Kommt ein Film aus dem Nichts und sahnt an den Kinokassen ab, dauert es für gewöhnlich nicht lange, bis die großen Hollywoodstudios reagieren und möglichst schnell möglichst viele möglichst ähnliche Filme auf den Markt werfen. Eine der wenigen Ausnahmen ist „Blair Witch Project" – zwar gibt es einen zweiten Teil, aber die Studios haben damals aus dem Erfolg noch nicht die Lehre gezogen, dass sich auch mit minimalem Budget Blockbuster produzieren lassen. Diese Einsicht folgte erst zehn Jahre später, als mit „Paranormal Activity" erneut ein Horrorfilm mit Mini-Budget mehr als 100 Millionen Dollar allein in Nordamerika einspielte. Als Reaktion auf diesen Megaerfolg hat das „Paranormal"-Studio Paramount nicht nur bisher drei Fortsetzungen in Auftrag gegeben, sondern außerdem eine eigene Abteilung für Filme mit einem Budget von weniger als einer Million Dollar gegründet. Ein radikaler Schritt, der sich gleich im ersten Anlauf ausgezahlt hat: William Brent Bells Found-Footage-Exorzismus-Schocker „Devil Inside" übertraf selbst die kühnsten Erwartungen und spülte allein am ersten Wochenende mehr als 34 Millionen Dollar in die US-Kinokassen. In der zweiten Woche folgte dann aber das böse Erwachen: Der Film stürzte um fast 80 Prozent ab, was vor allem an der katastrophalen Mundpropaganda lag – und auch wir können nicht anders, als in diesen Chor enttäuschter Kinogänger einzustimmen.
Am 30. Oktober 1989 tötete Maria Rossi (Suzan Crowley) drei Menschen, während ein Exorzismus an ihr durchgeführt wurde. Seitdem ist sie in einer psychiatrischen Klinik in Rom untergebracht. Zwanzig Jahre später beschließt Marias Tochter Isabella (Fernanda Andrade), eine Dokumentation über Exorzismen zu drehen, für den sie auch ihre Mutter besuchen will. Gleich das erste Treffen überzeugt Isabella davon, dass ihre Mutter noch immer besessen sein muss, doch die Katholische Kirche lehnt es ab, den Fall zu untersuchen. Zum Glück begegnet Isabella in einem Seminar den Priestern Ben (Simon Quarterman) und David (Evan Helmuth), die heimlich Exorzismen an Besessenen durchführen, die von der Kirche nicht als solche anerkannt wurden. Erst sieht es so aus, als würde Maria auf Weihwasser und Kruzifixe nicht weiter reagieren, doch dann legt die betagte Dame richtig los...
Found-Footage-Filme sind oft deshalb so effektiv, weil sie den Anschein des Authentischen wahren. Selbst wenn man als Zuschauer ganz genau weiß, dass das alles natürlich nicht echt ist, zieht einen die Atmosphäre des scheinbar Realen trotzdem in ihren Bann. Deshalb stehen im Zentrum solch erfolgreicher Genrebeiträge wie „Blair Witch Project" oder „Paranormal Activity" auch immer sehr lebensnahe und glaubwürdige Figuren, die überzeugend dargestellt werden. „Devil Inside" mangelt es an beidem: Isabella und ihr Regisseur/Kameramann Michael (Ionut Grama) drehen zwar in Rom alles Mögliche, was mit Exorzismen zu tun hat, trotzdem bekommt man bis zum Ende kein wirkliches Gefühl für ihre Arbeit - ist das nun eine ernsthafte Dokumentation oder doch eher Geister-Reality-TV fürs Privatfernsehen? Auch in den Teufelsaustreibungs-Sessions werden lediglich die üblichen Besessenheits-Klischees abgespult – diverse gotteslästerliche Flüche, dazu ein paar verdrehte Gliedmaßen, fertig ist der allenfalls leidlich spannende Exorzismus-Cocktail. Wo es „Der letzte Exorzismus" erst vor kurzem gelang, das Genre regelrecht auf den Kopf zu stellen, klauen die Macher von „Devil Inside" hemmungslos bei den Klassikern des Exorzismusfilms, ohne dass auch nur ein Anflug von eigenen Gedanken spürbar würde.
„Devil Inside" ist insgesamt kein guter Film, aber der Unmut erzürnter Zuschauer und Kritiker entzündet sich hauptsächlich an seinem Ende – und da sind wir eindeutig anderer Ansicht: Die finale Szene ist ein einziges großes „Fuck You All!" – und das ist doch das Gute an für wenig Geld gedrehten Filmen, dass man sich auch mal etwas Provokantes und Radikales zutrauen kann. Trotzdem hätten die Macher auf das Weiterverweisen auf eine filmeigene Website (www.therossifiles.com) ganz am Ende besser verzichtet, dieser Marketing-Gag hinterlässt dann doch einen unangenehmen Nachgeschmack - ein Film soll gefälligst im Kino enden und nicht erst später zu Hause vor dem PC (wobei uns die Figuren derart kaltgelassen haben, dass wir die Website trotz offensiv platzierter Aufforderung gar nicht erst besucht haben).
Fazit: Verfolgt man im Internet die Publikumskommentare zu „Devil Inside", regt sich der überwiegende Teil der Zuschauer vor allem über das Ende auf – dabei ist das noch das Beste an diesem hemmungslos zusammengeklauten, amateurhaft inszenierten Exorzismus-Horror.