Es ist eine ganze nüchterne Feststellung: Diejenigen, die die Flugblätter verteilten, waren doch sicherlich auch diejenigen, die sie zuvor schrieben. Also stellte sich nach der Hinrichtung der Geschwister Scholl durch die Nazis die Frage, wer jetzt leidenschaftlichen Protest gegen die nationalsozialistische Diktatur schreibt. Für die alte Frau ganz selbstverständlich: „... also machen wir das weiter.“ So beginnt die eindrucksvolle Dokumentation „Die Widerständigen ‚also machen wir das weiter…‘“. In dem von Regisseurin Katrin Seybold begonnenen und nach deren Tod von Ula Stöckl vollendeten Film berichten Männer und Frauen von ihren Erlebnissen zwischen März 1943 und Kriegsende. Dass sie dabei größtenteils in einer Laborumgebung sitzen, mag ihren früheren, naturwissenschaftlichen Studienfächern geschuldet sein, wirkt bei den heute über 80-Jährigen jedoch seltsam. Auch der übermäßige Einsatz von Zooms, das immer weitere Heranrücken an die Gesichter, ist eher störend, was aber nichts daran ändert, dass dies ein ganz besonderer Film ist.
„Die Widerständigen ‚also machen wir das weiter…‘“ ist nämlich eine ermutigende Zeitreise. Chronologisch wird die Widerstandstätigkeit einer Gruppe junger Leute um Hans Leipelt beschrieben. Abwechselnd berichten die damaligen Studierenden aus München und Hamburg von den Schwierigkeiten, einen Text zu schreiben und zu verbreiten, von ihrer Unerschrockenheit sowie von ihrem Mut, den Protest immer weiter fortzusetzen. Alle erinnern sich an Professor Wieland, der als Nobelpreisträger der Chemie gewisse Freiheiten hatte und trotz Verbotes jüdischen und sogenannten halbjüdischen Kommilitonen den Universitätsbesuch ermöglichte. Obwohl sie vorsichtig waren und viele Beweise vernichteten, flogen sie auf, und Leipelt wurde schließlich zum Tode verurteilt. Eine der Widerständigen erinnert sich lebhaft, am Volksgerichtshof vor dem berüchtigten Richter Roland Freisler gestanden zu haben, eine andere an Befragungen zu intimen Details ihres Beziehungslebens mit Leipelt.
Fazit: Regisseurin Seybold wollte unbedingt mit diesen mutigen Personen sprechen: „Denn wenn die Menschen tot sind, sind sie tot, dann haben wir nur noch die Gestapo-Protokolle, die Protokolle der Täter, das geht doch nicht.“ Nachfolgende Generationen können sich glücklich schätzen, die widerständigen Zeitzeugen im Film erleben und ihre Seite hören zu können.