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    Utøya 22. Juli
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    Kino:
    Anonymer User
    4,5
    Veröffentlicht am 10. Mai 2021
    Ich persönlich widerspreche der Kritik von Filmstarts entschieden. Zu keiner Zeit hatte ich das Gefühl, dass hier auf Horror im filmischen Sinn abgezielt wird!

    Meine Erwartungen an einen Spielfilm, der sich ein reales Attetat wie dieses zum Thema nimmt, beschränken sich weitgehend auf die Befürchtungen, dass in erster Linie Voyeurismus, Sensationslust und "Gaffen" bedient wird. Ich persönlich schaue mir durchaus auch reale Aufnahmen von schlimmen Ereignissen an - ich kann nicht sagen, dass mir das einen Kick gibt, ich fühle mich vielmehr in solche Situationen hinein und hinterfrage, wie ich in einer vergleichbaren Situation agieren würde - und wie ich es sollte. Beispielsweise habe ich mir viele Male das Station Nightclub Fire angesehen, die Valley Parade Katastrophe, die Heysel Katastrophe, Hillsborough... wenn ich an neuen Orten bin, gelten oftmals meine Gedanken möglichen Fluchtwegen für verschiedene Szenarien aufgrund dieser passiven "Erlebnisse", bei denen ich mir durchaus aufwendig den genauen Hergang heraussuche und verinnerliche.
    Und ich muss sagen: meine Befürchtungen, was diesen Spielfilm angeht, haben sich kein Stück weit bewahrheitet.

    Wir erleben die Geschehnisse aus der Perspektive einer einzelnen Person spoiler: (bis zu ihrem Tod gegen Ende)
    in etwa ab dem Zeitpunkt, als der Täter die Insel erreicht. Wer sich mit dem Tathergang befasst hat weiß, dass der Täter die Insel als Polizist betreten hat und als solcher in Empfang genommen wurde, eine Gruppe Jugendlicher um sich versammelt hat, bevor er den ersten Schuss abgab. An der Stelle deutet sich bereits an, was die Stärke dieses Films ist: er bleibt nahezu zu jeder Zeit glaubwürdig. Als die ersten Schüsse fallen, werden sie von den Jugendlichen eher peripher wahrgenommen - es erfolgt nur eine schwache unmittelbare Reaktion, für wenige Sekunden setzt ein Jugendlicher das Geschäker mit der Hauptfigur fort, ein paar andere des Grüppchens blickt skeptisch, stellt die Frage in den Raum, ob das knallen von Böllern kommt (eine ähnliche Reaktion, wie ich sie etwa auch bei der Live-Übertragung des Spiels Deutschland-Frankreich am 13.11.2015). Unklarheit auch dann noch, als einige Jugendliche panisch von Richtung Anlegestellung her gerannt kommen. Innerhalb von Sekunden, die sich wie Minuten anfühlen, verstärkt sich der Verdacht, dass hier schlimmes geschieht, immer mehr.
    In der Folge erleben wir die Enge im Innenraum des Hauphauses zusammen mit der Ungewissheit bei jeder Silhouette vor der Eingangstür, ob ein Flüchtender oder ein Angreifer im Begriff ist das Haus zu betreten. Anschließend die Flucht in den Wald, den ich mir immer sehr viel dichter vorgestellt habe. Im Film wird schnell klar, dass der Wald keinen besonders guten Sichtschutz bietet und man ca. 50 Meter weit gute Sicht hat. Trotzdem versucht sich die Gruppe zu verstecken, indem sie sich hinter eine kleine Böschung legt - eine Lage mit relativ wenig Überblick und ebenso wenig Schutz. Unregelmäßig, aber ziemlich häufig rennen einzelne Jugendliche oder kleine Grüppchen in der Nähe vorbei, die Schüsse lassen sich nur schwer orten, die Lautstärke variiert - der oder die Täter sind in Bewegung. Ein Junge, der zur Gruppe stößt und (offenbar kein eigenes) Blut im Gesicht hat, erzählt, dass von der Polizei geschossen wird. Erneut kommt sehr deutlich diese absolute Ungewissheit eindringlich rüber, keiner weiß was los ist, keiner weiß, wie viele Täter auf der Jagd sind. Und keiner weiß wirklich, in welche Richtung der oder die Täter sich gerade bewegen. Man hat nur das dumpfe Gefühl: sobald man merkt, er kommt näher, ist ein Wechsel des Verstecks unbemerkt wohl kaum zu realisieren.
    Als die Gruppe sich in Bewegung setzt, um den Standort zu wechseln, beschließt die Hauptfigur zu den Zelten zurückzukehren, um ihre Schwester zu suchen - das mutet erstmal konstruiert an, ist für mich aber völlig nachvollziehbar: die Situation ist kaum zu durchschauen, der Wald bietet wenig Schutz und Rettung ist nicht wirklich in Sicht. Nachvollziehbar, zumindest die liebsten Menschen, die vor Ort sind, suchen zu wollen.

