Eiskalt wirkt die Welt in der der Film ''Memento'' spielt. Dunkel, blau und dominierend gedeckte matte Farben spiegeln die psychische sowie physische Situation des Protagonisten Leonard wider. Er hat sein Kurzzeitgedächtnis verloren, als er versuchte seine Frau bei einem Übergriff zu retten. In dem Wissen, dass er erlebtes wieder vergisst, versucht er den Mörder seiner Frau zu finden und umzubringen. Mit einem geschickten organisierten Tattoo und PolaroidBildsystem glaubt Lenni bei seiner Suche auf die richtige Fährte zu kommen.
Christopher Nolan thematisiert in seinem Film das Erinnerungsvermögen in Bezug auf die Wahrnehmung der Menschen und verdeutlicht was falsch eingeprägte Sachen für fatale folgen haben können. Er lässt den Zuschauer zum einen gekonnt durch den Protagonisten spüren wie wertvoll Erinnerungen sind. Zum anderen verdeutlicht Nolan einen wie vielschichtig Erinnerungen sein können. Was bedeuten schon Erinnerungen, wenn die Wahrnehmung und die Interpretation durch unbestimmte Einflüsse gestört sind. Können Erinnerungen auch Trugbilder sind, die wir zu unserem Wohl zu recht formen? Machen wir zum Beispiel aus einem Apfel ein Haus, aus einer Maus einen Elefanten oder aus einem einfachen Mobiltelefon ein McBook Air? Wie nehmen wir unsere Umgebung wahr und was davon hält unser Gehirn als wichtig genug, um das zu speichern? Zwischen all den Fragen, die der Film beim Zuschauer hinterlässt, bleibt zweifelsohne ein Faktum: Wie bei einer kleinen Fehlfunktion einer menschlichen Zelle, kann eine falsche Erinnerung, nicht nur bezogen auf eine abgespeicherten Datei im Gehirn, eine umstrittene Folge auf die Umwelt haben. Diese erschreckende Erkenntnis, dass Erinnerungen teils unzuverlässig sind, lässt einen doch Fragen was schon wahr und falsch ist. Was oben und unten, links und rechts ist? Was sind wir und unsere Entscheidungen schon?
Deshalb also ,,dunkel'', ,,blau'' und ,,dominierend gedeckte matte Farben''. Lennard hat sein Kurzzeitgedächtnis verloren und kann sich nur noch an seine Faktenflut bestehend aus Fotos und Tattoos verlassen. Was bleibt noch von ihm selbst, wenn er kaum noch Möglichkeiten hat, um sein seelisches Individuum weiterzuentwickeln und geistlich auf nur einem Stadion bleibt? Seine Figur kann man also als kalt und verblassend sehen, die sich von Zeit zu Zeit immer weiter eingräbt und wie eine stehengebliebene Kassette verbleibt. So geht es in ''Memento'' im Vordergrund kaum um die Vergeltung eines Frauenmörders, sondern um die Person selber und die Verantwortung die man für seine Taten hat.
Diese Gefühlslage, die im Film zunehmen unmerklich aufkommt, fädelt der Regisseur künstlerisch in den Film parallel zur Handlung ein. Durch die rück-und vorwärts Erzählweise schafft Nolan es, dass man sich direkt in der Situation des Protagonisten Lennard reindecken kann. So ist man genauso nicht wissend und geradezu erinnerungsarm und verwirrt wie er. Diese komplexe Erzählstruktur ist vergleichbar mit einer Zwiebel (:D). Von außen scheint alles glatt und trivial, doch mit jeder entnommenen Schale gelangt man immer weiter in die Materie. Schlussendlich, in dem Kern des Ganzen, ergibt alles einen Sinn. Mit diesem Stil wird das unmögliche für die jetzige Zeit geradezu möglich, denn damit wird man nicht nur zum Nachdenken während des Filmes angeregt, sondern somit bleibt im Film stetig der Überraschungsmoment. Mit diesem großen Vorteil wird die Aufmerksamkeit des Zuschauers aufrechterhalten und bewirkt ein spannendes, nahezu betäubendes faszinierendes Filmerlebnis, das indes durch eine wundervolle Kamerführung, sauberen und zum Teil kreativen Schnitten und einer klangerfüllenden intensiven und passenden Filmmusik bestärkt wird.
Was Christopher Nolan hier leistet ist nicht nur komplex auf einer professionellen und tiefgründigen Ebene, sondern einfach bombastisch.