Wie groß diese Geschichte sein will zeigt schon die erste Einstellung des Films: Ein großformatiges Bergpanorama füllt die Leinwand aus, das auf den emotionalen Höhepunkt des Films hindeutet. Gleich danach, der Schnitt in den Großstadtdschungel Berlin. Schon hier macht "Amelie rennt" ein bisschen zu auffällig auf Feelgood-Movie, was anhand der potentiell tödlichen Krankheit nicht immer angebracht ist. Aber es soll ja ein Kinderfilm sein, also hält man sich mit den bedrohlichen Dingen meist zurück.
Am Ende behält man vor allem die beiden hervorragend aufspielenden Hauptdarsteller in Erinnerung. Mia Kasalo und Samuel Girardi harmonieren trotz aller augenscheinlichen Unterschiede so ungezwungen harmonisch, dass sich mancher Erwachsene davon eine Scheibe abschneiden könnte. Alle anderen Figuren sind ohnehin eher stereotype Gestalten, die symbolisch für das stehen, was Amelie am Rest der Welt so auf den Geist geht. Noch dazu gönnt Drehbuchautorin Natja Brunckhorst den beiden Kindern eine unaufgeregte platonische Freundschaft, die weitgehend frei von den Frühpubertierenden sonst oftmals angedichteten Liebesdramen ist.
Für einen Familien- oder Kinderfilm sind so manche Traumsequenzen allerdings erschreckend heftig. Noch dazu gehen Amelie und Freundinnen gleich am Anfang recht offenherzig mit dem Thema Okkultismus um, bei dem jeder, der sich davor fürchtet als feiger Angsthase gilt. Sonst ist die Aufbereitung der Krankheitsthematik recht gut gelungen. Die eindringlichen Anfall-Szenen bilden einen guten Kontrast zur Bergwanderung mit Indiefolk-Untermalung, was man so oder so ähnlich bestimmt schonmal gesehen hat.
Es dürfte kein Spoiler sein wenn man verrät, dass am Ende trotz vieler gefährlicher Situationen alles gut wird. Freundschaften entstehen, Eltern vertragen sich, Berge werden bezwungen und sogar nervige Figuren sind plötzlich ein harmonischer Teil von allem. Überraschungen hagelt es also nicht gerade, für Freunde des zielsicheren Wohlfühlfilms wird aber allerhand geboten.