    Die Szene, in der die Hauptfigur einer schwer Verletzten beisteht, ist von beiden Darstellerinnen sehr eindringlich und gut gespielt, die Hauptfigur hat den Impuls, nicht zu bleiben um Hilfe zu suchen, wird aber angefleht, nicht zu gehen - sie hadert, bringt es nicht über sich zu gehen und bleibt bei dem Mädchen. Irritiert hat mich in der Szene der rote Rauch, ich habe nie davon gelesen, dass der Täter Rauchgranaten oder ähnliches verwendet hat - seis drum.

    Die Hauptfigur geht die Küste hinab ans Ufer, um dort Schutz zu suchen. Sie wird von einer Gruppe in einer Felsspalte weggeschickt, weil sie nicht mehr hineinpasst und man fürchtet, dass sie gesehen wird und das Versteck so verrät - nachvollziehbar. Die Idee, ans Festland zu schwimmen, wird aufgrund einer Leiche im Wasser verworfen - ich persönlich hätte denke ich dennoch diesen Weg versucht, kann aber auch verstehen, wenn man sich dagegen entscheidet (zumal es sich, so wie ich die Kameraführung mit einer Karte der Insel "mitverfolge", um die Nordküste der Insel handelt - von dort loszuschwimmen bedeutet entweder noch gute 100 Meter in Ufernähe parallel zur Inselküste zu schwimmen und dann noch 600 Meter vor sich zu haben oder direkt von der Insel richtung Norden - etwa 1,4 Kilometer weit).

    Auf weitere Szenen gehe ich inhaltlich nicht mehr ein, aber die Beklemmung wird durchgehend aufrecht erhalten, da weiterhin in unregelmäßigen Abständen Phasen von Schüssen kommen, die übrigens entgegen der Kritik von filmstarts durchaus nicht übertrieben dargestellt sind - wer mal eine Schießanlage betreten hat weiß, wie durchdringend laut so ein Schuss ist - auch in vielen Aufnahmen von Kriegsgebieten ist gut erahnbar, wie sich das anhört.

    Auch den Vorwurf, dass der Täter nicht so explizit gezeigt wird, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Mir kommt er damit nicht wie eine übernatürliche Bedrohung vor, bloß wie die übermächtige Bedrohung, die er nunmal darstellte. Es gab kaum eine Chance, sich zur Wehr zu setzen. Wo man sonst immer denkt, dass ein halbwegs koordinierter und wagemutiger Angriff mehrerer Personen auf einen einzelnen Täter aussichtsreicher ist als die Flucht, wird hier sehr deutlich, dass das keine echte Option ist - zu übersichtlich ist das gesamte Gelände, während gleichzeitig zu wenige Aussichtsreiche Fluchtwege innerhalb der Insel zu finden sind - und außerhalb nur eine weiter Distanz schwimmend infrage kommt. All das vermittelt dieser Film sehr eindringlich - insbesondere wenn man sich eine Luftaufnahme der Insel anschaut. Zwar spielt sich die gesamte gezeigte Handlung ungefähr im nordwestlichen Drittel (etwas weniger) ab, der Rest der Insel bietet allerdings noch weniger Schutz, da diese Areale aus neben dem Zeltplatz 4 weiteren Lichtungen besteht (2 davon etwa so groß wie ein halbes Fußballfeld, die beiden anderen kleiner, eine davon aber nahezu ohne Abgrenzung zu einer der großen Lichtungen) sowie einer kleinen Bucht - zudem fällt die Insel dort flach ab, es gibt keine Felsnischen, die Schutz bieten, das Ufer ist gut einsehbar und schnell erreichbar. Einzig das Waldstück südöstlich des Zeltplatzes bietet ein klein wenig mehr Waldfläche, aber auch nicht bedeutend viel mehr - zudem gibt es hier mehr Richtungen, aus denen der Täter kommen kann, da es nur ein kleines Stück Küste gibt und der Rest von Lichtungen und der Bucht umgeben ist. Kurz gesagt: die Insel ist verdammt klein, um sich fast eineinhalb Stunden vor einem bewaffneten Mörder zu verstecken, dessen Ziel es ist, möglichst viele Menschen zu töten.

