Auf der Schattenseite in Florida.
Klein-Moonee wohnt mit ihrer Mutter gerade im 'Magic Castle', einem ehemaligen Touristenmotel nahe dem Disney-Freizeitpark in Orlando. Rosa ist der Anstrich der Bleibe, doch das Leben hier eher ein Dasein und die Aussicht trist, genauso wie für die Nachbarn im blauen 'Futureland'. Für eine Grundsicherung+X ist hier ein Arbeitsplatz notwendig, und für Alt und Jung können so Freundschaften leicht Geld wert sein. Zusammen mit ihren Spielkammeraden streift Moonee in der Gegend rum, länger als sonst, weil Schulferien sind, und das Lebensumfeld hat bereits im Grundschulalter nicht nur bei ihr übel auf Sprache und Benehmen abgefärbt. Disney's Welt ist jedenfalls eine ganz andere - mit der Ausnahme Lilo & Stitch.
"The Florida Project" taugt als Mutter-Tochter-Portrait und Milieuschau, weitgehend aus Kinderperspektive, bei dem -trotz gegenseitiger Liebe- die andere Seite jeweils wie ein Klotz am eigenen Bein wirkt. Teenager sollten nirgendwo Kinder bekommen, und ob die junge Mutter hier eine positive Wendung für sie zusammen herbeiführen kann - und falls ja wie, ist dann die Frage.
Der Ausschnitt Leben läuft im Film jedenfalls auf einen einschneidenden Moment hinaus. Und ein offenes Ende sieht damit nur, wer nicht zwei und zwei selbst zusammenzählen kann oder möchte, mit den gelieferten Infos gibt es nicht mal Variable zu berücksichtigen.
Personen und Szenerie sind wie aus dem Leben gegriffen, die Machart ohne Schnickschnack beinah Live-Doku-haft, und dieser reizvolle Aspekt wird nur mit Willem-Dafoe, allein durch sein Hollywood-Dabeisein, stellenweise leicht untergraben. Trotzdem ist er in seiner Rolle als Schlossherr und Hausmeister mit Sozialarbeiterzugabe sicher kein Minus und gern gesehen, sogar oscar-nominiert dafür. Brooklynn Prince als Klein-Moonee fällt auch mit deutscher Synchro noch positiv auf. Das größte Plus sah ich eindeutig mit Bria Vinaite in der Rolle der Mutter, die sich von mir aus allein damit jetzt als Filmstar sehen kann.
Aus dem regulären Programm eines Kinojahres in Deutschland ragt "The Florida Project" schon ungesehen hervor.
Sofern man mit der Dosis Realität und dem Grad Low-Life in einem Filmprogramm auf Kinolevel gut leben kann, lässt sich mit dem Gebotenen zumindest beim ersten/einmaligen Ansehen eine längere Sternenreihe sehen.
Eine Sternstunde der denkwürdigen und eigeneren Art ist der Film für alle Zeiten.
Heimkinoglotzer nutzen den Vorteil der originalen Sprachfassung, die dank den Typen und dem Gerede ohne Frage die beste Wahl ist.