Fast mehr noch als heute waren die Jahre der Achtziger überschwemmt von mittelprächtigen Actionfilmen und regelmäßig flogen dem Kinopublikum die cineastischen Kugeln um die Ohren. Die Zeit war also mehr als überreif für einen Film wie „Lethal Weapon“, der traditionelle Cop-Action auf ein neues Level hob. Markige Sprüche und wilde Verfolgungsjagden gab es natürlich auch vorher schon. Das Besondere jedoch an Richard Donners (Superman, Das Omen, 16 Blocks) Buddy Movie war die emotionale Tiefe der beiden Hauptfiguren, bei deren spannenden Ermittlungen wir auch heute noch gerne mitfiebern.
Sergeant Roger Murtaugh (Danny Glover) vom Los Angeles Police Department, gerade 50 Jahre alt geworden, ist ein Familienmensch und geht nicht gerne Risiken ein. Er ist ein anständiger Cop, ein liebender Vater und Ehemann. Sergeant Martin Riggs (Mel Gibson) vom Drogendezernat allerdings ist das genaue Gegenteil. Er lebt mit seinem Hund in einem Wohnwagen am Rande der Stadt. Er raucht, er trinkt und ist psychisch labil, seitdem seine Frau vor ein paar Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam. Als dann auch noch seine Vorgesetzten auf seine Selbstmordgedanken aufmerksam werden, stellen sie ihm Murtaugh als neuen, erfahrenen Partner zur Seite. Von Anfang an herrscht Spannung zwischen dem ungleichen Paar, die sie jedoch beilegen müssen, wenn sie den Fall der 22-jährigen Prostituierten Amanda Hunsaker (Jackie Swanson) lösen wollen, die sich während eines Drogenrausches vom Balkon eines Hochhauses in den Tod stürzte. Ihr Vater, Michael Hunsaker (Tom Atkins), ist ein alter Freund von Murtaugh und hat mit ihm zusammen im Vietnamkrieg gekämpft. Als deutlich wird, dass seine Tochter einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist, bittet er seinen alten Kameraden darum sie zu rächen. Doch bei ihren Ermittlungen stoßen die beiden auf zunehmenden Widerstand und die Sache beginnt riskant zu werden.
Die Geschichte von Drehbuchautor Shane Black (The Last Boy Scout, Kiss, Kiss, Bang, Bang) hat man so oder so ähnlich schon über 100 Mal gehört oder gesehen. Doch der Film nimmt diese Vorlage und verwandelt sie in ein spannendes, 110 Minuten langes Sehvergnügen. Schon die Eingangssequenz lässt vermuten, dass man es hier nicht mit einem 08/15-Streifen zu tun bekommt. Zu den Klängen von „Jingle Bell Rock“ fliegt die Kamera über die nächtliche Skyline von L.A., bis sie zum obersten Stockwerk eines Hochhauses kommt, durch dessen weit geöffnete Terrassentür man eine halbnackte Blondine (die bezaubernde Jackie Swanson) sehen kann, die sich auf einem roten Sofa räkelt. Dann geht sie hinaus in die kalte, sternenklare Nacht, stürzt sich lächelnd vom Geländer in die Tiefe und kracht auf das Dach eines parkenden Autos. Die Kamera, für die Stephen Goldblatt (Hautnah) verantwortlich zeichnet, verfolgt diese surreale Szene und bleibt dabei nah am Geschehen. Auch zu den Protagonisten des Films wird durch die Kameraarbeit eine gewisse Nähe aufgebaut, die es dem Zuschauer erleichtert, in ihre Gefühlswelt Einblick zu nehmen.
Und so komisch es klingen mag: Aber genau diese Gefühle von Riggs und Murtaugh sind es, die die Geschichte aus dem Männerfilm-Einheitsbrei hervorheben und sie zum Leben erwecken. Denn den verrückten Riggs versteht man viel besser, wenn man seine Lebensumstände kennt. Durch seinen Schmerz und seine Trauer um seine Frau wird er aggressiv und ist oft unvorsichtig. So kettet er sich in einer beeindruckenden Sequenz mit Handschellen an einen vermeintlichen Selbstmörder, der zum Todessprung von einem Häuserdach bereit ist und zwingt ihn dadurch, ihn mit sich hinabzureißen.