    Zugegebenermaßen habe wurde ich auf den Film aufmerksam aufgrund seiner Machart - und ja, ich frage mich durchaus, wie das technisch bewerkstelligt wurde, ich glaube kaum, dass das wirklich bloß eine einzige Aufnahme ist (und schnelle Kameraschwenks eignen sicht ja immer für unauffällige Tricksereien), aber ich konnte keinen Konsistenz-Fehler entdecken, bei jedem Schwenk zurück hat sich die Szene so präsentiert wie zuvor. All das sind aber Dinge, die ich erst nach dem ersten Durchgang beachtet habe. Den Film erstmalig zu sehen war durchaus ein Erlebnis, extrem eindrücklich und weit von dem entfernt, was ich einen Horrorfilm nenne - dafür ist er zu nüchtern, indem er eben auf Schnitte oder künstliche Geräusche verzichtet ebenso wie auf musikalische Untermalung (eine Szene, in der leiste gesungen wird, mal ausgenommen).

    Mein Fazit: Der Film erfüllt durchaus einen Zweck: er vermittelt sehr sehr nah, wie die Situation für 500 Menschen auf der Insel für beinahe eineinhalb Stunden war. Angst, Ungewissheit, ruhige Momente, in denen diese Angst in den Gedanken rast, ebenso wie panische Momente, wenn die Gefahr ganz nah ist und die Notwendigkeit zur Flucht genau zu diesem Zweck etwas auslöst: Adrenalin-Ausstoß. All das ist mit etwas Phantasie und Empathie unglaublich deutlich zu spüren. Mir hat der Film damit ungeheuren Schrecken vermittelt, aber nicht den "Geisterbahnschrecken", den Spielfilme sonst auf mich ausüben, sondern einen viel echteren, ursprünglicheren Schrecken. Einen von der Art, bei dem ich glaube, dass ich in einer vergleichbaren Situationvon den Eindrücken etwas weniger überrumpelt werde - und somit ein klein wenig besser die Übersicht behalten kann. Ich will den Film damit nicht zu einem Survivaltraining hochstilisieren, aber ich habe den Eindruck, dass ich nun besser mit den Opfern mitfühlen kann als vorher.
    ToKn
    ToKn

    1.768 Follower 929 Kritiken User folgen

    0,5
    Veröffentlicht am 15. Juni 2020
    Ich gehöre zu denen, die sich die ganze Zeit über fragen, ob wirklich alles auf dieser Welt unbedingt verfilmt werden muss. Abgesehen davon, finde ich den Film auch nicht besonders "gut" gemacht. Schließe mich der Filmstarts-Kritik teilweise an und unterstelle dem Machern, dass es ihnen mehr um das experimentelle Filmhandwerk (eine Kameraeinstellung, Echtzeit, Sound), als um die Aufarbeitung der Katastrophe ging.
    Csöpi
    Csöpi

