Michael Haneke ist wieder im Kino. „Happy End“ heißt sein aktueller Film. Erzählt wird die Geschichte der gut situierten Familie Laurent.
Üppig gefüllt ist der Plot des 108 Minuten dauernden Werks. Mehrere, kurze Erzählstränge mit vielen Figuren der Familie Laurent werden geboten. Somit eine Charaktervorstellung, Beobachtungskino, vergleichbar mit „Manchester by the Sea“ von Kenneth Lonergan, doch mit erheblich geringerer Intensität in der Darstellung von Emotionalität. Haneke bleibt einfach sachlicher. Das Geniale an dieser Arbeitsweise ist, dass die doch erheblichen Familienprobleme und die daraus resultierenden Geschehnisse wie in den Alltag eingebuttert wirken. Das sorgt nicht für sensationelle Kinounterhaltung und ist nicht so sehr spannend, dennoch oder gerade wegen der Objektivität ist es äußerst interessant, dieser Familie zuzuschauen. Als funktionierendes Familienoberhaupt muss Anne (Isabelle Huppert) in Calais alles managen, denn ihr suizidgefährdeter, geistig oft abwesender 85-jähriger Vater Georges (Jean-Louis Trintignant) kann das nicht mehr. Sohn Pierre (Franz Rogowski) rennt vor seinem Leben weg und Bruder Thomas (Mathieu Kassovitz) leistet sich als Mediziner eine Ex-Frau, eine Ehefrau (Laura Verlinden) mit Säugling und eine musikalische Geliebte (Loubna Abidar), inklusive psychischer Beschädigung der 13-jährigen Tochter (hervorragend: Fanitine Harduin).
Haneke kommt - wie so oft - ohne musikalische Untermalung aus. Die Kamera bleibt überwiegend entfernt und zeigt inkonsequent aus der Nähe die starke Mimik des Jean-Louis Trintignant. Ein bisschen mehr davon hätte anderen Figuren gutgetan. Nichtsdestotrotz entblättert Haneke seine Charaktere gnadenlos in mehr oder weniger obskuren Situationen. Die Laurents quälen sich weniger gegenseitig, weil alles irgendwie geregelt wird, das kopfschüttelnde Publikum ist das Opfer. Offensichtlich macht genau das dem österreichischen Regisseur Spaß. Er ist nicht das erste Mal weit weg von einem Happy End.