An den sehenswerten Reihenauftakt „Underworld“ von 2003 sind die weiteren Filme der Vampire-gegen-Werwölfe-Saga qualitativ nie herangekommen und schon nachdem das Prequel „Underworld: Aufstand der Lykaner“ auch an den Kinokassen enttäuschte, schien das Ende des Franchise nahe. Doch man entschied sich anders und holte stattdessen Kate Beckinsale, die bewährte Hauptdarstellerin der ersten beiden Filme, für einen vierten Teil zurück – und landete mit „Underworld: Awakening“ prompt den bisher größten kommerziellen Hit der Reihe. Dieser Erfolg wiederum sorgte dafür, dass eine weitere Fortsetzung auf den Weg gebracht wurde. So kommt nun also „Underworld: Blood Wars“ in die Kinos – selbstverständlich wieder mit Beckinsale, deren Vampirkriegerin Selene neben Carrie-Anne Moss‘ Trinity („Matrix“), Angelina Jolies Lara Croft („Tomb Raider“) und Milla Jovovich‘ Alice („Resident Evil“) fraglos zu den denkwürdigsten modernen Actionheldinnen gehört. Doch die Britin spult ihren vierten Auftritt im hautengen Latexanzug allzu routiniert herunter – sie findet keine neuen Seiten an ihrer Figur und auch TV-Regisseurin Anna Foerster („Criminal Minds“, „Outlander“) sorgt in ihrem Kinodebüt weniger für frisches Blut als für durchschnittliche Fantasy-Action im gewohnt düsteren „Underworld“-Look.
Der Krieg zwischen Vampiren und Lykaner-Werwölfen tobt noch immer. Die „Todeshändlerin“ Selene (Kate Beckinsale) gerät ins Visier der rivalisierenden Parteien, weil ihr kostbares Blut (und das ihrer Tochter Eve) Vampire wie Werwölfe in stärkere Hybridwesen verwandeln kann, denen zum Beispiel das Sonnenlicht nichts ausmacht. Gemeinsam mit David (Theo James, „Die Bestimmung“-Reihe) und dessen Vater Thomas (Charles Dance, „Game of Thrones“) will Selene den Konflikt für alle Zeiten beenden und stimmt zu, die Vampire im Kampf gegen die Lykaner zu trainieren. Doch die intrigante Blutsaugerin Semira (Lara Pulver) stellt ihr eine Falle und zwingt sie zur Flucht. Unterdessen nimmt Marius (Tobias Menzies, „Outlander“), Anführer der erstarkten Lykaner, die Fährte der angeschlagenen Vampirkämpferin auf.
Wie die vorangegangenen Teile folgt auch „Blood Wars“ der Prämisse Style over Substance. Regisseurin Anna Foerster knüpft dabei nahtlos an die vom Werbefilmer Len Wiseman in den ersten beiden Filmen vorgeprägte Gothic-Videoclip-Ästhetik an. „Blood Wars“ ist fast ausschließlich in düsteren Endzeit-Kulissen und in dunkelster Nacht angesiedelt, und wenn doch mal kurz die Sonne aufgeht, dann regnet es in Strömen. Zu der schick-morbiden Atmosphäre passen die üblichen Lack-und-Leder-Outfits von Kate Beckinsale („Love & Friendship“, „Total Recall“) und Co., aber zumindest einmal setzen die Filmemacher hier auch einen effektiven Kontrapunkt: In ihrem Refugium tragen die Vampire wie die Models aus „Mad Max: Fury Road“ weiße Gewänder. Und Lara Pulver („Edge of Tomorrow“) strahlt als Selenes Gegenspielerin Semira in schulterfreien, tief ausgeschnittenen Kleidern nicht nur eine verruchte Sexyness aus, sondern stiehlt Beckinsale in punkto Präsenz sogar die Show.
Wie ihre Vorgänger auf dem „Underworld“-Regiestuhl setzt auch Anna Foerster vor allem auf Oberflächenreize: Nicht nur die Kulissen – allen voran die vampirische Zufluchtsburg auf einer von Nordlichtern erhellten, schneebedeckten Bergspitze – sorgen für Augenfutter, auch Feuergefechte in Zeitlupe oder Vampire, die die Schwerkraft überwinden, machen optisch was her. Allerdings ist das Hauen, Stechen und Schießen so unübersichtlich in Szene gesetzt, dass die mit einem mauen 3D-Effekt aufgepeppten Actioneinlagen zum hämmernden Soundtrack letztlich sehr beliebig wirken. Da hilft es auch nicht, dass sie oft recht blutig ausfallen, etwa wenn Selene einem Gegner die Wirbelsäule herausreißt wie Sub-Zero bei seinem Finishing Move aus „Mortal Kombat“ oder wenn abgetrennte Köpfe präsentiert werden. Das passt hier zwar durchaus gut in den Kontext, denn Blut ist immerhin ein Leitmotiv der ganzen Saga und auch hier allgegenwärtig, da es Erinnerungen transportiert und die Figuren daher munter Ampullen kippen und Klingen ablecken. Die damit verbundenen erzählerischen Möglichkeiten werden allerdings kaum genutzt.
Auch das generisch abgehandelte Komplott der Vampirdame Semira entwickelt keine Spannung. Die erklärenden Zwischenszenen sind allzu knapp und rein funktional gehalten, die widerstreitenden Interessen und Empfindungen werden nie lebendig. Symptomatisch für diese geraffte Erzählweise sind die schnell geschnittenen Flashbacks, die aufblitzen, wenn die Vampire Blut trinken. Zwei Nebenplots um David und seine tote Mutter sowie die Vampirin Alexia (Daisy Head), die den Werwolf-Leader Marius liebt, bleiben so skizzenhaft, dass die Frage legitim erscheint, warum sie überhaupt vorkommen. Selbst Selene verschwindet zwischenzeitlich komplett von der Bildfläche, sie steht aber als „Schlüssel“ zur Lösung des Konflikts per se im Mittelpunkt. Die Mythologie der Saga wird hier nicht etwa sinnvoll aufgegriffen und vertieft - mehr als ein wenig bedeutungsschwangeres Geraune und vermeintlich beziehungsreiches Namedropping bieten die Macher abgesehen von einer neu eingeführten geheimnisvollen Quelle der Vampire nicht. Und auch die bleibt genau das: geheimnisvoll.
Fazit: Der fünfte Abkömmling des „Underworld“-Franchise bietet die übliche düster-bleihaltige Gothic-Action, tritt erzählerisch aber fast komplett auf der Stelle.