    12 Follower 48 Kritiken User folgen

    4,0
    Veröffentlicht am 24. März 2019
    Die in der FILMSTARTS-Kritik angesprochenen Kritikpunkte haben m.M.n. durchaus ihre Berechtigung. Darf man ein derartiges Ereignis in einem Film so real wie möglich darstellen und dabei auf „Thriller-Elemente“ zurückgreifen? Ist das Spielen mit echten Emotionen durch „filmische Tricks“ nicht manipulativ und problematisch? Das sind nicht eindeutig beantwortbare oder unumstrittene Fragen, aber in Bezug auf „Utøya, 22. Juli“ muss man ganz klar sagen: Der Film fühlt sich zu keinem Zeitpunkt an wie ein billiger Horror-Thriller und hat mich emotional mitgenommen wie kaum ein zweiter Film. Es gibt die in der FS-Kritik angesprochen Momente, in denen der Film tatsächlich auf der Kippe steht, zu sehr ins Konstruierte abzudriften, aber der „Wahrhaftigkeits“-Anspruch des Films wird dennoch fast durchgehend erfüllt - kaum ein anderer Film fühlt sich so echt an und hinterlässt einen am Ende so gelähmt wie „Utøya“. Denn alle Geschehnisse des Films hätten (und sind) so auch tatsächlich passieren können - durch das Fehlen von Schnitten oder Musik (das wären nämlich die eigentlich manipulativen Mittel gewesen) und das über jeden Zweifel erhabene Schauspiel von Andrea Berntzen erreicht der Film eine emotionale Intensität, die einen schier erschlägt und der Intention des Films (durch das „Miterleben“ des Anschlags die Gefühle der Opfer besser verstehen zu können und hinter den „Zahlen“ Menschen zu sehen) vollends gerecht wird. Das wäre gescheitert, hätte der Film auf konventionelle Mittel zurückgegriffen oder in der Darstellung der Ereignisse übertrieben. Es gibt ein, zwei grenzwertige Momente (zB der Anruf der Mutter einer gerade Verstorbenen), aber auch das hätte so passieren können (ist es vielleicht auch) und übersteigt in seiner Tragik sicher nicht einige während des echten Anschlags geschehene Schicksale.
    Wer diesen Film gesehen hat, versteht das Leid der Opfer besser, als es durch jede Dokumentation möglich wäre und ist sich mehr als zuvor bewusst, dass der Ideologie hinter diesem Verbrechen um jeden Preis Einhalt geboten werden muss. Bei aller Diskussionswürdigkeit: In seiner Konsequenz lässt der Film keinen Zuschauer kalt (und allein das ist, finde ich, schon eine Stärke.

    Fazit: Trotz vereinzelt etwas zu konstruiert wirkenden Momenten wird der Film seiner Thematik zu jedem Zeitpunkt gerecht und ist von derartiger emotionaler Wucht, dass man am Ende fassungslos zurückbleibt - genau wie die Intention des Films es vorsieht. Ist das manipulativ? Darüber lässt sich streiten, aber weil der Film weder künstlich/sentimental Emotionen erzeugt noch verfälscht darstellt, wird er m.M.n der Thematik gerecht, ohne etwa voyeuristische Bedürfnisse zu befriedigen.
    BrodiesFilmkritiken
    BrodiesFilmkritiken

    11.085 Follower 4.944 Kritiken User folgen

    3,0
    Veröffentlicht am 26. Februar 2019
    Hier ist natürlich ganz besondere Vorsicht geboten: ein Ereignis wie den Anschlag auf Utoya in einen Film zu verfrachten beinhaltet sehr viele Risiken. Es darf nicht passieren daß man das ganze als Thriller oder sonstigen Unterhaltungsfilm verfrachtet, ein dokumentarisches Abbilden eines Gemetzels macht ebenso wenig Sinn und Material für denjenigen der Spaß an einem Gemetzel hat sollte man soweit auch nicht liefern. Der Film findet im Ansatz den richtigen Weg, wenngleich ich es diskutabel finde die Thematik überhaupt filmisch zu verarbeiten. Im Film bekommen wir eine junge Frau als Hauptfigur und erleben die Vorfälle aus ihrer Sicht: d.h. man bekommt keinen umfassenden Blick, keine Hintergründe und keine Übersicht, sondern eben ein junges Mädchen daß am Anfang unbedarft mit ihren Freunden zusammen ist und dann geht das Gemetzel los. Allerdings wird es aus der sehr eingeschränkten Sicht der Hauptfigur geschildert: man sieht die Leichen und Opfer die sie sieht, ohne zu wissen wen es dort jeweils erwischt hat; man hört permanent die Schüsse und Schreie ohne zu sehen was dort vorgeht. Die Kamera klebt in langen Einstellungen an der Hauptfigur und wackelt mitunter daß einem schwindelig wird. Aufgrund der flüchtigen und bleichen Darsteller entwickelt man mit keiner Figur eine persönliche Bindung, gewinnt aber dennoch einen wagen Eindruck der aussichtslosen und verzweifelten Lage in die hier die besagten Jugendlichen gerieten (wenngleich ein Film so einen Vorfall natürlich nur wage erfassen kann). Am Ende bleibt ein Zwiespältiger Eindruck. Eigentlich ist das alles solide und ordentlich gefilmt und hält des öfteren auch die nötige Distanz – trotzdem erfüllt es eigentlich keinen Sinn.

