Josef Bierbichler hat nach Motiven seines Romans „Mittelreich“ ein Drehbuch verfasst und mit dem Titel „Zwei Herren im Anzug“ verfilmt.
Bayern, Mitte der 1980er: Pankraz (Josef Bierbichler), Land- und Gastwirt, ist nun Witwer. Mit seinem Sohn Semi (Simon Donatz) spricht er nach der Trauerfeier über die Vergangenheit.
Filme wirken besonders gelungen, wenn ein Konzept angewandt worden ist, das man in den Dialogen, in den Kamerabewegungen, in der Länge der Einstellungen, in der Beleuchtung und Farbgebung wiedererkennt. Bierbichler setzt auf großes Gestaltungsdurcheinander und entfaltet sein eigenes Flair, das nicht jedem Zuschauer schmecken dürfte. Während die fließenden Bilder beim Ruderausflug allein das Eintrittsgeld wert sind, wird für die taktgebende Unterhaltung zwischen Vater und Sohn das Publikum überwiegend auf Abstand gehalten. Dieses in der eigenen Wirtschaft geführte Gespräch ist sehr theaterhaft inszeniert, mit stärkerer Ausprägung bei Donatz. Chronologisch wohlgeordnet geht es durch die vielen, real fotografierten und gespielten Episoden der Geschichte um Pankraz. Und so gibt es wiederum genügend Situationen, die reichlich Nahaufnahmen der Figuren zeigen; Farbe, sehr schöne schwarz-weiß-Aufnahmen und nicht so schöne Standbilder geben sich die Hand. Fantastische Sequenzen mit Lohengrin und Himmelfahrt werden wie der schräge Maskenball mit Frau Hitler untergemischt, dann und wann begleitet von zwei geheimnisvollen Herren im Anzug. Hier und da verschwimmen die Grenzen zwischen Fiktion und Wahrheit. So ist für jedermann etwas dabei.
Viel bayerischer Dialekt wird gesprochen. Mehrere Generationen einer bayerischen Land-Familie stellen sich den Querelen der Zeit, unerfüllte Wünsche paaren sich an Verzweiflung. Dazu das meisterliche Spiel von Bierbichler und Martina Gedeck (als Pankraz‘ Gattin Theres). Allmählich, ganz allmählich und ohne eine langweilige Minute, reiht sich Rückblende an Rückblende, entwickeln sich Verknüpfungen zu einer kaum fassbaren Komplexität und damit zur Bereicherung des deutschen Kinos. Verbunden mit ernüchternden, erschütternden und schonungslosen Szenen zieht Bierbichler das Publikum in den Bann. Einige Charaktere wie die stets und ausschließlich bigott auftretende Philomena (Irm Hermann) sind einseitig dargestellt. Bierbichler greift Kirche und bedingungslose Schamhaftigkeit auch anders an.
Das Dargebotene bewegt sich weit ab von der Bedienung irgendwelcher Lederhosenklischees. Und so entsteht durch die Erzählweise des Autors und Regisseurs etwas Großes.
„Zwei Herren im Anzug“ ist ein mit mutiger Inszenierung ausgestaltetes, beeindruckendes Familienepos.