Lange Zeit galt Frank Millers so eigenwillige wie anspruchsvolle Graphic Novel „The Dark Knight Returns" als unverfilmbar. Zwar stand mit dem dunklen Ritter einer der bekanntesten maskierten Helden in der Geschichte des Mediums im Mittelpunkt, doch war der Ton zu paranoid, die Bildsprache zu sperrig und die moralische Landkarte zu zerklüftet, um dieses kantige Meisterwerk ins Medium Film oder gar ins Mainstream-Kino zu übertragen. In Millers Version war Batman nicht mehr der edle Düsterling, sondern ein in die Jahre gekommener Psychopath, der schwer gepanzert einen privaten Amoklauf durch die Straßen von Gotham unternimmt, während der Staat entweder handlungsunfähig oder gänzlich korrupt ist. Selbst Sidekicks und Bösewichter wie Robin, Two-Face, der allseits beliebt-gefürchtete Joker und DC-Ikone Superman waren durch Millers böse Augen betrachtet nicht mehr wiederzuerkennen und taugten kaum noch als eskapistische Unterhaltungschargen, sondern bekamen hier einen so abseitigen und beizeiten erschreckenden Beigeschmack verliehen, dass es den Leser schaudern ließ. Mit einem zweiteiligen Animationsfilm nahm Regisseur Jay Oliva die Herausforderung nun dennoch an. Und auch wenn man den Ehrgeiz, das ausschweifende, erzählerisch komplexe Werk in seiner vollen Pracht zu verfilmen gutheißen mag, ist auch die zweite Hälfte „Batman: The Dark Knight Returns, Teil 2" wie schon der Vorgänger „Batman: The Dark Knight Returns, Teil 1" eine Kapitulation vor den Abgründen der Vorlage.
Nachdem Bruce Wayne (Stimme: Peter Weller) nach längerer Zeit privaten Eremitentums wieder das Batman-Kostüm vom Nagel genommen und sich ins kriminelle Nachtleben von Gotham City gestürzt hat, ruft das auch einen seiner ältesten Kontrahenten, den Joker (Michael Emerson), auf den Plan. Nach einer tödlichen Konfrontation zwischen den ewigen Streithähnen muss Batman, der nun als Mörder gejagt wird, in den Untergrund fliehen. Doch schon droht weiteres Ungemacht, als Superman (Mark Valley) sich im Auftrag des US-Präsidenten (Jim Meskimen) in einen Krieg in Lateinamerika einmischt und dabei nur knapp einen Atomschlag vereitelt. Durch eine Kette von Ereignissen und eine fehlgelenkte sowjetische Rakete wird Gotham von einem anhaltenden Stromausfall lahmgelegt, der marodierende Horden aufschreckt. Zusammen mit einer ihm mittlerweile ergebenen Privatarmee stellt sich Batman dem Pöbel entgegen. Das große Finale muss er jedoch gegen Superman austragen, der von ganz oben den Befehl erhält, den dunklen Ritter, den neuen Staatsfeind Nummer eins, auszuschalten...
In der zweiten Hälfte seines „Dark Knight Returns"-Epos gingen wahrlich die Pferde mit Comic-Autor Frank Miller durch. Wie hier mit den Genre-Standards und den Klischees des Superheldencomics gespielt und Schindluder getrieben wird ist wirklich mutig. Dabei verwechselte er in seiner Vorlage keinesfalls „düster" mit „besser". Der Comic ist quietschbunt und doch bissig und gefährlich. Dieser Batman ist ein verbissener Hardliner, der dem Staat misstraut und lieber mit einer Privatmiliz loszieht, um eine sehr eigene Interpretation von Recht und Gesetz umzusetzen. Gerade im Schlussakt, wenn ein Mob durch die Straßen tobt und plündert, wird deutlich, dass dieser Batman ein verkappter Militarist ist, der es genießt, auf einem Schlachtross und mit einer ergebenen Entourage im Rücken in die Menge zu reiten. Nicht erst seit Millers verächtlichen Äußerungen zur Occupy-Bewegung ist es hier sehr schwer, zwischen Künstler und Werk zu unterscheiden. Wie sein Autor ist auch dieser Batman kein Menschenfreund und es wäre wichtig gewesen, diese Ambivalenzen herauszuarbeiten, statt nur Panel für Panel in bewegte Bilder umzumünzen – wie es Regisseur Jay Oliva leider auch in der zweiten Hälfte seiner Adaption macht.