    Fazit: Ein furchtbarer Anschlag wie ein Thriller aus den Augen einer Betroffenen inszeniert – läßt nicht kalt, erfüllt aber auch keinen Zweck!
    Cursha
    Cursha

    7.004 Follower 1.053 Kritiken User folgen

    3,0
    Veröffentlicht am 16. Juni 2019
    Ich weiß nicht wie ich diesen Film bewerten soll. Handwerklich ist er nämlich großartig und erzeugt einen Horror der unbeschreiblich ist. Die Idee alles als eine Kamerafahrt zu drehen und den Film genau so lange dauern zu lassen, wie das Massaker gedauert hat ist absolut erschreckend. Man leidet den gesamten Film mit, man ist niedergeschlagen und hat keine Freude an diesem Film. Obwohl der Film handwerklich großartig ist und als Horrorfilm gesehen brillant wäre, wird er eben doch von der Tatsache überschattet, dass es sich dabei um ein echtes Massaker handelt, welches an sich so grausam ist, dass ich hier immer an eine moralische Grenze komme, denn man fragt sich viel zu oft, ob der Film überhaupt so weit gehen darf. Dies liegt eben an der Inszenierung des Filmes. Diese Kombination macht den Film so fragwürdig und streitbar. Den man hat wirklich den Eindruck, dass der Regisseur diese grausame Tat missbraucht hat um daraus einen sehr effektiven Horrorfilm zu schaffen. Das ist das Problem. Als Horrorfilm wäre der Film grandios, wenn man nicht wüsste, dass das ganze eine echte Geschichte ist. Daher kann ich den Film auch selbst nicht einschätzen, da ich selbst den Film, selbst, nachdem der Kinobesuch schon fast ein Jahr zurückliegt immer noch nicht einordnen kann. Hier muss sich jeder selbst ein Bild machen. Ich verstehe aber Menschen, die den Film abbrechen, gleich ganz meiden, oder ihn einfach hassen werden. Was der Film aber trotz seiner Kontroverse doch gut präsentiert, ist das die Realität der größte Horror ist.
    Kino:
    Anonymer User
    4,0
    Veröffentlicht am 30. September 2018
    Als das Massaker 2011 in den Nachrichten aufkam, war es für mich anfangs so unreal und gleichzeitig das absolut grausamste, was man sich vorstellen konnte, was den Jugendlichen auf dieser kleinen Insel nahe Oslo widerfahren musste.

    Dieser Film hält gekonnt die Ereignisse, ohne sie zu verklären und daraus einen geschmacklosen Unterhaltungsfilm zu machen, fest. Die Kamera folgt die meiste Zeit Kaja, der Protagonistin und lässt einen die Angst und Verzweiflung durch sie sehr gut nachempfinden.
    Ich dachte anfangs auch dieser Film sei pietätlos und maßlos daneben, doch umso länger ich im Kino saß, umso mehr begriff ich wie wichtig es ist, einen Eindruck dieses Attentats zu bekommen. Dieser Film bleibt in Erinnerung. Und das sollen die Ereignisse auch. Es ist ein Film für die Opfer.

    Bis zum Ende herrscht eine fast unerträgliche Anspannung, doch niemals wird es brutal und gewalttätig. Das Gewalttätige und Grausame ist die Schüsse zu hören und zu wissen was passiert. Dabei sieht man nie den Schützen. Der Attentäter wird nie wirklich gezeigt. Man hört immer nur die Schüsse. Sieht fliehende Jugendliche, die sich verstecken, zusammen kauern, frieren oder verwundet sind und bereits den Verletzungen erlegen sind. Der blanke Horror, den man 72 Minuten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlen, miterleben muss.

