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    Die getäuschte Frau
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Die getäuschte Frau
    Von Ulf Lepelmeier

    Was passiert innerlich mit einem Menschen, der damit konfrontiert wird, dass sein gesamtes Dasein auf einer unentschuldbaren Lüge beruht? Regisseurin Sacha Polak, die bereits in ihrem Debütfilm „Hemel“ eine herausfordernde Frauenpersönlichkeit auf ihrer speziellen Suche nach Verständnis und Liebe begleitete, nähert sich dieser Frage in ihrem Drama „Die getäuschte Frau“. Es geht um eine Ehefrau und Mutter, die durch einen schrecklichen Schicksalsschlag den Glauben an ihr bisheriges Leben einbüßt, denn Nina (Wende Snijders) muss nicht nur den Tod ihres Ehemanns Boris verkraften, sondern nun auch mit der Entdeckung fertig werden, dass er jahrelang eine Doppelexistenz geführt hatte. So trifft die Protagonistin in diesem sperrigen, sich puzzleartig erschließenden Drama eine drastische Entscheidung und irrt fortan als Getriebene ohne Ziel im Kraftfahrermilieu umher. „Die getäuschte Frau“ ist das Porträt einer schwer greifbaren Protagonistin, die Nähe braucht, sich aber niemandem öffnen kann.

    Mit einer surrealen Sequenz eines auf einer Landstraße kauernden Geparden, der mit seinem Blick die im Straßengraben stehende Nina taxiert, beginnt die niederländische Regisseurin Polak ihre fragmentarische Erzählung. Es folgen schnörkellos geschilderte Szenen aus dem Leben der von Verzweiflung gezeichneten Nina, deren Schicksal sich erst im weiteren Verlauf des rückwärts erzählten Films allmählich erschließt. Dabei verharrt die Kamera oftmals ausgesprochen lange auf dem erstarrten Gesicht der in den Niederlanden vor allem als Chanson-Sängerin bekannten Nina-Darstellerin Wende Snijders. Sie lässt Wut, Trauer und Unverständnis in ihrem reglosen Antlitz erahnen: Man meint verzweifelte Gedanken  wahrzunehmen, die hinter ihren ins Nichts starrenden Augen wild umherrasen und ihr keinen Moment der inneren Ruhe und der heilenden Reflexion mehr gönnen. Polak geht mit ihrer unaufgeregten und von der Folge zur Ursache zurückführenden Inszenierung jeder küchenpsychologischen Vereinfachung aus dem Weg und erzielt damit eine im besten Sinne irritierende Wirkung.

    Fazit: Sacha Polaks Trauerbewältigungsdrama ist das schwer zu entschlüsselnde Psychogramm einer getäuschten Frau, deren Vertrauen in die Mitmenschen gänzlich zerstört wurde.

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