Auf Jeansboys hat er besonders gestanden, mit ihnen hat er sich gern auf öffentlichen Toiletten Wiens getroffen, mit ihnen hat er seine Sexualität ausgelebt. Davon ist nun nichts mehr zu spüren, denn inzwischen ist Hermes Phettberg nach zahlreichen Operationen und Hirnschlägen ein physisches Wrack. Attraktiv war er noch nie, in den Zeiten, als er es dank seiner auch in 3sat ausgestrahlten Talkshow „Nette Leit Show“ zu einer gewissen Berühmtheit im deutschsprachigen Raum gebracht hatte, wog er an die 170 Kilo, was sein lautmalerischer Künstlername Phettberg zusätzlich zu betonen schien. Zurückhaltend war der als Josef Fenz geborene Exzentriker also noch nie, dezent auch nicht, im Gegenteil: Phettberg ist ein geborener Selbstdarsteller, der dadurch bekannt wurde, dass er sich, sein Äußeres und auch sein Innerstes schonungslos und unverblümt zu Markte trägt. Dabei stellte er auch seine sadomasochistischen Neigungen explizit aus, was so weit führte, dass er sich schon mal nackt in einem Museum anketten ließ und sich den Besuchern auslieferte. So einer Person wirklich nahezukommen ist schwer und so versucht es Sobo Swobodnik in seiner schon 2011 entstandenen Dokumentation „Der Papst ist kein Jeansboy“ auch gar nicht erst. Was seinen Film nicht weniger interessant macht, sondern ihm guttut.
Statt in klassischer dokumentarischer Manier Leben und Werk von Hermes Phettberg Revue passieren zu lassen, bleibt Regisseur Swobodnik trotz der Entscheidung, den Film in Schwarz-Weiß zu drehen, konsequent in der Gegenwart: Er besucht den inzwischen völlig abgemagerten, buckligen, durch die Schlaganfälle sprachgestörten Phettberg in dessen Wiener Sozialwohnung, lässt ihn erzählen und sinnieren. Der Porträtierte mag körperlich angeschlagen sein, aber seine Lust am Fabulieren und Provozieren ist ungebrochen. Dazu kommt gelegentlich einer der wenigen verbliebenen Freunde zu Besuch, mal schleppt sich Phettberg mühselig die Treppen runter, zu einem seiner seltenen Spaziergänge, die er alle paar Hundert Meter unterbricht, um zwischen Autos zu pinkeln. Schön ist das nicht anzusehen, doch Mitleid kommt genauso wenig auf wie Verachtung oder Verklärung. Swobodnik stilisiert Phettberg eben nicht zur bizarren Gestalt oder zur Jahrmarktsattraktion, sondern lässt aus zurückhaltender Beobachtung das Porträt eines ungewöhnlichen, vielschichtigen Menschen mit all seinen faszinierenden Widersprüchen entstehen.
Fazit: Sobo Swobodniks „Der Papst ist kein Jeansboy“ über den Wiener Exzentriker, Autor und Performancekünstler Hermes Phettberg ist das einfühlsam-unaufgeregte Porträt einer schillernden Persönlichkeit.