    Ein eindringlicher, sachlich nüchterner Film, der unter die Haut geht und den man nicht so schnell vergessen wird!
    Kino:
    Anonymer User
    0,5
    Veröffentlicht am 22. September 2018
    Der Film ist eine Schande für Cinema. Der ist extrem schlecht, extrem nervig! Ich habe nie so einen schlechten Film in Yorck Kino gesehen.
    Kinobengel
    Kinobengel

    463 Follower 550 Kritiken User folgen

    4,0
    Veröffentlicht am 16. September 2018
    Erik Poppe hat auf Basis der im Jahr 2011 in Norwegen geschehenen Attentate einen Film mit fiktiver Handlung geschaffen. Das Internationale Fünf Seen Filmfestival hat „Utøya 22. Juli“ als Preview gezeigt.

    Kaja (Andrea Berntzen) ist eine selbstbewusste junge Frau. Sie befindet sich mit ihrer jüngeren Schwester Emilie (Elli Rhiannon Müller Osbourne) in einem Sommercamp der Jugendorganisation der norwegischen sozialdemokratischen Arbeiterpartei auf Utøya, eine nur 10,6 ha große Insel nahe Oslo. Plötzlich fallen Schüsse, Panik bricht aus. Kaja und Emilie werden getrennt.

    Erik Poppe lässt für seinen Film Täter und Politik weitestgehend beiseite. Das ist sicherlich ungelenk, denn die Besucher eines solchen Camps, überwiegend Teenager, dürfen für politisch aktiv gehalten werden, in unterschiedlicher Ausprägung. Der Täter ist politisch motiviert gewesen. Zudem liegen die Ereignisse nicht allzu lang in der Vergangenheit. Dass der norwegische Regisseur damit anecken musste, war ihm sicherlich klar. Pietätlosigkeit wird ihm vorgeworfen. Doch bei vielen ähnlich bewegenden, unheilvollen Ereignissen vergeht weniger Zeit, bis ein Filmproduzent aktiv wird und einen Thriller haben will; „Boston“ von Peter Berg z.B. ist reißerisch und wird keinem höheren Begehren gerecht.

    Die Schüsse peitschen, Menschen laufen, sie verstecken sich, manche allein, manche in Gruppen. Niemand weiß sich oder den anderen wirklich zu helfen. Die Insel kommt den Gehetzten kleiner vor denn je.

    Erik Poppe hält sich von jeglicher Effekthascherei fern. Es geht ihm um nichts weiter als die Darstellung nackter Angst. Wer soll jetzt an Politik denken?! Eine übergeordnete Ebene einzubauen, wäre fehl am Platze. Die gezeigten Jugendlichen diskutieren in Verzweiflung nur für ihr Überleben. Mit der überragenden Leistung der vielen Schauspieler erreicht „Utøya 22. Juli“ seine reale Wirkung. Das spricht für die gute Anleitung durch Poppe. Mit der Kamera bleibt er fast ausschließlich bei Kaja, und zwar für die tatsächliche Dauer des Attentats von ca. 72 Minuten in einer einzigen Einstellung. Die Inszenierungsmethode erzeugt eine intensive Nähe zur Hauptfigur und lässt ihre Beklemmung und Isolierung erfühlen. Kaja sondert sich - ihrem Charakter entsprechend - von ihrer Gruppe ab und geht ein hohes Risiko ein, um ihre Schwester zu finden.
    Der Täter ist manchmal in der Ferne als unscharfe Silhouette zu sehen. Immer wieder Schüsse, Schreie. Überwiegend blutfrei darf der Zuschauer die Ereignisse um Kaja miterleben. Das ist anstrengend genug. Die wahren Begebenheiten werden nie für einen schnöden Unterhaltungswert mit billiger Spannungsmache instrumentalisiert.

    Gegen Ende der Vorführung herrscht Stille im Kinosaal. Die eingeblendeten Oneliner zum Rechtsradikalismus erscheinen deplatziert. Niemand geht vor Ende des Abspanns.
    Poppe hat sich als Thema jene Angst gegriffen, die durch die Attentate in Oslo und auf der Insel Utøya ausgelöst wurde. Diese zu visualisieren und dem Publikum begreiflich zu machen, ist ihm mehr als gelungen. „Utøya 22. Juli“ erfüllt damit einen hohen Anspruch und ist zugleich ein sehr sehenswerter Film.
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