Tarkowsky benutzt Nostalghia, entgegen der gemeinhin negativen, da zugleich wenig progressiven Konnotation des Worts, hier als Synonym für Desillusionierung, Enttäuschung. Ebenso die Wertung des Wortes ändernd ist die Tatsache, dass der Film in seiner Nostalgie auf eine ungemein ästhetische Weise Architektur, Landschaften und Menschen in den Fokus nimmt. Die Nostalgie des Titels kann somit in zwei Richtungen angewandt werden. So ist es nicht nur die Erinnerung an die Heimat, die Andrej Gorchakov in die Nostalgie, die Sentimentalität treibt, auch seine Reise nach Italien ist seinen Vorbildern geschuldet; ebenso ein Akt der Besinnung auf vergangenes Schaffen eines anderen. Somit scheint der Protagonist in all seinem Handeln der Gegenwart und zugleich allen Menschen entrückt. So wie in italienischen Film ''Die große Schönheit'', in dem sich ein Schriftsteller bei einem Vortrag die Nostalgie als einzigen Zeitvertreib ausweist, den der von der Gegenwart Enttäuschte hat, so ist auch Gorchakovs Nostalgie ein solcher Akt. Nur dass sein ''Zeitvertreib'' (im Gegensatz zu der gemein mit Nostalgie assoziierten Tatenlosigkeit) hier in dem Aufzeichnen des Lebens eines Komponisten besteht. Gorchakovs Empfinden der Ohnmacht gegenüber der Gegenwart entspringt also vermutlich weniger einzelnen Fehlern seiner Handlungen, einem fehlgeleiteten, vergeudeten Leben, wie man bei all der Vergangenheitssehnsucht vermuten könnte. Eher als ein bloßer psychischer Reflex ist die Rückbesinnung unseres Protagonisten einer tiefsitzenden Machtlosigkeit gegenüber dem Treiben der Welt geschuldet. Nur in bereits Geschehenem, in Erinnerungen, in manifest gewordener Kunst, in Architektur, in Landschaften kann er den Halt finden, den er - wenngleich seine mitgereiste Übersetzerin ihm Avancen macht - in Menschen nicht ausreichend zu finden vermag. Auch in dem Verrückten Domenico findet er nur Enttäuschung. ... Nostalgia erzählt seine Handlung dabei nicht als bloß als philosophische Auseinandersetzung, im Gegenteil: es geht um das Zurechtfinden eines ganz konkreten, in der Übermacht der Welt sich klein fühlenden Menschens und um seine zum Scheitern verurteilte Sehnsucht nach Sinn. Tarkowsky erzählt seine an sich sehr symbolische, wenn man so will auch allegorisch interpretierbare Geschichte mit einer Sinnlichkeit, einem Gefühl für Zeit, Raum, Farben, Charaktere, Stimmungen, führt die Kamera mit größtem Gefühl, inszeniert Sequenzen mit grandiosen Einfällen. Von Tarkowskis Filmbegriff als etwas Religiösem, der Wissenschaft Unzugänglichem muss man nicht viel halten, um diesen Film gut zu finden.