Ich bin ein riesiger Fan vom Regisseur (!) Ridley Scott (menschlich ist der durchaus arrogante und überhebliche Brite vielleicht nicht der angenehmste Zeitgenosse, aber über einen Kubrick konnte oder einen Herzog kann man das sicherlich auch nicht sagen,), was insbesondere einen Grund hat: Egal wie mittelprächtig das Drehbuch oder sein teils stiefmütterlicher Fokus auf die Charaktere sein mag, die Inszenierung seiner Filme ist verlässlich kolossal. In Sachen Schauwerte bin ich daher jedes Mal besonders gespannt auf Scotts Sci-Fi-Filme und seine Historienschinken, die neben besagten Schauwerten hie und da auch mal solide Charakterstudien (s. Gladiator, Kingdom of Heaven, The Martian oder natürlich Alien) in petto haben.
Natürlich gibt es auch kleine, aber feine Ausnahmen wie Thelma & Louise oder Body of Lies. Hier stimmen Drehbuch, Performances und Scott nimmt seine Protagonisten ernst und leuchtet sie auf interessante Weise aus. Sein neuester Film All the Money in the World gehört nun leider nicht dazu. Das macht seinen als Oscar-Contender nicht ernstzunehmenden (dann doch eher vor ein paar Jahren The Martian) Durchschnitts-Thriller jetzt auch nicht zu einem schlechten Beitrag in seiner Filmographie, denn (klar) er ist erneut phänomenal gefilmt, hat einen tollen Score von Daniel Pemberton (großartiger Mann!) und bietet gute Performances von Michelle Williams und Christopher Plummer.
Das war's dann aber auch. Als dramatischer und fesselnder Entführungs-Thriller (denn das will er in Scotts Augen sicherlich sein) ist All the Money eher schwach, da die Drehungen und Wendungen der Handlung arg vorhersehbar und - und das ist der größte Schwachpunkt des Films - die Protagonisten allesamt eher oberflächlich und in ihren Bestimmungen eindimensional bleiben. Spätestens nach der Hälfte des mit über 2 Stunden Laufzeit auch zu sehr in die Länge gezogenen Films verlor ich doch das Interesse an der Befreiung vom Getty-Enkel, dessen einzig interessanter Bezugspunkt seine spezielle Beziehung zum Großvater ist. Letzterer wird von Plummer zwar gekonnt kaltherzig und berechnend gespielt, aber als ernstzunehmende Figur funktioniert sein Dagobert-Duck-Verschnitt nicht. Und auch die verlässlich wunderbare Williams bekommt abgesehen von ihrer Sorge um ihren Sohn und ihrem Verhandlungsgeschick keine wirklich spannende Ebene verliehen, was irgendwo schade um ihre insgesamt starke Darbietung ist.
Mehr über den alles in allem noch passablen All the Money in the World (der für mich zum schwächeren Drittel in Scotts Filmographie gehört) sowie Guillermo del Toros The Shape of Water, P.T. Andersons Der seidene Faden und Takashi Miikes 100. Streifen Blade of the Immortal in der nächsten Folge meines Film-Podcasts Kinokost. Hört gerne mal rein. (zu finden bei Soundcloud und iTunes:-)