Am Ende ihrer zugleich verkopften und kopflosen Science-Fiction-Vision „MindGamers“ versichern uns die Macher in einer wohl halb verlockend, halb beunruhigend gemeinten Texteinblendung: „Die Technologie existiert.“ So kommt ein letztes Mal das Faszinierende und das Frustrierende dieses theoretisch komplexen, aber praktisch nur komplizierten Films zusammen: Ausgehend von einem realen neurowissenschaftlichen Experiment, bei dem es gelungen ist, die Gehirne zweier Ratten mittels eines Computers zu verbinden, wodurch die Tiere sofort bestimmte Fertigkeiten teilen konnten, die sich nur eines von ihnen zuvor angeeignet hatte, haben die Drehbuchautoren die Idee eines neuronalen Netzwerks entwickelt, über das erworbene (menschliche) Fähigkeiten von einem Gehirn zu beliebig vielen anderen übertragen werden können. Aus diesem spannenden Ansatz macht Regisseur Andrew Goth („GallowWalkers“) in dieser in Österreich und Rumänien entstandenen Co-Produktion dann allerdings ein krudes und zunehmend beliebig wirkendes Mischmasch aus wildwuchernden Wissenschaftsmotiven, religiösem Geraune und düster-kühler Neo-Goth-Ästhetik, in dem die naheliegenden Konflikte zwischen Individuum und Masse, Geist und Technik nur vage in der Luft liegen, aber nie Konturen gewinnen und schon gar nicht ausgetragen werden.
Im Jahr 2027 arbeitet ein Team genialer junger Wissenschaftler unter Führung von Jaxon (Tom Payne) an einer sensationellen Technologie: Durch Experimente mit Ratten haben sie einen Weg gefunden, Gehirne miteinander zu verbinden und Fähigkeiten von einem zum anderen zu transferieren. Nun schlagen sie die Quantenbrücke zum menschlichen Geist und stehen kurz davor, alle Menschen in einem gigantischen Netzwerk miteinander verkoppeln zu können. Das würde ungeheure Möglichkeiten eröffnen und könnte das Zusammenleben revolutionieren. Aber Jaxons Auftraggeber, der undurchsichtige Gabriel Kreutz (Sam Neill) mit seiner Firma DxM, denkt nicht daran, die Vorzüge dieses Durchbruchs zum Wohle aller einzusetzen. Er verbittet sich jede Einmischung, stilisiert den Glauben an die Technik zur Ersatzreligion und hat seine ganz eigenen Vorstellungen davon, wie er den ihm nun offenstehenden Zugang zu den Gehirnen der Menschen nutzen kann…
Das Konzept hinter „MindGamers“ kommt recht ambitioniert daher und der hinter der Produktion stehende österreichische Konzern, der trotz Bundesliga-Sponsoring noch immer vornehmlich für seinen namensgebenden Energydrink bekannt ist, hat sogar eine Escape-Room-Weltmeisterschaft veranstaltet, bei der die Teilnehmer ihre Rätsel in einem mit dem Film verknüpften Szenario lösen mussten. Der Kinozuschauer hingegen mag bald rätseln, was ihm da eigentlich vorgesetzt wird: Das vorangestellte Bibelzitat „Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23, 34) deutet darauf hin, dass es hier darum geht, einen (Größen-)Wahn bloßzustellen, zumal die Welt gleich in der ersten Einstellung gleichsam auf dem Kopf steht und Sam Neill als skrupelloser Wissenschaftler nicht nur die katholische Kirche für sich einspannt, sondern auch verkündet, dass Wissenschaft und Religion immer mehr eins würden. Aber auch wenn Kreutz‘ Hybris deutlich krankhafte Züge trägt, spielen die moralischen und selbst die eher praktischen Implikationen der hier verhandelten weltumwälzenden Fragen (von „Wie wollen wir leben?“ bis „Was macht den Menschen aus?“) letztlich kaum eine Rolle. Dafür sind alle viel zu sehr mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit oder mit sich selbst beschäftigt und die Außenwelt (die Menschheit, um die es gehen könnte) ist sowieso ausgesperrt.
Wenn es aber schon nicht um das große Ganze geht, dann doch wohl um ein persönliches Drama - könnte man zumindest meinen. Aber auch die Figuren verschaffen uns keine Orientierung oder verleihen dem Geschehen gar emotionales Gewicht, denn abgesehen von Sam Neill („Jurassic Park“) als machthungriger Wissenschaftsmogul besitzt hier niemand ein echtes Profil. Selbst Todesfälle haben in diesem Film keinerlei Tragik. Tom Payne („The Walking Dead“) schaut zwar immer ganz konzentriert in seine futuristischen Bildschirme, aber ihm bleibt genau wie seinen jungen Mitstreitern letztlich nur eine sehr passive, kaum definierte Rolle. Antonia Campbell-Hughes („3096 Tage“) wiederum spielt mit ständiger Leidensmiene Agnes Day, was verdächtig nach Agnus dei (Lamm Gottes) klingt. Aber wo die religiösen und philosophischen Untertöne etwa in „Matrix“ (auf den in der einzigen witzigen Szene des Films angespielt wird) ein Echo in der innovativen Ästhetik und der fast spielerischen Erzählweise finden, bleibt es hier bei reinen Äußerlichkeiten. Und wenn es schließlich um die Einswerdung der neuronal vernetzten Masse geht, dann gibt es eine öde Musikvideo-Choreografie mit synchronen rhythmischen Bewegungen, was in Andrew Goths eintönig stylisher Inszenierung weder beängstigend noch attraktiv ist, sondern einfach nur nichtssagend. Denn an dem Punkt ist das Interesse nach etlichen läppischen, kaum nachvollziehbaren Wendungen und willkürlichen Volten längst erlahmt. Erst die eingangs erwähnte Einblendung erinnert am Ende noch einmal daran, dass hier mal eine durchaus bedenkenswerte Perspektive im Raum stand.
Fazit: Die Prämisse des quantentheoretisch aufgepeppten Science-Fiction-Thrillers „MindGamers“ ist noch ganz vielversprechend, aber alle spannenden Aspekte des Films werden bald unter unnötigen Komplikationen begraben und versinken schließlich komplett in Beliebigkeit.