Übrigens: Am 1. Oktober 2015 wird sich die europäische Schuldenkrise so zuspitzen, dass der Euro rettungslos abschmiert. So lautet eine Prognose, die Martin A. Armstrong aufgestellt hat – und zwar schon 17 Jahre zuvor. Nachdem der amerikanische Ökonom bereits mit seinen Vorhersagen des Börsencrashs Ende der 1980er Jahre, der Technologie-Blase Anfang dieses Jahrtausends und der späteren Marktturbulenzen infolge der Lehman-Wirtschafts- und Finanzkrise richtig lag, scheint tatsächlich eine gewisse Vorsicht angebracht. Zumindest wenn man Autor und Regisseur Marcus Vetter und seiner Co-Regisseurin Karin Steigenberger folgt, die uns in ihrem Dokumentarfilm „The Forecaster“ über Armstrong mit apokalyptischen Tönen und Verschwörungstheorien Schauer über den Rücken jagen. Für kritische Fragen haben sie dabei keinen Platz.
Weihevolle Streichermusik umkränzt dieses Porträt eines Propheten von der Wall Street. Armstrong ist Mitte 60, eher kleinwüchsig und hat eine Halbglatze. 2012, als der Film entstand, war sein Gesicht noch ziemlich bleich von zwölf Jahren Gefängnis in Zellen ohne Sonnenlicht. Offiziell saß Amstrong wegen gigantischen Betrugs an Investoren ein. Er selbst sieht sich als Opfer eines Finanzkomplotts gegen Russland, das eine dubiose Bank ungefragt mit seinem Geld unternahm. Außerdem wollte die CIA an seine mathematische Geheimformel, mit der er Finanzkrisen vorhersagen kann. Das ist ohne Frage der Stoff für einen faszinierenden, vielschichtigen Film, doch hier ersetzt Geraune die Analyse und gerade die komplexen globalen Zusammenhänge bleiben im Halbdunkel. Das mag die Fantasie beförden, jedoch nicht die Erkenntnis.
Dass Armstrong niemals rechtmäßig verurteilt wurde und er den merkwürdigen Unfalltod eines der an dem Komplott beteiligten Banker recht plausibel mit dem Aufstieg Putins verbinden kann, lässt seine Geschichte immerhin nicht ganz unglaubwürdig erscheinen. Aber die Filmemacher gehen diesen Dingen nicht etwa investigativ auf den Grund, sondern führen ausschließlich Interviews mit Bewunderern ihres Titelhelden, des einstigen Chefs des milliardenschweren Analysehauses „Princeton Economics“. Diese verknüpfen sie mit seltsamem Archivmaterial etwa von Vorträgen Armstrongs, dessen Herkunft und Entstehung sie nicht groß erläutern. Mit diesen dubiosen Methoden fördern die Filmemacher letztlich die Skepsis gegenüber ihrem Werk, aber auch gegenüber Armstrong selbst, dessen schillernder Persönlichkeit sie mit einem Spielfilm wiederum womöglich noch viel näher gekommen wären.
Fazit: Das lobhudelnde Porträt des Ökonomie-Propheten Martin Armstrong ist mit Vorsicht zu genießen. Aber es macht neugierig auf den 1. Oktober 2015.