In den vergangenen Jahren hat sich im Bereich des Dokumentarfilms ein ganz spezielles Subgenre entwickelt: Filme, in denen Aussteiger im Mittelpunkt stehen, die sich oft in Kalifornien, aber auch in den umliegenden Staaten des amerikanischen Westens, abseits der „normalen“ Zivilisation ein unabhängiges Leben aufgebaut haben. „Bombay Beach“ von Alma Har'el zählt zu diesen Filmen, „Littlerock“ von Mike Ott, „California City“ von Bastian Günther und nun Nicolas Steiners „Above and Below“. Als Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg entstanden porträtiert Steiner in essayistischer Manier, die Regeln der klassischen Dokumentation oft brechend, diverse Menschen, die mal mehr, mal weniger freiwillig ein Leben fern des Konsumkapitalismus führen. Angesichts zunehmender Umweltkatastrophen, Flüchtlingsströmen und anderer globaler Probleme wird dieses Leben in Steiners stilistisch hervorragendem Film zur Vision einer möglichen, einer dystopischen Zukunft.
Unter der Erde, in weitläufigen Abwassertunneln, die Las Vegas unterhöhlen, lebt das obdachlose Paar Rick und Cindy, wodurch das unten des Titels angedeutet wird. Das oben ist wiederum der Blick auf den Mars, den besonders die Mars Society in Utah im Visier hat. Nicht einfach nur aus Faszination für den roten Planeten, sondern als Sinnbild einer anderen Welt, einer Ausweichmöglichkeit, auf die sich die Menschheit flüchten kann, wenn es ihr endlich gelungen ist, die Erde unbewohnbar zu machen. Diese Endzeitstimmung, die sich durch „Above and Below“ zieht, wird durch die nie fernen Wüstenlandschaften noch verstärkt - ein Sinnbild für die desolate Hinterlassenschaft menschlicher Kultur. So wird aus einer Schilderung von ungewöhnlichen Lebensformen zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein fast dystopischer Ausblick in die Zukunft der Menschheit.
Fazit: In seinem hervorragend gefilmten Essayfilm „Above and Below“ beschreibt Nicolas Steiner Menschen, die jenseits der Konventionen leben, und ihre ungewöhnlichen Überlebensstrategien.