Mitunter muss man gar nicht in die Ferne schweifen, um das Thema für einen spannenden Dokumentarfilm zu entdecken: Die junge Filmemacherin Alexa Karolinski findet mit ihrer jüdischen Großmutter Regina Karolinski und deren langjähriger Freundin Bella Katz gleich vor der eigenen Haustür zwei Protagonistinnen, die viel und vor allem Spannendes zu erzählen haben. Mit einfachen Mitteln ist der Enkelin ein intimes Porträt zweier Frauen in den Achtzigern gelungen, das viel über die Mentalität der Großelterngeneration verrät und in dem ganz nebenbei von einem Stück deutsch-jüdischer Geschichte erzählt wird.
Regina Karolinski und Bella Katz, die ursprünglich aus Polen bzw. Litauen stammen, teilen sich eine Wohnung in Berlin, um in ihrem hohen Alter nicht alleine leben zu müssen. Beim gemeinsamen Kochen jiddischer Gerichte aus ihrer Kindheit, beim Fernsehen oder Kartenspielen geben sich die Freundinnen gegenseitig Halt. Mit viel Geduld und Empathie beobachtet Reginas Enkelin Alexa Karolinski die Frauen und lauscht den Berichten aus zwei bewegten, abwechslungsreichen Leben. Bellas Erzählung von ihrer Flucht aus einem Arbeitslager der Nationalsozialisten oder die Erinnerungen an die Berliner Luftbrücke stehen dabei neben Anekdoten über die erste Zigarette oder den feschen Anzug des vormaligen Geliebten sowie Gesprächen über die Bürden des Alterns.
Alexa Karolinski betreibt keinen großen technischen Aufwand, gerade dadurch bekommt „Oma & Bella" eine geradezu heimelige Atmosphäre und eine faszinierende Unmittelbarkeit: Wir begleiten eine Enkelin, die ihre Großmutter besucht. Die gelegentlich mit Musikstücken unterlegten Aufnahmen sind technisch nicht immer perfekt, die schmucklose Machart verlangt dem Zuschauer durchaus auch Geduld ab. Wie beim Besuch eines Friseurs oder einer Behörde kann es trotz der kurzen Laufzeit von 76 Minuten zwischendurch schon einmal etwas langatmig werden. Wer sich jedoch auf den Film und dessen Protagonistinnen einlässt, wird man mit vielen kleinen wahrhaftigen Momenten belohnt.
Fazit: „Oma & Bella" ist gleichzeitig das Porträt zweier interessanter Frauen und ein Dokument deutsch-jüdischer Geschichte. Geschickt nutzt Alexa Karolinski dabei die Flexibilität moderner Aufnahmetechniken, um ihren Protagonistinnen besonders nahezukommen.