Sport das ist Bewegung, friedlicher Wettkampf, den inneren Schweinehund überwinden, also meist etwas Tolles. Viele Dokumentarfilme über Sport befassen sich dann auch nicht mit gesellschaftlichen Kontroversen (auch wenn es auch hier einige ausgezeichnete Beispiele gibt), sondern mit archaischen Konflikten, in denen die Parteinahme, wenn überhaupt nötig, vollkommen unstrittig ist. Kein Wunder, dass in solchen Fällen dann auch meist „Feelgood-Movies“ dabei herauskommen. In diese Kategorie fällt eindeutig auch „Wechselzeiten – Auf dem Weg zum ersten Triathlon“ des routinierten TV- und Werbefilmer Guido Weihermüller, der sich trotz einiger faszinierender Momente letztlich für ein arg konventionelles Strickmuster entscheidet.
Marathon war gestern, die neue Herausforderung, etwas über sich und seine Ängste und Beschränkungen zu erfahren, heißt Triathlon. Die Veranstaltung in Hamburg bietet ein Rookie-Programm an, bei dem „Ersttäter“ zwölf Wochen lang auf die schweißtreibende Dreifachsportart aus Schwimmen, Laufen und Radfahren vorbereitet werden. 2013 gehören auch vier Damen zu den neuen Teilnehmern, die Weihermüller beim Training und nach Hause begleitet hat, deren Fortschritte und Geschichten er dokumentiert: die Neu-Hamburgerin Adolé, die alleinerziehende Mutter Cecilia, die 53-jährige Unternehmerin Kristina und die Bankangestellte Sarah.
Ein Funktionsprinzip des Dokumentarfilms ist dabei intelligent umgesetzt: Weihermüller findet das Besondere im Allgemeinen. Er nutzt den Triathlon und die mit der Vorbereitung einhergehenden Phasen der Selbstdisziplinierung und Introspektion als Katalysatoren, um den Protagonisten, die anfangs eigentlich recht wenig interessant scheinen, ihre Hintergrundgeschichten zu entlocken. Diese sind mal von alltäglicher, aber dadurch nicht weniger trauriger, Natur, um Elternkonflikte geht es, um Krebserkrankungen. Und es geht um ein Katastrophenerlebnis von Sarah, die 2004 den verheerenden Tsunami im Indischen Ozean um Haaresbreite überlebte und sich aus verständlichen Gründen bis heute nicht leicht tut mit der Schwimmdisziplin.
Weihermüller postiert die Kamera sensibel hinter Sarah während ihres langen Berichts von dieser Traumatisierung. An anderer Stelle, gerade wenn es um das Training und den Wettkampf als Höhe- und Endpunkt der Vorbereitung geht, bedient er sich gerne auch des epischen Kinoformats, Aufnahmen aus dem Helikopter, Zeitlupen, Emotionen, die bisweilen ein wenig hysterisch auf dasselbe epische Format aufgeblasen werden sollen. Die kleinen authentischen Augenblicke gehen mit diesem Pathos eine reichlich banale Allianz ein. Der Triathlon heilt so ziemlich alle Wunden, oder er betäubt zumindest eine Weile lang den Schmerz, will uns Guido Weihermüller wohl sagen. Wirkungsvoller freilich wäre ein Dokumentarfilm, der den Zuschauer mit der Gewissheit entlässt, dass irgendwo in unserer Welt eine blutende Wunde klafft, die zu heilen wäre. Aber das wäre vielleicht zu viel verlangt vom Sportfilmgenre.
Fazit: Guido Weihermüller findet in „Wechselzeiten“ bedrückend authentische Augenblicke, die sich letztlich aber doch reichlich konventionell im Modus der „Feelgood-Doku“ auflösen.