Auch sein Partner Murtaugh, der gerade erst von seiner Tochter Rianne (Traci Wolfe) darauf hingewiesen wurde, dass bei ihm schon die ersten grauen Haare sprießen, lernt man im Umfeld seiner Familie als ehrbaren Bürger kennen. Auch sieht man, wie ihn sein neuer, junger Partner immer wieder an sein eigenes Alter erinnert und dann kommen auch schon mal Gedanken an den Ruhestand auf.
Murtaugh: „Ich bin zu alt für so eine Scheiße."
Doch schnell zeigt sich das Gegenteil, denn die „Scheiße“ geht erst richtig los, als die beiden Kollegen in Schwierigkeiten geraten. Da wird dann wieder ordentlich rumgeballert (body count: 26) und sie jagen die Bösewichte durch die Stadt. Und auch hier macht der Film vieles besser als seine Genrekollegen. So werden die beiden Polizisten auch mal angeschossen und bekommen ordentlich auf die Mütze, anstatt scheinbar unverwundbar allen Kugeln und Schlägen auszuweichen. Das straffe Tempo tut sein Übriges, um das Spannungsniveau stetig hoch zu halten. Wer die harte Action komplett genießen möchte, muss sich den Director’s Cut ansehen, alle anderen bekommen eine kürzere, geschnittene Variante präsentiert. Die Stunts wurden übrigens von Dar Robinson (Rollerball, „Police Academy“) geleitet, der nach den Dreharbeiten starb und dem der Film gewidmet ist.
Mel Gibson (Braveheart, Kopfgeld, Signs), den die meisten Zuschauer damals bereits aus der Mad Max- Reihe kannten, spielt seine Rolle wunderbar. Mit seinen zerzausten Haaren und seinem wilden Blick passt er perfekt auf die Figur von Riggs. Laut einem Artikel der amerikanischen „Vanity Fair“ hatte man die Rolle auch Bruce Willis (Stirb langsam, Sin City, Pulp Fiction) angeboten. Ein Glück für die Zuschauer, dass daraus nichts geworden ist. Auch Danny Glover (Saw, Grand Canyon) ist klasse anzusehen. Die beiden ergänzen sich perfekt und die witzigen Dialoge runden die ganze Sache ab. Von der zeitgenössischen Kritik hochgelobt wurde vor allem auch Gary Busey (Die Firma, Lost Highway), der den bösen Mr. Joshua mimt, ein Söldner und die rechte Hand des Oberschurken General Peter McAllister (Mitch Ryan).
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist sicherlich der Umgang mit der Geschichte des Vietnamkrieges, in dem alle wichtigen Personen des Films mitkämpften. So ist zum Beispiel Martin Riggs ein ausgebildeter Elitesoldat einer ehemaligen Spezialeinheit und laut eigener Aussage ist das Töten von Menschen das einzige, was er wirklich gut kann. Gerade in der Zeit des Erscheinens von „Lethal Weapon“, nach den großen Antikriegsfilmen der 80er wie Full Metal Jacket und Platoon, hatten die Seitenhiebe auf den Krieg sicherlich ihre Wirkung, insbesondere beim amerikanischen Publikum.
Die im Vergleich zu den weiteren „Lethal Weapon“-Teilen eher düstere und melancholische Stimmung wird durch den Soundtrack perfekt unterstrichen. Die Musik von Michael Kamen und Eric Clapton setzt tolle Akzente und spiegelt die Gefühlswelt der Charaktere wieder.
Fazit: Der Film hatte bei vielen männlichen Kinogängern von Anfang an einen Stein im Brett und legte den Grundstein für eine coole, vierteilige Actionreihe. Die beiden Hauptcharaktere ergänzen sich prima und machen ständig Lust auf mehr und bis auf Kleinigkeiten im Drehbuch ist die Umsetzung des „Good Cop, Bad Cop“- Prinzips gut gelungen. Erstaunlich, dass der Film mit dem für heutige Verhältnisse eher schmalen Budget von 15 Millionen Dollar gedreht wurde. Das Einspielergebnis von 65 Millionen Dollar allein in den USA (weltweit: 120 Mio. Dollar) gibt Hit-Produzent Joel Silver (V wie Vendetta, Matrix) jedoch im Nachhinein Recht. Das alternative Ende von Regisseur Richard Donner, der die beiden Helden am Ende eigentlich trennen wollte, kann sich der geneigte Zuschauer übrigens auf DVD anschauen.