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    TKKG
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    TKKG

    Ein zeitgemäßes Retro-Update

    Von Björn Becher

    Wer in den 1980er Jahren seine Jugend erlebt hat, kam an TKKG kaum vorbei. Die ab 1979 erst als Bücher, seit 1981 dann auch als Hörspiel erscheinende Jugendkrimi-Reihe genoss schnell Kultstatus – auch wenn sich darin ein antiquiertes Weltbild zeigt, in dem Frauen wenig zu sagen haben, Ausländer immer nur als wandelnde Klischees auftreten und am Ende der Fall gerne auch mal mit der Faust statt mit Köpfchen gelöst wird. Quasi das dumpfere Gegenstück zu „Die drei ???“. Im Jahr 2019 kann (beziehungsweise sollte) man „TKKG“ aber nicht mehr so zeigen wie noch vor 30 Jahren. Regisseur Robert Thalheim („Am Ende kommen Touristen“) und sein Team sind sich dieses Problems offensichtlich bewusst. Ihr Jugendkrimi spielt mit Klischees, statt sie nur platt zu bedienen, und reitet zudem voll auf der aktuellen 80er-Retro-Welle mit. Das ist nicht immer innovativ, aber trotz eher mauer Krimi-Story ausgesprochen kurzweilig.

    Tim (Ilyes Moutaoukkil) verlässt die Großstadt und seine alleinerziehende Mutter, weil er ein Stipendium für ein Elite-Internat bekommen hat. Neu ist dort auch sein Zimmernachbar Willi (Lorenzo Germeno), der das allerdings nicht seinen guten Noten, sondern dem dicken Geldbeutel seines Vaters Hermann Sauerlich (Antoine Monot Jr.) zu verdanken hat. Als der Schokoladen-Mogul entführt wird, stecken die beiden Schüler schnell mitten in einem Kriminalfall. Für den ermittelnden Kommissar Glockner (Trystan Pütter) ist klar: Georg, der treue Chauffeur der Sauerlichs, steckt dahinter. Er will sich den „Himmelswächter“, eine wertvolle Statue, unter den Nagel reißen. Doch Willi kann das nicht glauben. Georg ist sein einziger Freund und deshalb der einzige, der ihn „Klößchen“ nennen darf. Er bittet Tim, ihm zu helfen. Doch das Duo muss bald erkennen, dass sie noch weitere Unterstützung durch den schlauen Tüftler Karl (Manuel Santos Gelke) und Glockners Tochter Gabi (Emma-Louise Schimpf) benötigen …

    Vier neue Freunde finden sich...

    Schon die Auftaktszene zeigt, wie in der nach zwei misslungen Anläufen („TKKG: Drachenauge“ von 1992, „TKKG – Das Geheimnis um die rätselhafte Mind-Machine“ von 2006) dritten Kinoadaption der Jugendbuch-Reihe mit den plumpen Klischees von damals gespielt wird. Tim ist auf der Flucht vor der Polizei. Nach einer sehenswerten Parkour-Verfolgungsjagd landet er im Supermarkt, in dem seine Mutter an der Kasse arbeitet. Die eröffnet ihm, dass er nun aufs Internat kommt – aber nicht als Strafe, weil er mal wieder die Schule geschwänzt und Ärger mit der Polizei hat, sondern als Belohnung: Er hat ein Stipendium gewonnen. Immer wieder brechen Thalheim und sein Co-Autor Peer Klehmet („Fünf Freunde“, „Tom Sawyer“) so gängige Muster und machen sich fast schon einen Spaß daraus, uns Zuschauer auch mal bewusst unsere eingefahrenen Erwartungen vor Augen zu führen. Da wird der laut Krimi-Stereotyp immer verdächtige Gärtner selbst dann mit bedrohlicher Mimik ins Bild gerückt, wenn er null als Tatverdächtiger taugt.

