In den vergangenen Jahren ist die deutsche Komödie regelrecht zum Event-Kino aufgestiegen – zumindest legen die enormen Einspielergebnisse deutscher Top-Produktionen diesen Schluss nahe. Massiv erfolgreiche Filme wie Til Schweigers „Keinohrhasen" oder die Kino-Späße eines Michael „Bully Herbig" haben das Genre in der Publikumsgunst steigen lassen und ihm ein neues Profil verliehen. Doch während diese Filme durch die produktionstechnische Aufwertung auf den Stand vergleichbarer amerikanischer Retortenerzeugnisse gehievt wurden, geraten nicht selten grundlegende Qualitäten wie Handlung und Figurenentwicklung ins Hintertreffen. Regisseur Stefan C. Schaefer geht mit „Nie mehr ohne Dich" noch einen Schritt weiter in Richtung Amerikanisierung und verlegt seinen Stoff konsequent ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Leider erweist sich die US-deutsche Gemengelage als „worst of both worlds", denn trotz des vordergründigen kosmopolitischen Flairs ist Schaefers romantische Komödie vor allem eins: ziemlich bieder.
Niklas (Ken Duken) hat es im Leben schon weit gebracht: Trotz seiner Jugend ist er bereits Vizepräsident eines global agierenden Unternehmens. In dieser Funktion wird er mit der undankbaren Aufgabe betraut, die New Yorker Filiale der Firma wegen mangelnder Rentabilität zu schließen. Gleich zu Beginn seines Kurztrips lernt er die sensible Musikerin Leticia (Nicole Beharie) kennen, verliert sie jedoch sofort wieder aus den Augen – eine flüchtige Begegnung, die seinen Aufenthalt verlängert, plant er doch, sie wiederzufinden und zu erobern. Die Sache hat aber einen kleinen Haken: Leticia hatte einen Job in jenem Büro, dessen Angestellte Niklas erst am Vormittag samt und sonders entlassen hat...
Protagonist Niklas ist ein Unsympath, wie er im Buche steht – ein eitler Geck im maßgeschneiderten Anzug, zu keiner Empathie fähig. Die ideale Ausgangslage also, um die altbekannte Wandlung vom Fiesling zum Gutmenschen zu inszenieren. Auch Niklas, so soll suggeriert werden, ändert seine kalte, analytische Perspektive durch die romantischen Stunden, die er mit der gefühlsbetonten Leticia verbringt. Doch genau hier liegt ein großes Problem von „Nie mehr ohne dich": Niklas bleibt den ganzen Film über unsympathisch und mutmaßlich gefühlsarm. Bis zuletzt versucht er, Leticia mit Geld und Versprechungen eines ruhmreichen Musikerlebens zu ködern.
Ken Duken spielt diese hölzerne Rolle weisungsgemäß. Und auch Nicole Beharie kann mit ihrem sympathischen, wenngleich streckenweise deutlich überzogenen Spiel nicht ausgleichen, was dem Figurenentwurf fehlt. Hier offenbaren sich Defizite des Drehbuchs, denn wenn das Verhältnis zweier Menschen zueinander das Fundament eines Films bilden soll, dann dürfen Dialogwitz und Figurenzeichnung nicht so sträflich vernachlässigt werden. Leider erschöpfen sich die Gespräche zwischen Niklas und Leticia in Oberflächlichkeiten und billigem Spiritualismus à la „alles passiert aus einem bestimmten Grund".
Erschwerend kommt hinzu, dass die Nebenfiguren bestenfalls Beiwerk sind und in keiner Beziehung zur Handlung stehen. Leticias Vater, der Pastor Lester Johnson, bringt floskelhafte Religiösität ins Spiel, während ein Limousinenfahrer als völlig überzeichnete Figur mit türkischem Akzent höchstens ein peinlicher Minderheitenwitz ist. So, wie auch bei „Keinohrhasen" der Schauplatz Berlin wie ein blitzsauberes München wirkt, inszeniert Schaefer New York mit einer Downtown-Postkarten-Ästhetik. Die perfekt durchgestylte Produktion soll nichts anderes als Popcorn-Atmosphäre schaffen – eine fragwürdige Prioritätensetzung kann und muss man „Nie mehr ohne dich" allerdings doch vorwerfen: Kratzt man den Produktions-Lack ab, bleibt nicht mehr viel übrig.
Fazit: „Nie mehr ohne Dich" ist nur sehr bedingt unterhaltsame Hochglanz-Komödienkost mit hinlänglich bekannten und dabei achtlos dosierten Zutaten. Hier bleibt man letztlich bloß ähnlich emotionslos und unbeteiligt wie der Protagonist des Films.