Lichtallergie, weswegen Mutter Grace die Geschwister ständig im Dunklen halten muss. Und als wäre dies nicht genug, erzieht sie sie in strengstem Glauben an die christliche Bibel. Doch als die Tochter anfängt Geister zu sehen, verändert sich das Leben der einsamen Familie…
Ich will natürlich nichts verraten, jeder sollte den Film selbst sehen und erfahren. Es lohnt sich auf jeden Fall!
„The Others“ besticht durch eine emotionale Story, die gerade gegen Ende wie ein Schlag in die Magengrube wirkt. Der Film bekommt durch das Ende eine ähnliche Qualität wie Shyamalans „The Sixth Sense“, sodass man den ganzen Film beim zweiten Mal mit anderen Augen sieht. Doch es sind nicht nur die Wendungen, die den Film besonders machen, sondern die Figuren. Nicole Kidman ist der Star hier und spielt ihre Figur mit einer Präzision und Leidenschaft, die einem den Atem raubt. Der innerliche Schmerz und die Zerrissenheit in ihr werden grandios von Kidman rüber gebracht. Die anderen Darsteller können ihren Figuren ebenfalls viel Tiefe verleihen. Nur die beiden Kinderdarsteller konnten mich nicht immer überzeugen. Einige Momente waren sehr glaubhaft, andere dagegen eher lachhaft… Und das war wirklich schade, denn der Film riss mich immer wieder in seinen Bann, bis die beiden Kids völlig unnatürlich agierten. Normalerweise kann ich darüber hinwegsehen, aber wenn die beiden Kinder so große Rollen in der Geschichte haben, dann müssen sie auch gut spielen können, was hier leider nur bedingt der Fall war.
Ansonsten überzeugt der Film auch im Gruselbereich. „The Others“ beweist, dass man nicht immer Monster, Blut oder andere Horrorbilder braucht, um das Publikum zu gruseln. Das Wichtigste ist die Atmosphäre und die stimmt hier!
Was mich nur manchmal gestört hat, waren die überaus lauten Momente, wenn der Score eine unheimliche, spannende Szene untermalt hat. Da fühlte sich der Film wie ein klassischer Hollywood-Horror-Schocker an und das hätte dieses Werk nicht nötig gehabt. Ein paar wenige dieser Momente können wirklich kraftvoll wirken, hier aber hat es dem Film manchmal an Sensibilität geraubt. Denn wenn „The Others“ mit Stille arbeitet, entstehen oftmals die besten Momente in der Story. Der Soundtrack wurde übrigens vom Regisseur selbst komponiert, wie auch bei John Carpenter oder Robert Rodriguez. Der Großteil der Musik gefiel mir auch.
Zum Schluss sei noch die effektive Kameraarbeit von Javier Aguirresarobe zu erwähnen, die die Einsamkeit und Leere des Anwesens (und der Figuren) wundervoll einfängt.
Fazit: „The Others“ ist ein wirklich kraftvoller Film im Horror-Genre, wobei ich dem Werk von Amenábar auch eine Großteil Mystery und Drama zuordne. Man darf keinen typischen Horrorfilm mit Erschreckern erwarten, sondern sollte sich auf etwas Anspruchsvolles mit Tiefgang einstellen. „The Others“ hat ein paar Makel in meinen Augen, die mich davon abhalten ihn zu lieben, aber ich werde diesen Film definitiv noch mehrmals sehen wollen. Ein intelligentes Gruselwerk mit einer starken Nicole Kidman!