Nach dem weltweiten Erfolg von „American Pie“ verfiel Hollywood um die Jahrtausendwende in einen wahren Teen-Sex-Komödien-Goldrausch – je tiefer der Humor unter die Gürtellinie zielte, desto besser! Leider kamen dabei auf einen gelungenen Nachahmer wie „Road Trip“ von „Hangover“-Mastermind Todd Phillips zig superpeinliche Totalausfälle wie „Ohne Worte“. Eine der besten „American Pie“-Abkupferungen stammt allerdings gar nicht aus Hollywood, sondern aus Großbritannien, wo die schlüpfrige Schul-Sitcom „The Inbetweeners“ ab 2008 für ihren Sender E4 drei Staffeln lang einen Zuschauerrekord nach dem anderen brach. Die Serie, die in Deutschland nie ausgestrahlt wurde, war grandios geschrieben, bot auf eine charmante Art schmerzhaft-schamlose Pointen am Fließband und wurde folgerichtig für etliche britische TV-Preise nominiert. Auf der Leinwand setzte sich der Erfolg mit dem Kino-Ableger „Sex on the Beach“ zumindest finanziell fort (unter anderem mit dem erfolgreichsten Eröffnungswochenende einer Komödie in Großbritannien überhaupt), aber die Gags waren eher lau. Nun geht’s in „Sex on the Beach 2“ von Damon Beesley und Iain Morris ab nach Australien – und dort drehen die vier Kumpels mit Hormonüberschuss nach dem enttäuschenden Ausflug auf eine griechische Partyinsel im Vorgänger wieder deutlich mehr auf!
Veräppelt von einem Kommilitonen scheitern Will (Simon Bird), Neil (Blake Harrison) und Simon (Joe Thomas) verkleidet als Harry, Ron und Hermine an der Tür einer Nicht-Kostüm-Studentenparty, als sie eine SMS ihres Kumpels Jay (James Buckley) aus Australien erreicht. Dieser arbeitet dort inzwischen angeblich als DJ Big Penis im angesagtesten Club von Sidney, habe haufenweise Asche gescheffelt und eine große Villa voll mit willigen Models. Jeden Morgen wird er von einer anderen Frau mit einem Blowjob geweckt, weshalb er seinen Penis auch schon seit Wochen nicht mehr waschen brauchte. Außerdem hatte er einen flotten Dreier mit Kylie Minogue und ihrer kleinen Schwester Dannii. So von Jay angestachelt packen die drei Zurückgebliebenen sofort ihre Backpacks, um die Osterferien in Down Under (das heiße übrigens so, weil man dort die meiste Zeit Down Under mit „Pussylecken“ zubringt) statt in Bristol zu verbringen. Fast überflüssig zu erwähnen, dass Jay in seiner Nachricht lediglich riesigen Bullshit verzapft hat…
Nach dieser Inhaltangabe sollte jedem klar sein, auf was er sich einlässt, nämlich Fremdschämen pur! 15 Jahre nach „American Pie“ stellt sich generell die Frage, ob wir überhaupt noch Filme brauchen, in dem ein Junge im Wasserpark mit Exkrementen um die Wette rutscht, aber wer ab und zu mal eine Portion Vulgärhumor braucht, der kann es deutlich schlechter treffen als mit „Sex on the Beach 2“. Vergleichen wir das australische Zotenfest einmal mit „American Pie 4“, dann würden wir uns definitiv lieber noch einen Film mit den britischen als mit den amerikanischen Dauerpubertierenden ansehen: Denn wo der Apfelkuchen-Reihe – auch dank der vielen unsäglichen Direct-to-DVD-Spin-offs – inzwischen jeglicher Charme abgeht, drücken wir zumindest drei der vier Inbetweeners immer noch die Daumen: Der hinter seiner Angeber-Fassade leicht verletzliche Jay sucht das ganze Outback nach seiner Ex-Freundin Jane (Lydia Rose Bewley) ab, Simon macht seiner supereifersüchtigen Borderline-Freundin Lucy (Tamla Kari) aus Versehen per Skype einen Heiratsantrag und der grenzdebile Neill bekommt von allem so wenig mit wie eh und je. Nur Besserwisser Will offenbart auch diesmal wieder ein ziemliches Nerv-Potenzial – da geben wir dann doch seinem von Jason Biggs verkörperten daueronanierenden „American Pie“-Pendant Jim klar den Vorzug.
Natürlich gibt es neben einigen hemmungslosen Höhepunkten des schlechten Geschmacks (etwa Jays in der Inhaltsangabe angedeutete Down-Under-Lügen), die den Bogen des politisch Korrekten so extrem überspannen, dass sie tatsächlich etliche Lacher provozieren, auch reihenweise Rohrkrepierer (Kackwurst-Kalauer waren schon zu Zeiten von „American Pie“ ein alter Hut). In der deutschen Fassung gibt es sogar noch mehr solcher Ausfälle, weil in der Originalversion bereits das augenzwinkernde Gegeneinander von britischem und australischem Akzent für eine Extraportion Charme sorgt und so über die ein oder andere verfehlte Pointe hinwegtröstet. Aber apropos Charme: Am Ende ist dieser wahrscheinlich der größte Unterschied zum schwachen Vorgänger. In „Sex on the Beach“ präsentierten sich die vier Teenie-Urlauber als sexistische Idioten, denen wir selbst britische Handtuchterroristen auf Mallorca vorziehen würden. In der Fortsetzung entpuppen sie sich hingegen wieder als jene sexistischen Iditoten aus der ursprünglichen Sitcom, die man dank eines oft bissig-augenzwinkernden Skripts trotzdem gern haben kann.
Fazit: Zu viele Pointen verpuffen wirkungslos, als dass sich „Sex on the Beach 2“ mit der zugrundeliegenden Serie „The Inbetweeners“ oder gar dem großen Vorbild „American Pie“ messen lassen könnte. Trotzdem ist die Fortsetzung viel charmanter und damit auch klar lustiger als der enttäuschende erste Kinoausflug der kultigen Sitcom-Teenies.