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    Sammys Abenteuer 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Sammys Abenteuer 2
    Von Christoph Petersen

    Welcher dieser Animationsfilme hatte im Jahr 2010 in Deutschland wohl die meisten Kinozuschauer: die Hollywood-Fastfood-Orgie „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen", der Superhelden-Spaß „Megamind" mit den Stimmen der Superstars Will Ferrell und Brad Pitt oder das belgische Schildkröten-Öko-Märchen „Sammys Abenteuer"? Wenn wir schon so blöd fragen, liegt die Antwort wohl auf der Hand: Ja, Belgien hat sich gegen die zigmal teurere Konkurrenz aus der Traumfabrik durchgesetzt und mit mehr als einer Million Zuschauer locker den Sieg an den Kinokassen davongetragen! Wenn ein europäisches Studio einen solchen Hit landet, setzen sich natürlich dieselben Mechanismen in Gang wie in Hollywood, sprich: Es wird eine Fortsetzung produziert. Doch statt auf Nummer sicher zu gehen und dem Publikum noch mehr vom selben zu servieren, wagt Regisseur Ben Stassen mit „Sammys Abenteuer 2" einen mutigen Schnitt: Der kleine Sammy ist im Sequel eine Schildkröte im Rentenalter und statt als weiteres Roadmovie präsentiert sich die Fortsetzung als Unterwasser-Version von „Ocean's Eleven".

    In „Sammys Abenteuer" sind die Schildkröten-Kinder Sammy und Ray beste Freunde geworden. Zu Beginn des zweiten Teils sind die beiden nun gestandene Großväter, die sich am Strand darum kümmern, dass es der frisch geschlüpfte Familiennachwuchs unbeschadet bis ins Meer schafft. Doch während sich die gefräßigen Möwen noch vertreiben lassen, haben die kleinen Reptilien gegen die plötzlich auftauchenden Fischer keine Chance. Die Schildkröten-Opas werden in ein luxuriöses Hotel-Aquarium in Dubai gebracht, um dort den exklusiven Gästen eines Unterwasser-Restaurants als Showeinlage zu dienen. In dem neuen Zuhause ist es zwar komfortabel und man muss auch nicht ständig Angst haben, gefressen zu werden, doch Sammy (Stimme: Detlev Buck) und Ray (Axel Stein) wollen zurück zu ihren Frauen und planen deshalb einen Ausbruch. Allerdings müssen sie es dazu zunächst einmal mit dem mafiösen Seepferdchen Big D (Der Graf) und seinen Muränen-Schergen Philipp und Marco (Sascha Vollmer & Alec Völkel von The BossHoss) aufnehmen. Die haben in dem Aquarium nämlich das alleinige Sagen und verbieten allen mitgefangenen Meeresbewohnern, etwas auf eigene Faust zu unternehmen...

    Natürlich erwartet ein Publikum von einer Fortsetzung ähnliche Qualitäten wie vom Original. Aber mitunter nehmen Produzenten diese Erkenntnis auch zu wörtlich. Zum Beispiel war die Freude nicht sonderlich groß, als sich „Hangover 2" als lediglich nach Bangkok verlegtes Quasi-eins-zu-eins-Remake des ersten Teils erwies. Bei „Sammys Abenteuer 2" ist das ganz anders. Statt als episodisches Ozean-Roadmovie entpuppt sich die Fortsetzung als launiger Ausbrecherfilm mit stark gealterten Protagonisten, einer deutlich stringenteren Handlung und einer illustren Schar amüsanter Nebenfiguren (vor allem der superhässliche und von Comedian Paul Panzer lispelnd eingesprochene Blobfisch Jimbo sahnt einen Lacher nach dem anderen ab). Da fällt es leichter, über die ärgerlich klischeehafte Darstellung der menschlichen Bösewichte hinwegzusehen. Eigentlich ist bei uns in der Redaktion Political Correctness ein Schimpfwort, doch bei den Porträts der jamaikanischen Fischern und des indischen Restaurantleiters wäre ein wenig mehr Feingefühl durchaus angebracht gewesen.

    Versteht uns nicht falsch, die Filme der Pixar-Studios („Merida", „Toy Story 3") warten jedes Mal mit einer technisch brillanten 3D-Umsetzung auf. Trotzdem ist es schade, dass inzwischen fast alle Hollywood-Animationsstudios die Pixar-Maxime übernommen haben, den Zuschauer ganz behutsam in die Welt des Films hineinschauen zu lassen und ihm bloß nichts aus dem Bild heraus entgegenzuschleudern. Denn wenn man schon mehrere Euro Zuschlag pro Ticket auf den Tresen legt, dann darf die 3D-Technik ruhig auch ins Auge springen. In dieser Hinsicht lohnt sich bei „Sammys Abenteuer 2" jeder Cent. Die Animationen befinden sich allesamt auf einem Hollywood-konkurrenzfähigen Niveau und das muntere Spiel mit der dritten Dimension entpuppt sich schnell als eben gerade nicht allzu heimlicher Star des Films! Wenn die Meerestiere von einer Strömung mitgerissen werden, dann geht es richtig rund. Und da ist es auch vollkommen okay, jede erzählerische Beherrschung aufzugeben und einfach mal achterbahnmäßigen Spaß zu haben.

    Fazit: Kindgerecht-kurzweilige Familienunterhaltung made in Belgien, die sich vor der nur scheinbar übermächtigen Konkurrenz aus Hollywood absolut nicht zu verstecken braucht.

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