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    Der Hobbit: Die Schlacht der Fünf Heere
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Der Hobbit: Die Schlacht der Fünf Heere
    Von Carsten Baumgardt

    Der Kraftakt ist vollbracht. Schluss. Aus. Vorbei. Nachdem Regisseur Peter Jackson im Anschluss an seine legendäre, bei Fans, Publikum und Kritikern unglaublich erfolgreiche „Der Herr der Ringe“-Trilogie angekündigt hatte, nie mehr nach Mittelerde in die Welt J.R.R. Tolkiens zurückzukehren, konnte er nach dem Ausstieg des vorgesehenen Regisseurs Guillermo del Toro doch nicht anders und hat sich entschieden, auch die Vorgeschichte „Der Hobbit“ selbst zu inszenieren. Seine Entscheidung, das knapp 400 Seiten starke Buch Tolkiens auf gleich drei Teile auszuwälzen, war dabei von Vornherein umstritten und ist nun auch im Rückblick auf die gesamte Trilogie zwiespältig zu sehen. Denn Hand aufs Herz: „Der Hobbit“ gibt nicht den Stoff für knapp acht Stunden Kinofilm her! Diesen Umstand konnte Jackson in „Eine unerwartete Reise“ und „Smaugs Einöde“ noch recht gut kaschieren, aber in „Der Hobbit: Die Schlacht der Fünf Heere“ ist er jetzt umso offensichtlicher. Der 250 Millionen Dollar teure Fantasy-Actioner hat lediglich zwei große Schlachten und ausgiebigen Abschiedsszenen zu bieten und weist somit spürbar weniger erzählerische Substanz auf als sein direkter Vorgänger. Action und Kämpfe sind aber immerhin so kraftvoll inszeniert wie eh und je (trotz eines zuweilen störend hohen CGI-Anteils) und wie immer kann Jackson mit spektakulären Schauwerten begeistern. Das reicht zu einem insgesamt guten Werk, das deutlich hinter Teil 2 zurückfällt und minimal über dem Niveau des ersten „Hobbit“-Films liegt.

    Da wo „Smaugs Einöde“ mit einem krachenden Cliffhanger endete, nimmt Peter Jackson in „Die Schlacht der Fünf Heere“ die Erzählfäden wieder auf: Der gefährliche Drache Smaug (Benedict Cumberbatch) wird nach seiner Vertreibung aus der ehemaligen und Nun-wieder-Zwergenheimat Erebor von blinder Wut getrieben, was zuerst die Menschen in Seestadt zu spüren bekommen. Der Feuerspeier legt dort alles in Schutt und Asche, den überlebenden Bewohnern der Stadt auf dem Wasser bleibt nur die Flucht. Einzig der Bogenschütze Bard (Luke Evans) nimmt all seinen Mut zusammen und stellt sich dem kaum verwundbaren Drachen entgegen. Die Menschen suchen unterdessen Zuflucht in Erebor, wo sich Zwergen-Anführer Thorin Eichenschild (Richard Armitage) und seine zwölf Gefolgsleute sowie der Hobbit Bilbo Beutlin (Martin Freeman) eingerichtet haben. Doch Thorin hat angesichts des riesigen Goldschatzes im Bauch der Festung die „Drachenkrankheit“ gepackt. Er verfällt in Allmachtsfantasien und versagt den Flüchtigen aus Seestadt die Unterstützung. Auf der Seite der Menschen stehen als Erzfeinde der Zwerge dagegen die Elben um Anführer Thranduil (Lee Pace). Doch auch Sauron will das Gold von Erebor und schickt die gigantischen Armeen der abgrundtiefen bösen Orks um Anführer Azog (Manu Bennett) und ihrer Verbündeten los. Plötzlich haben sich fünf Heere vor den Toren der Zwergenstadt versammelt und die Zeichen stehen auf Krieg. Bilbo hofft, die Eskalation noch verhindern zu können, indem er den berühmten Arkenstein, den er dem rachekranken Thorin gestohlen hat, den Elben zum Handel anbietet.

    Zwei Trilogien, etliche Jahre Lebenszeit - Peter Jackson ist filmisch mit J.R.R. Tolkien fertig. Das bekennt der Neuseeländer nach dem Abschlussfilm „Der Hobbit: Die Schlacht der Fünf Heere“ freimütig. Kommerziell hat sich auch der „Hobbit“-Mammutakt auf jeden Fall gelohnt: „Eine unerwartete Reise“ (1,02 Milliarden Dollar) und „Smaugs Einöde“ (958 Millionen Dollar) spielten weltweit fast zwei Milliarden Dollar allein an der Kinokasse ein und mit „Die Schlacht der Fünf Heere“ wird sicherlich noch knapp eine Milliarde hinzukommen. Künstlerisch liest sich Jacksons Bilanz hingegen nicht ganz so triumphal. Konzeptionell steckte der Filmemacher allerdings auch in einer kaum lösbaren Zwickmühle: „Der Hobbit“ ist ein Kinderbuch, doch Jackson musste dem Anspruch der meisten Anhänger seiner nicht gerade kinderfreundlichen „Herr der Ringe“-Filme gerecht werden, die sich eine Wiederbelebung des Mittelerde-Gefühls wünschten, wie sie es aus jener ersten Trilogie kannten. Und dieser Erwartung kam der Regisseur nach einer Stunde singender „Der Hobbit“-Huldigung in „Eine unerwartete Reise“ konsequent nach. „Smaugs Einöde“ weist dann schon durchgängig den Erzählton von „Der Herr der Ringe“ auf und bei „Die Schlacht der Fünf Heere“ treibt es der Regisseur jetzt auf die Spitze. Das gewaltige Schlachtenepos ist definitiv kein Kinderfilm, vielmehr kann man Eltern nur davor warnen, ihren Nachwuchs in dieses fast zweieinhalbstündige Gemetzel zu schicken, weil es für jüngere Zuschauer viel zu unheimlich und brutal ist.

