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    Unheimlich Perfekte Freunde
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Unheimlich Perfekte Freunde

    Nur Einsen sind vielleicht doch nicht so toll!

    Von Antje Wessels

    Seit es die Institution der öffentlichen Schule gibt, wird darüber diskutiert, ob die Art und Weise, wie Kinder und Jugendliche hier ihr Wissen vermittelt bekommen, in dieser Form überhaupt sinnvoll ist. In aktuellen Debatten wird etwa über den zu frühen Schulbeginn am Morgen oder die Sinnhaftigkeit von Benotungssystemen diskutiert. Schließlich geht es gerade in Kreativfächern doch vor allem danach, wie viel Talent ein Schüler besitzt, weshalb sich eine faire Bewertung anhand einer am Ende alleinstehenden Zahl nur schwer abgeben lässt. Trotzdem dominiert im staatlichen System eben doch noch genau diese eine Note – und eine möglichst gute ist für die Zukunftsaussichten der Kinder elementar, weshalb da in vielen Familien auch schon mal ordentlich Druck gemacht wird.

    Das ist bei dem jungen Helden aus Marcus H. Rosenmüllers Familienkomödie „Unheimlich perfekte Freunde“ nicht anders. In Anbetracht eines bevorstehenden Schulwechsels zweifelt der aufgeweckte Grundschüler nämlich ganz gewaltig an sich und seinem Wissen. Erfolglos versucht er alles, um seine schlechten Noten noch rechtzeitig aufzupäppeln. Das macht es dem jungen Zielpublikum kinderleicht, mit ihm und seinen Ängsten zu sympathisieren. Und auch wenn sich die Prämisse des Films entgegen des zunächst so alltäglich anmutenden Settings schnell als fantastisch entpuppt, bleibt „Unheimlich perfekte Freunde“ trotz einiger unnötiger Zugeständnisse an das Familienfilmgenre ein unheimlich sympathisches Märchen.

    Frido (Luis Vorbach) hat schlechte Noten und selbst der Nachhilfeunterricht trägt bei ihm keine Früchte, weshalb der Sprung aufs Gymnasium auf der Kippe steht. Doch Emil möchte nicht nur seine Mutter Gesa (Marie Leuenberger) stolz machen, sondern unbedingt auch seinen besten Freund auf die weiterführende Schule begleiten, eine Trennung von seinem Kumpel Emil (Jona Gaensslen) kommt für ihn nämlich auf keinen Fall in Frage. Nachdem er sich wieder einmal mit seinen Eltern gestritten hat, läuft Frido davon und landet schließlich im Spiegelkabinett eines Jahrmarktes. In einer hinteren Ecke entdeckt er einen geheimnisvollen Spiegel, der in der Lage ist, ein perfektes Ebenbild von ihm zu kreieren, das alles kann, was Frido nicht kann. Von nun an schickt der Grundschüler also einfach seinen Klon in den Unterricht, damit dieser noch vor der Versetzung möglichst viele gute Noten für ihn absahnt. Doch auf einmal beginnt der Doppelgänger, seine ganz eigenen Ziele zu verfolgen und Frido aus seiner eigenen Familie zu drängen…

    Wenn gleich in der ersten Szene von „Unheimlich perfekte Freunde“ ein Spiegel durch die Luft fliegt und vor den Füßen eines Bauchredners und seiner Puppe landet, macht Marcus H. Rosenmüller durch den verspielten Score und die genremäßigen Akustikeffekte klar, dass sein Film in einer Fantasiewelt spielt. So kreiert der „Wer früher stirbt ist länger tot“-Regisseur von Anfang an eine entrückte Stimmung, noch lange bevor hier nach Perfektion strebende Schülerklone durch die Gegend laufen und die „Originale“ aus ihrem Leben zu drängen versuchen. Trotz der magischen Prämisse bleiben die hier verhandelten Probleme aber lange Zeit angenehm bodenständig: Fridos Eltern sind geschieden, ständig gibt es Streit aufgrund der schulischen Leistungen des versetzungsgefährdeten Sohnes und in der Schule herrscht zwischen den Schülern ein nicht zu unterschätzender Konkurrenzkampf.

    Inszenatorisch sticht „Unheimlich perfekte Freunde“ dabei aus der Masse an deutschen Kinderproduktionen heraus. Nicht nur die Bilder von Kameramann Stefan Biebl („Rico, Oskar und das Herzgebreche“) mit ihrer braun-herbstlichen Färbung und dem stimmungsvollen Einsatz von Sonnenlicht führen den Zuschauer in eine ganz eigene Welt. Auch die Kulissen lassen eine Atmosphäre entstehen, die an die verträumten Filme eines Michel Gondry („Vergiss mein nicht“, „Der Schaum der Tage“) erinnert: Ein leerstehendes Schwimmbad, dessen Wasserrutsche Frido und seine Freunde zu einer Rodelbahn umgewandelt haben und wo sie in ihrer Freizeit skurrile (Zombie-)Filme drehen, ist nur eines von vielen kreativen Motiven, das zu schön ist, um wahr zu sein.

    Trotz solcher hohen Ambitionen finden sich im Drehbuch von Simone Höft und Nora Lämmermann („Agnes“) aber auch immer wieder Szenen, die stimmungsmäßig und rhythmisch nicht wirklich passen, sondern eher wie Zugeständnisse an die Konventionen des Familienkinos anmuten, die „Unheimlich perfekte Freunde“ aber eigentlich gar nicht nötig gehabt hätte: So wirkt etwa eine betont überdreht-albern inszenierte Essensschlacht wie aus einem anderen, weniger aus dem Rahmen fallenden Film. Da hätte man ruhig noch konsequenter zu seiner Andersartigkeit stehen dürfen.

    Durchweg überzeugend sind dagegen die erstklassigen Darsteller. Nachdem Marie Leuenberger in Filmen wie „Die göttliche Ordnung“ oder „Schubert in Love“ zuletzt schmerzhaft verschenkt wurde, punktet sie hier als Mutter, die ihren Sohn über alles liebt und gerade deswegen um seine Zukunft besorgt ist. Sie profitiert dabei auch davon, dass ihre Rolle nicht als aufdringliches Helikoptermutter-Klischee angelegt ist, sondern als ganz normale Frau mit Sorgen, Ängsten und Hoffnungen. Luis Vorbach hat dabei die schwierige Aufgabe einer Doppelrolle und meistert diese direkt mit Bravour. Er mimt nicht nur Frido gleichermaßen überzeugend als draufgängerischen Abenteurer und Filmfan sowie als sich um seine Zukunft sorgenden Schüler, auch seine Darstellung des sukzessive immer roboterhafteren Streberklons ist gerade wegen seines in diesen Szenen betont mechanischen Spiels genau auf den Punkt.

    Fazit: „Unheimlich perfekte Freunde“ ist eine wunderbar lustige und zugleich angenehm ambitionierte Familienkomödie darüber, dass man nicht perfekt sein muss, um ein glückliches Leben zu führen.

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