Bond Nr. 13 stand im Vorfeld unter einem Druck, wie kein anderer zuvor. Denn nach "In tödlicher Mission" konkretisierte sich etwas, was sich seit 1975 abzeichnete. Es würde einen völlig legalen Konkurrenz James Bond geben und Sean Connery würde ihn spielen. Filmtitel: "Sag niemals nie". Aus der Konkurrenz wurde aber nicht soviel, weil "Sag niemals nie" einige Monate nach "Octopussy" ins Kino kam, aufgrund von Problemen beim Dreh. Doch gab es die Anweisung "Octopussy" so gut und sorgfältig wie nur irgend möglich zu machen.
Die Vortitelsequenz von "Octopussy" ist wieder ein perfekter Bond-Film im Miniformat, der Humor, eine schöne Frau, Action, Spannung, Rasanz und beeindruckende Pyroeffekte bietet. Auch die Titelsequenz hat Maurice Binder wieder zu seinem kleinen optischen Meisterwerk gemacht und zum zweiten Mal in der Serie (nach "Der Spion, der mich liebte") wich man beim Titelsong davon ab, dass dieser den gleichen Titel hat, wie der Film. Doch der Song von Rita Coolidge ist eine wunderschöne Ballade.
Die Hauptfilmhandlung entfaltet sich, abgesehen von spannenden ersten Szenen, wenn man ein Killerzwillingspärchen geboten bekommt, ein wenig langsam, aber unterhaltsam und bietet mit Bonds Reiseziel Indien gleich einen spektakulären Drehort.
Ein klein wenig an "Goldfinger" erinnert eine Szene, wenn Bond den Verdächtigen Kamal Khan erstmals am Spieltisch konfrontiert. Ebenso wie bei Goldfinger beim Golf, erkennt Bond, dass Kamal falsch spielt und schlägt ihn mit seinen eigenen Waffen bzw. Würfeln. Und wo Goldfingers Butler Oddjob den Golfball danach zerquetschte, tut Kamals Bodyguard Gobinda gleiches hier mit den Würfeln.
Bei den darauf folgenden Szenen ist der Moore-Humor der 70er wieder stärker zurück. Etwa bei einer Verfolgungsjagd oder einer Bond/Q Szene. Doch der Spruch eines Fakirs, wenn Bond einen Gangster auf dessen Nagelbett erledigt, ist köstlich: "Was machen fremder Mann in meinem Bett?".
Allerdings vermag der Film auch Spannung aufzubauen, wenn Kamal und ein russischer General einen Plan besprechen, man aber als Zuschauer im Dunkeln gelassen wird, um was es geht.
Auf den ersten Blick eine naheliegende und gute Idee ist eine Tigerjagd - mit Bond als Tiger. Doch wo man annehmen dürfte, Bond muss still sein, um zu entkommen, schwingt er wenig später mit Johnny Weißmüllers Tarzan-Gebrüll unterlegt durch die Bäume. Ohne Frage die dümmste Idee und Szene der Bond-Geschichte, die die Spannung der Tigerjagd völlig ruiniert und die Idee von Scaramangas Flugauto in "Der Mann mit dem goldenen Colt" noch übertrifft.
Ein toller Besetzungscoup ist Maud Adams als Octopussy. Sie ist glaubwürdiger, als in all ihren Szenen, in "Der Mann mit dem goldenen Colt". Zudem hatte sie hier an Schönheit zugelegt und machte sich vom Alter her besser an Moores Seite, als es eine jüngere Schauspielerin getan hätte.
Eine tolle Idee ist auch, Q einen größeren Part zu geben, ebenso dass die Lösung, worum es hier eigentlich geht, erst präsentiert wird, wenn der Film zu 3/4 rum ist.
Doch wenn Bond sich beeilen muss, um diesen Plan zu vereiteln, hagelt es bei "Octopussy" Schwächen. Szenen mit einem Zug sind in Punkto Action und Spannung absolut gelungen, doch von selbigem runter ist Bond so sehr auf Glück angewiesen, um seine Mission zuende zu bringen, wie nie zuvor und diese Aufholjagd gestaltet sich dadurch einfach etwas zu lang. Was man schließlich von Bond im Clownskostüm halten will, muss jeder für sich entscheiden. Ich finde die Szene nett und logisch.
Völlig plötzlich bekommt der Zuschauer dann jedoch einen Wechsel von Deutschland nach Indien serviert, als könnte man da mal so eben in fünf Minuten hin reisen.
Und so spektakulär der Angriff auf Kamals Burg ist, in der anschließenden Verfolgungsjagd Bonds zu Pferde und bei den Luftszenen sieht man sehr häufig dass es eben nicht Moore ist, der hier hinter Kamals her hetzt, sondern sein Stuntman. Okay, keiner glaubt real, dass Moore das selbst gemacht hat, aber den Eindruck für die Story, dass es eben Bond ist, der hier heldenhaft versucht Octopussy zu retten, so zu schmälern ist schon traurig. Auch sieht man bei den Luftszenen selbst als Laie, dass viel im Studio entstanden ist, was das Finale nochmals schmälert.
"Octopussy" ist insgesamt beileibe kein schlechter Moore-Bond, aber hat eben doch den einen oder anderen kleinen Makel, bei dem es einfach an Sorgfalt mangelte.