    Dass der dritte „Hobbit“-Film nun trotz seiner handwerklichen Klasse hinter dem Vorgänger zurückbleibt, hat zwei Hauptgründe. Zum einen fehlt dem Werk mit der extrem einseitig auf Smaugs Angriff auf Seestadt, die titelgebende monumentale Schlacht der Fünf Heere sowie den Abschied von allen Beteiligten und Toten zugespitzten Handlung die erzählerische Ausgewogenheit und durch den starken Akzent auf Action auch die Substanz. Das wird durch die überragenden Schauwerte der Schlachten, bei denen sich einmal mehr Jacksons Meisterschaft als Regisseur von Massenszenen und Kämpfen zeigt, allerdings recht gut kaschiert. Allerdings hat die Konzentration auf Äußerlichkeiten zugleich auch zur Folge, dass die großen Gefühle, die zu einem Epos wie diesem dazugehören, zu nicht unbeträchtlichen Teilen auf der Strecke bleiben – und das fällt deutlich stärker ins Gewicht. Jackson versucht dieses Defizit wettzumachen, indem er dem Publikum ans Herz gewachsene alte Bekannte in kleinen Nebenhandlungen ins Feld schickt, was immerhin in Ansätzen gelingt. Während Gandalf (Ian McKellen) und Legolas (Orlando Bloom) zumindest am Rande noch aktiv ins Geschehen eingreifen, absolvieren Galadriel (Cate Blanchett), Elrond (Hugo Weaving), Saruman (Christopher Lee) und der alte Bilbo (Ian Holm) allerdings kaum mehr als Cameos - trotzdem ist es eine Freude, sie alle wiederzusehen.

    Die deutlichen erzählerischen Schwächen würden anderen Filmen womöglich das Genick brechen, aber das ist hier anders, denn inszenatorisch liefert Peter Jackson erneut Arbeit auf allerhöchstem Niveau ab. Seine epischen Schlachten einschließlich der auch hier wieder tollen Musik von Howard Shore könnte sich der neuseeländische König Mittelerdes patentieren lassen – da vermag ihm kaum ein anderer Filmemacher das Wasser zu reichen. Voller Grimm hauen sich Orks, Zwerge, Elben, Menschen und ein Hobbit die Schädel ein, und immer wenn man denkt, das Lebenslicht einer wichtigen Figur erlischt, kommt von irgendwo ein Pfeil oder eine Axt geflogen – jedenfalls bis zum verlustreicheren Finale. Dabei wechselt Jacksons Stammkameramann Andrew Lesnie immer wieder in die Vogelperspektive und fängt majestätische 3D-Panoramen ein, in denen die monströs-beeindruckenden realen Bauten wie etwa das Tor von Erebor besonders gut zur Geltung kommen. Immer wenn wir die ganze Dimension von Jacksons filmischer Tolkien-Welt bewundern dürfen, kommt echte Kino-Magie auf, da fällt letztlich auch der CGI-Overkill in einigen Innenaufnahmen Erebors und vor allem in der brennenden Seestadt nicht allzu stark ins Gewicht. Ein bisschen weniger Computereinsatz hätte der Atmosphäre jedoch insgesamt durchaus gut getan. Der bereits bei den ersten beiden Filmen vieldiskutierte Einsatz der sogenannten High Frame Rate (mit 48 statt 24 Bildern pro Sekunde) bleibt im Ergebnis wiederum weiterhin Geschmackssache.

    „Die Schlacht der Fünf Heere“ ist ein Kriegsfilm, die Mimen haben sich der Dynamik des Kampfes zu unterwerfen. Martin Freeman („Per Anhalter durch die Galaxis“) als junger Bilbo Beutlin strahlt immerhin einige Chuzpe aus, er stiehlt sich schelmenhaft einige Szenen und besitzt auch als einziger so etwas wie Ambivalenz. Die restlichen Figuren weisen hingegen keine sonderliche Tiefe oder Finesse auf - für Abgründe ist im Schlachtengetümmel einfach kein Raum. Das extremste Beispiel ist der Seestadt-Schurke Alfrid (Ryan Gage), der sich in seiner plumpen und unablässigen Hinterhältigkeit letztlich als komplett überflüssig erweist. Selbst Richard Armitage als zwischen Wahnsinn und Herzensgüte hin- und hergerissener Thorin nutzt die „Beförderung“ zum formalen Hauptdarsteller wenig, weil er das innere Drama nicht ausspielen kann und so wirkt der Wandel des Zwergenführers abrupt und holprig. Am Ende ist „Die Schlacht der Fünf Heere“ trotz allem ein versöhnlicher Abschluss für die Trilogie und auch für den Zyklus von allen sechs Mittelerde-Filmen. Und wenn Peter Jackson zum großen Abschiednehmen ins Auenland zurückkehrt, dann beschwört er ein letztes Mal erfolgreich jenen unverwechselbaren Geist, den er einst mit „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ zum ersten Mal auf die Leinwände zauberte.

    Fazit: Mittelerde im Krieg - Peter Jackson bläst zum letzten Halali! Der Abschluss seiner „Hobbit“-Trilogie ist ein technisch erstklassiges Fantasy-Action-Abenteuer, das emotional unterentwickelt und erzählerisch monoton sein mag, aber immerhin die größte Schlacht der Reihe (vielleicht sogar der Kinogeschichte) und ein warmherziges Ende bietet.

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