Zumal diese Bilder nicht einmal dynamisch genug animiert sind, um das Spektakel zur Hauptattraktion zu erheben, so wie es bei Zack Snyders „300" geschehen ist. „The Dark Knight Returns" hätte einen Drehbuchautor mit Vision und eine Regisseur mit Format gebraucht. Stattdessen übernahm mit Bob Goodman ein Routinier im Bereich von TV-Cartoons („Justice League") die Verantwortung für das Skript und mit Jay Oliva („Green Lantern: Emerald Knights") ein Animationshandwerker die Regie. Für erzählerische Visionen sind beide nicht bekannt, auch nicht dafür, sie zu adaptieren. So fühlt sich ihr Film dann auch weniger wie ein Kunstwerk als vielmehr wie eine Verwaltung der Vorlage an. Speziell wenn mit Superman ein weiterer DC-Held ins Spiel kommt, der immer die saubere staatstragende Seite der amerikanischen Comic-Kultur darstellte, und der eiserne Held hier von einem Ronald-Reagan-Zerrbild in einen Stellvertreterkrieg in Lateinamerika verstrickt wird, merkt man dem Stoff auch in der Filmfassung seinen Ursprung aus dem Zeitgeist der 80er deutlich an.
Im Erscheinungsjahr 1987 war die Iran-Contra-Affäre, die ein böses Licht auf die Außenpolitik Reagans warf, gerade auf ihrem Höhepunkt. Und gewiss spielte der Handlungsteil um die kleine Insel Corto Maltese, die hier von US-Truppen samt Superman aufgemischt wird, auf die verlogene und mörderische Politik der konservativen US-Regierung an. Im Jahre 2012 wäre es also nicht zuviel verlangt gewesen, eine inszenatorisch-erzählerische Position zu diesem Thema zu beziehen. Selbst wenn man zu dem Entschluss gekommen wäre, dass Miller hier Right-Wing-Propaganda betreibt, hätte man diese zumindest ironisch brechen können. Stattdessen geht man den Weg des geringsten Widerstandes und hievt einfach ein paar Panels vom Papier ins Medium Animationsfilm. Was bleibt ist weder Empörung noch Belustigung, sondern schlicht ein großes Fragezeichen im Gesicht.
Einerseits ist es begrüßenswert, dass eines der intensivsten und mutigsten Comics aller Zeiten nun neue Aufmerksamkeit und sicher auch neue Leser beschert bekommt. Ein runderer, dramaturgisch und visuell ausgefallenerer Film hätte dabei aber dann doch rauskommen sollen. Gutes Adaptieren, das wird hier mehr als einmal deutlich, beschränkt sich nicht darauf, eine Vorlage ohne kreative Eigenverantwortung von einem Medium ins andere zu übertragen, sondern besteht auch aus einer Auseinandersetzung mit dem Material. Dies ist hier nicht gegeben. Dafür ist „Batman: The Dark Knight Returns, Teil 2" in letzter Instanz zu seelenlos – weniger ein echter Film als mehr eine Serviceleistung für Comic-Fans. Bloß, auch die hätten sich über ein eigenständiges Werk mit mehr Schneid, mit einem schnelleren Puls und mit einer unverhohlen bedrohlichen Fratze gewiss mehr gefreut.
Fazit: Frank Millers „The Dark Knight Returns" war rasanter und doppelbödiger Avandgarte-Pulp für Fortgeschrittene. Die zweiteilige Verfilmung „Batman: The Dark Knight Returns, Teil 1" und „Batman: The Dark Knight Returns, Teil 2" ist trotz großer formaler Treue leider nur harmloser Mainstream, der düster ist, aber keineswegs weh tut.