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    Sprache: Sex
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Sprache: Sex
    Von Christian Horn

    Gemeinhin gilt die heutige Gesellschaft als übersexualisiert, was ein flüchtiger Blick ins Fernsehprogramm, auf Werbetafeln oder ein kurzes zufälliges Surfen im Internet zunächst bestätigen. Zugleich ist die eigene Sexualität aber auch ein Thema, das die meisten Menschen lieber im Verborgenen verhandeln.  Deshalb ist es durchaus bemerkenswert, wenn im essayistischen Dokumentarfilm „Sprache: Sex“ von Saskia Walker und Ralf Hechelmann insgesamt 16 Interviewpartner/innen im Alter zwischen 13 und 74 Jahren ihre ganz persönlichen Ansichten zu Sexualität und Liebesspiel preisgeben. Diese Offenheit ist der große Pluspunkt des etwas gleichförmig gestalteten Interviewfilms, die Befragten haben augenscheinlich Vertrauen zu dem Regieduo gefasst und plaudern oft erstaunlich unbefangen über Intimes. Der Schwerpunkt der vielen Stimmen und Meinungen liegt dabei klar auf heterosexuellen Spielarten, die zudem jeweils im Bereich des „Normalen“ bleiben. Aber da kann durchaus noch mehr kommen, denn das Kinodebüt, das während der Berlinale 2015 in der Perspektive Deutsches Kino zu sehen war, ist als Auftakt zu einer mehrteiligen filmischen Studie über Sexualität gedacht.

    Die beiden Filmemacher, die im echten Leben übrigens ein Paar sind, blenden die konkreten Fragestellungen aus und lassen die Protagonisten durch die Montage in eine Art lockeren Dialog miteinander treten. Durch den konzentrierten Blick auf die Protagonisten, denen bisweilen auch die Worte fehlen und die immer mal wieder verlegen lächeln, erzählt „Sprache: Sex“ ganz nebenbei auch von dem Gefühl der Peinlichkeit, das beim öffentlichen Sprechen über Sex fast zwangsläufig dazuzugehören scheint – und die der vermeintlichen Zügel- und Tabulosigkeit unserer Gesellschaft widerspricht. Die Aussagen kreisen daher auch meist um grundlegende Fragen: Wofür braucht man Sex überhaupt? Wie kommt es zum Sex? Und was ist eigentlich das Schöne daran? Die Protagonisten berichten zum Beispiel über Erfahrungen mit einem Online-Sexportal, sprechen über Nacktheit und Scham oder erörtern die Frage, ob das Begehren bei mehrjährigen Liebesbeziehungen zwangsläufig irgendwann ausbleibt oder nicht. Der Jüngste im Reigen ist ein 13-jähriger Teenager, der bisweilen zu bestechenden Einsichten kommt: „Ich stehe ja auf geheimnisvoll und deswegen stehe ich auch nicht auf Pornos.“ Zwischen die grob thematisch geordneten Interview-Blöcke montieren die Filmemacher Aufnahmen aus dem sommerlichen Berlin – diese mit Jazz unterlegten Zwischenstücke unterstreichen die Alltäglichkeit des Diskutierten.

    Fazit: Der assoziativ montierte Interviewfilm gewährt subjektive Einblicke in die schönste Nebensache der Welt, was zwar nicht sonderlich erhellend, aber durchaus unterhaltsam ist.

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