Die ehemalige palästinensische Stadt Jaffa – berühmt als Anbaugebiet der Jaffa-Orange – ist heute nur noch ein arabisch geprägter Stadtteil von Tel Aviv, an dem sich jedoch die gesellschaftlichen Spannungen des Nahost-Konflikts gut aufzeigen lassen. Wie schon ihr Kollege Eyal Sivan für „Jaffa - The Orange's Clockwork“ suchte sich auch die israelische Regisseurin Hilla Medalia („To Die in Jerusalem“) diesen Schauplatz für eine Dokumentation aus. In „Dancing in Jaffa“ begleitet sie den international renommierten Tänzer Pierre Dulaine, der in Jaffa einen Workshop gibt, bei dem Kinder mit palästinensischen, arabischen und jüdischen Wurzeln gemeinsam tanzen sollen. Herausgekommen ist eine thematisch etwas schlichte, aber eingängige Dokumentation mit einem politischen Anliegen.
Früher arbeiteten Juden, Araber und Palästinenser Seite an Seite auf den Orangenplantagen von Jaffa, heute leben sie nebeneinander her oder sind sogar Todfeinde. Um ein Zeichen gegen diesen Irrsinn zu setzen, organisiert der weltbekannte Tänzer Pierre Dulaine in Jaffa ein Schulprojekt, bei dem die Kinder der verschiedenen ethnischen Gruppen gemeinsam Gesellschaftstanz – und damit auch gegenseitiges Verständnis – erlernen sollen. Unterstützt wird Dulaine bei seinem Projekt von seiner langjährigen Tanzpartnerin Yvonne Marceau. Gegen ihre gesellschaftliche Prägung sollen die Kinder das Tanzen in gemischten Paar-Konstellationen erlernen, was einige Probleme mit sich bringt, etwa wenn die arabischen Jungs keine Mädchen anfassen wollen. Insgesamt sieben verschiedene Tänze proben die Kinder, bevor sie diese beim Abschlussabend den Eltern präsentieren.
Mit Pierre Dulaine steht ein echter Star im Mittelpunkt von Hilla Medalias Dokumentation: Der in New York lebende Tanzlehrer trat unter anderem in Broadway-Musicals auf und wurde im Spielfilm „Dance!“ von Antonio Banderas verkörpert. Doch abgesehen davon, dass Dulaine 1944 als Sohn eines Iren und einer Palästinenserin in Jaffa geboren wurde und seit seiner Kindheit nicht mehr an seinen Geburtsort zurückgekehrt war, spielt der Werdegang des Tanzprofis keine Rolle. Im Mittelpunkt stehen vielmehr die Kinder, die im Lauf des Kurses ihre bereits in jungen Jahren gefestigten Vorurteile vergessen. Einige der kleinen Protagonisten werden dabei besonders in den Fokus gestellt. So zum Beispiel das palästinensische Mädchen Noor, das nach dem Tod des Vaters kaum noch lachte und aus dem Tanzen neue Lebensfreude zieht. Oder der kleine Alaa, der mit seinem arabischen Vater in ärmlichen Verhältnissen lebt und mit seiner Tanzpartnerin, dem jüdischen Mädchen Lois, eine neue Freundin gewinnt. Sie dienen allesamt der Unterstreichung der humanistischen Aussage des Films, die so von Anfang an auf der Hand liegt und mit dem gemeinsamen Tanzen eine griffige - wenn auch etwas schlichte - Metapher findet.
Fazit: Hilla Medalias „Dancing in Jaffa“ ist eine solide Bebilderung der zwar schlichten, aber zeitlosen Botschaft „Make Love, not war!“