    So amüsant diese Spielereien sind, so wenig erzeugen sie aber Spannung rund um den Krimiplot. Der hat zwar einige Wendungen, ist aber trotzdem recht ausrechenbar, zumal es – trotz Sherlock-Holmes-Zitat - ohnehin kaum Raum fürs eigene Detektivspielen gibt, weil kaum mal falsche Fährten gestreut werden. Stattdessen steht die Origin Story des Quartetts im Fokus, denn am Anfang sind sich Tim, Klößchen, Karl und Gabi alles andere als grün und wollen partout nicht zusammenarbeiten. Da gibt es dann auch ein paar charmante, wenn auch nicht immer subtile Seitenhiebe auf die problematischen Klischees der Vorlage. So äußert sich Gabi abschätzig darüber, dass Tim scheinbar alle Probleme erst mal mit der Faust löst und beleidigt ihn als „Tarzan“, dem ursprünglichen Namen der Figur, der aber aus markenrechtlichen Gründen bereits im Jahr 1985 abgelegt wurde.

    Volle Kanne Achtziger

    Dass „TKKG“ aus den 1980er Jahren stammt, macht sich hier zum ersten Mal in einer Kinoverfilmung bemerkbar. Während 2006 bei „Das Geheimnis um die rätselhafte Mind-Machine“ noch voll auf Modernisierung gesetzt wurde, wirkt die 2019er-Adaption nun im besten Sinne altmodisch. Sie spielt zwar im Hier und Jetzt (ja, es kommen Handys vor), aber Anführer Tim trägt trotzdem einen alten Walkman mit sich herum, der ihn an seinen Vater erinnert. Und wem das bekannt vorkommt: Das Ding sieht auch optisch so aus wie Star-Lords Erinnerung an seine Erdenherkunft in „Guardians Of The Galaxy“. Der immer wieder auf der Tonspur präsente Synthesizer-Sound könnte derweil direkt aus der 80er-Jahre-Netflix-Serie „Stranger Things“ stammen. Aber besser gut von solchen Vorbildern (von denen es noch unzählige weitere gibt) geklaut, als schlecht selbst ausgedacht. Vor allem, wenn es so charmant eingebaut ist wie in „TKKG“.

    Charme ist dann auch die größte Stärke von „TKKG“, vor allem im Zusammenspiel der vier exzellent besetzten Jungschauspieler. Deren Figuren sind natürlich weiter die typischen Stereotype (der Sportler, der Dicke, der Schlaue, die Hübsche), doch die Schauspieler schaffen es oft genug, dies in den Hintergrund zu drängen. Weil das Zusammenspiel des Quartetts so gut funktioniert, dürfte es auch kaum einen Fan wirklich stören, dass der in der Vorlage sehr große und schlaksige Karl hier der deutlich Kleinste ist: Jungschauspieler Manuel Santos Gelke, der als Otto in „Benjamin Blümchen“ im Kinosommer 2019 noch eine weitere ikonische Hörspielfigur verkörpert, hat trotz im Verhältnis weniger Leinwandzeit ein paar wunderbar-leise Momente, in denen er durch kleine Gesten und Ausdrücke zeigt, was in seiner Figur vorgeht (etwa wie nach einer Umarmung von Gabi die Glückshormone durch seinen Körper rauschen).

    Karl ist nicht nur der Kleinste, wenn er im Hintergrund steht.

    Die starke Besetzung zeigt sich auch im Erwachsenen-Cast rund um Tom Schilling („Oh Boy“), Laura Tonke („Baader“) oder Milan Peschel („Schlussmacher“) – auch wenn letzterer als angeblich blinder Hellseher Raimundo schon ziemlich wild chargiert. Als Störfaktor erweist sich nur Kommissar Glöckners rechte Hand Bienert, was aber weniger an dem YouTuber Phil Laude („Bibi & Tina 3 – Mädchen gegen Jungs“) als vielmehr am Drehbuch liegt: Die Figur ist nämlich ein kompletter Volltrottel, doch die daraus resultierenden Gags sind nie witzig. Da bietet sogar ein Klößchen-Furzwitz mehr als seine verständnislosen Nachfragen und sein Missverstehen von Anweisungen.

    Fazit: Robert Thalheims „TKKG“ ist eine charmant-kurzweilige, zeitgemäße Neuverfilmung, bei der vor allem der Kimi-Plot aber auch noch reichlich Luft nach oben („TKKG 2“ ist bereits in Arbeit) lässt.

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