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    V/H/S - Eine mörderische Sammlung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    V/H/S - Eine mörderische Sammlung
    Von Robert Cherkowski

    Mit dem Videorekorder wurde das Heimkino in den 80er Jahren populär, auf VHS-Kassetten hielt die ganze weite Welt des Films in die Wohnzimmer Einzug. Natürlich regte sich da auch schnell Kritik, gerade die ständige Verfügbarkeit von Horrorfilmen wurde als Bedrohung für die Psyche Heranwachsender bezeichnet. In England sprach man von „Video Nasties", in hiesigen Gefilden von „Gewaltvideos", und auch im Kino selbst wurde der Trend zum Thema: Der österreichische Regie-Didaktiker Michael Haneke drehte mit „Benny's Video" einen beachtlichen, doch auch höchst belehrenden Film darüber, was passiert, wenn Kinder zu viel Video gucken. Der wohl klügste und berüchtigtste filmische Diskussionsbeitrag war allerdings „Videodrome" von David Cronenberg, der Marshall McLuhans berühmten Satz „Das Medium ist die Botschaft" mit seinem exzentrischen Body-Horror mixte. Heute mag VHS zwar so gut wie tot sein, in den Herzen und Erinnerungen lebt die gute alte Videokassette aber weiter: Nicht zufällig wurde in „Ringu" der Horror-Virus durch ein Video übertragen. Im Episoden-Horrorschocker „V/H/S" verknüpfen die Regisseure David Bruckner, Glen McQuaid, Joe Swanberg, Ti West und Adam Wingard sowie das vierköpfige Filmemacher-Kollektiv Radio Silence nun den Kult ums angestaubte Videotape mit dem Found-Footage-Hype. Sie überraschen mit cleveren Ideen, dichter Atmosphäre und harter Gore-Gewalt.

    Eine vierköpfige Bande von Halbstarken (Adam Wingard, Calvin Reeder, Kentucker Audley, Lane Hughes) hat sich auf die Belästigung von Mitmenschen, Sachbeschädigung und anderen Unfug spezialisiert. Besonderer Kick: Bei den Schandtaten filmt sich das Quartett selbst. Eines Tages beauftragt ein mysteriöser, nie näher vorgestellter Dunkelmann die Bande, eine mysteriöse VHS-Kassette aus einem abgelegenen Haus zu stehlen. Das lässt sich die Clique natürlich nicht zweimal sagen und bricht eines Nachts dort ein – natürlich nicht, ohne sich während der Tat selbst zu filmen. Schnell müssen die Rowdys jedoch feststellen, dass sie ein Problem haben: Nicht nur, dass sie den Hauseigentümer tot in einem Sessel finden, auf den überall herumliegenden VHS-Kassetten, von denen sie sich einige ansehen, sind auch zahlreiche Schreckenstaten zu sehen. Und dann ist plötzlich der gerade noch so tote Hausbesitzer verschwunden...

    Auf den Videos, die die Bande findet und anschaut, befinden sich nicht zusammenhängende Kurzfilme, allesamt im pseudo-realistischen Found-Footage-Stil vermeintlicher Privatvideos: Da geht ein Aufreißer-Abend mit angetrunkenen Frauen für eine Bande von besoffenen Proleten ganz anders aus als geplant, da sich eine der Damen als liebestrunkene Dämonin entpuppt. Weiter geht's mit einem Flitterwochentrip, der zu einem mörderischen Exzess inklusive mysteriösem Nebenbuhler ausartet. Auch eine klassische Teenies-werden-im-Wald-von-einem-mörderischen-Schlitzer-dezimiert-Episode darf nicht fehlen. Dazu kommt ein Online-Flirt, der sich zu einem paranormalen Psychohorror entwickelt und schließlich läuft auch noch eine Halloween-Party aus dem Ruder.

    Wer die etwas alberne Prämisse akzeptiert, wird mit einer sympathisch altmodischen Horror-Anthologie belohnt, wie sie der Genre-Freund aus den 80ern in bester Erinnerung hat. Wer denkt nicht gern an die zahlreichen Stephen-King-Sampler wie „Creep Show" oder „Katzenauge" zurück, in denen die aneinandergereihten Episoden nur durch ein überkonstruiertes Korsett zusammengehalten wurden. Auch die Storys von „V/H/S" sind nicht der Stoff, aus dem abendfüllende Filme hätten werden können, die Episoden sind vielmehr bewusst klein gehalten und auf eine einfache, klare Pointe hin entwickelt und runtergedreht - etwa 20 Minuten pro Geschichte, knackig erzählt und packend auf den Punkt gebracht: Das nennt man ökonomisch.

    Die Regisseure – zu denen unter anderem das hoch gehandelte Wunderkind Ti West („House of the Devil") zählt, das hier für die fabelhafte Flitterwochen-Episode verantwortlich ist – sind echte Genre-Fans, die mit dem Found-Footage-Prinzip und anderen Versatzstücken spielen, ohne in Richtung Parodie auszuscheren. Auch wenn so manches Mal pechschwarzer Humor durchblitzt, ist „V/H/S" erstaunlich ernst und konsequent. Hier werden Menschen noch nach alter Schule auseinandergenommen – das treibt den Jugendschützern die Zornesröte ins Gesicht und den Splatterfans geht das Herz auf.

    Fazit: „V/H/S" ist eine kernig-kompromisslose Horror-Anthologie für Genre-Fans. Das abgedroschene Found-Footage-Prinzip wird hier als Rahmen für eine clevere Versuchsanordnung genutzt, bei der klassische Qualitäten und eine aktuelle Standortbestimmung Hand in Hand gehen.

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