Oh nein, eine Komödie, über einen linken Intellektuellen! Da wird die eine Hälfte des Publikums schon bei der Synopsis wutentbrannt aufschreien, während die andere sich in ihren Vorurteilen bestätigt sieht. Und dann werden im Verlauf der Handlung alle Rechthaber ordentlich vorgeführt. Wer soll sowas dann noch angucken? Vielleicht alle, die schon immer wussten, dass die Heilsversprechen jeglicher politischer Ideologien irgendwann versagen werden. Und alle anderen eigentlich auch.
Vorab: Die Presse mochte den Film nicht. Zuviele Stereotypen, Bestätigung rechter Vorurteile, sogar Rassismus wurde dem Drehbuch nachgesagt. Was unter den Tisch fällt: Hier wird jeder relativ gleichberechtigt durch den Kakao gezogen. Seien es die vermeintlich hochnäsigen Intellektuellen, intolerante Populisten und ja, auch die Roma-Familie. Vielleicht ist das in einer dezent satirischen Komödie gar nicht so fehl am Platz, da man sich so von dem Film auch unterhalten lassen kann, ohne sich durch ein idealistisch porträtiertes Gegenüber hauptsächlich belehrt zu fühlen.
Meist überwiegt ohnehin die Blödelei. Slapstick, Sprüche und Culture Clash - das alles kennt man irgendwie schon. Besonders der steife Westeuropäer, der sich mit der andersartigen Lebensweise anderer Mitbürger auseinandersetzen muss und davon lernen darf, ist immer wieder einen Lacher wert. Dekonstruktion dominanter Kulturen und so - weißte Bescheid. Der zugegeben sehr stereotypen Zeichnung der Roma-Familie stellt Regisseur Philippe de Chauveron eine ebenso lustvoll überzeichnete Ex-Revoluzzer-Familie gegenüber, die es so natürlich nicht geben kann. Er: Starautor, sie: Erbin eines Produzenten von Dosenerbsen.
Linke Ticks wie die Verehrung abstrakter Kunst (Stichwort: Koffer-Tryptichon), der nach außen getragene Einsatz für das Gemeinwohl, was netterweise auch die Verkaufszahlen ankurbelt, und das Profitieren von der politisch recht einhelligen Meinung an Universitäten, wo ganze Hörsäle voller Studenten in wilden Jubel ausbrechen wenn der hilfsbereite Professor den Raum betritt, bilden das Gegengewicht. Entweder Menschlichkeit oder "Nazischeiße", etwas anderes gibt es nicht. Immerhin führt Fougeroles Sohn Lionel (Oscar Berthe) seinen Eltern ihre inhaltlosen Sprüche und Ideale vor Augen und zeigt als einziger wirklich den Willen, sich mit den Roma zu beschäftigen. Was natürlich auch an Babiks hübscher Tochter liegt ...
Zwischen den Zeilen lauert noch mehr: Als Babik und Familie schließlich Arbeit gefunden haben und Geld verdienen, nehmen sie fast augenblicklich die schlechten Gewohnheiten ihrer Gastgeber an. Türen bleiben verschlossen, Hilfsbereitschaft war einmal und auf die Mauerkrone werden Glasscherben geklebt, um den eigenen Besitz zu schützen. Damit gibt es quasi noch einen Kommentar zur Einmauerungspolitik der EU, die recht schnell abfärben kann. Noch dazu hält es ein Fernsehteam für unpassend, den indischen Diener der Familie zu filmen, denn das würde ja zu sehr nach Kolonialismus aussehen. Aber die Roma mit ihren ganz eigenen Sitten nimmt man gerne.
Damit entsteht das Bild eines Films, der sich eigentlich viel mehr über eine wohlstandsgesättigte Oberschicht lustig macht, für die Hilfsbereitschaft nur ein weiteres Luxusgut ist, mit dem man gut vor den Nachbarn angeben kann. Vielleicht hat genau das einigen Kollegen nicht gefallen? Wer weiß. Wem diese Gedankengänge zu kompliziert sind und wer vor beidseitigen Parodien nicht zurückschreckt, der kann sich von "Hereinspaziert!" auch einfach nur gut unterhalten lassen. Die französische Komödie wird hier zwar nicht neu erfunden, einige köstliche Situationen und Sprüche sind jedoch garantiert.