Jeden Tag jubeln in fast allen Ecken der Welt Menschen ihren Sporthelden zu, ob im Stadion oder vor dem TV-Gerät. Sport ist rund um den Globus erfolgreich. Doch gleichzeitig steht es um ihn so schlecht wie noch nie. Sportverbände werden von Skandalen erschüttert und bessern sich trotzdem nicht, wie der Weltfußballverband FIFA gerade erst wieder eindrucksvoll auf seinem Kongress in Mexiko unter Beweis stellte. Mit seiner Doku-Anklage „Dirty Games“ holt Benjamin Best nun zum Rundumschlag aus und belässt es dabei nicht bei einem Thema: Ausbeutung von Arbeitern im Vorfeld der Sportturniere in Katar, Korruption bei der Vergabe der Fußball-WM, verschobene Boxkämpfe, wettende und von den Liga-Chefs zugunsten der Top-Clubs und -Spieler beeinflusste Schiedsrichter in der NBA, der besten Basketballliga der Welt, oder Manipulationen im türkischen Fußball werden in 93 Minuten behandelt – unter anderem. Durch diese Themenfülle ist Bests Film letztlich zu episodenhaft und die Darstellung bleibt meist bei weithin bekannten Fakten stecken, zugleich ist „Dirty Games“ aber dennoch ein energisch-eindrucksvolles Dokument dessen, was schiefläuft ...
Ob in Büchern („Der gekaufte Fußball – Manipulierte Spiele und betrogene Fans“), im Radio („TOR, SIEG, BETRUG – Wettmanipulation im Sport“) oder mit zahlreichen TV-Beiträgen in den Sportsendungen der ARD: Benjamin Best hat sich in den vergangenen Jahren einen Ruf als einer der hartnäckigsten deutschen Berichterstatter über die dunklen Seiten des Sports erworben. Dass er auch mit dem Kinoformat umzugehen versteht, macht der Anfang von „Dirty Games“ deutlich: Ein Sarg wird an einem Flughafen ausgeladen, dass dabei eine Maschine von Qatar Airways durchs Bild rollt, ist kein Zufall. Bevor nur ein Wort gesagt wurde, hat jeder halbwegs informierte Zuschauer im Kopf die richtige Verbindung hergestellt - mit dem erschütternden Auftakt ist man mitten im stärksten Segment der Doku. Wenn auf den Baustellen für die Fußball-WM in Katar eingesetzte Arbeiter von zwei bis drei Toten pro Tag berichten und von den Krankenwagen, die ohne Sirenen kommen, muss man unweigerlich schlucken. Und wenn die Familie eines ums Leben gekommenen jungen Mannes gemeinsam mit dem Regisseur den Arbeitsvertrag durchgeht, den der Verstorbene mit einer deutschen Baufirma abgeschlossen hatte (Monatslohn: 230 Euro) und dabei im Hintergrund der Mini-Wohnung das Bild von Idol Cristiano Ronaldo an der Wand zu sehen ist, dann ist das bedrückend und weckt zugleich Empörung.
Die Wucht dieser Auftaktepisode bleibt im weiteren Verlauf des Films unerreicht. Doch auch wenn es in der Folge nicht mehr um Leben und Tod geht und Best vieles von dem recycelt, was an der Materie interessierte Zuschauer schon anderswo gesehen haben, ist der Film stets informativ, was auch an den geschickt ausgewählten Gesprächspartnern liegt: Ein ehemaliger Box-Manager plaudert aus dem Nähkästchen über die Codes, mit denen Kampfabsprachen vereinbart werden, ohne dass irgendjemand irgendetwas Strafbares sagen würde; ein Ex-NBA-Schiedsrichter erzählt prägnante Anekdoten etwa über eine Spielbeeinflussung wegen einer lächerlichen 20-Dollar-Wette. Und dass der Regisseur zur Veranschaulichung auf berühmte Namen setzt und beispielsweise einen Kampf von Mike Tyson oder den von dem NBA-Oberen gewünschten Umgang der Referees mit Fouls gegen Kobe Bryant heranzieht, erleichtert zudem den Zuschauern den Zugang, die mit der jeweiligen Sportart nicht besonders vertraut sind. Der Ton des Films ist anklagend, aber nicht durchweg pessimistisch: Als man angesichts der vielen Missstände schon fast gar nicht mehr an gute Seiten im Sport glauben mag, erzählt uns Best zum Abschluss noch die Geschichte des ausschließlich von Fans kontrollierten Fußballclubs FC United Of Manchester – ein Beispiel dafür, dass gelebte Demokratie, Fairness und Idealismus auch im Profisport noch eine Chance haben und zugleich so etwas wie ein Plädoyer: Nur die Fans können etwas ändern!
Fazit: Engagierte und informative Dokumentation über die Schattenseiten des Milliardengeschäfts „Sport“.