Inhalt:
Der Film Zero Dark Thirty von der oscarprämierten Regisseurin Kathryn Bigelow (The Hurt Locker), der bisher einzigen Frau, die mit dem Acadamy Award für die „Beste Regie“ ausgezeichnet wurde, befasst sich mit der Suche und der Tötung von Osama bin Laden durch die Vereinigten Staaten von Amerika.
Es geht um die Analytikerin Maya, gespielt von Jessica Chastain, die nach den Terroranschlägen des 11. Septembers von der CIA beauftragt wird nach Osama bin Laden zu suchen. Dabei erstreckt sich die Handlung des Films vom 11. September 2001 bis zur Tötung bin Ladens. Der Film greift dabei auch Ereignisse, wie die Anschläge in London oder auf das Marriott-Hotel in Islamabad. Dabei dreht sich die Handlung immer um Maya. Erst am Ende des Films, als die eigentliche Erstürmung des Hauses ungewöhnlich lange und detailliert gezeigt wird, rückt sie in den Hintergrund, aber auch nur für die Dauer des Einsatzes. Im Großen und Ganzen bleibt Zero Dark Thirty aber ein klassischer Thriller mit streng linearer Handlung.
Die Hauptfigur:
Die Hauptfigur Maya ist eine junge hochintelligente Frau, die sich in ihrer gesamten Laufbahn bei der CIA nur mit der Suche nach Osama bin Laden befasst. Am Anfang wirkt sie noch etwas zurückhaltend und schüchtern, wird aber im Laufe des Films immer konsequenter und kann sich auch immer mehr gegenüber ihrer Vorgesetzten durchsetzen.
Die Rolle der Maya wird von Bigelow nicht so klischeehaft wie viele andere Frauen in Filmen dargestellt. Sie ist nicht dumm und setzt sich nur in der von Männern dominierten Welt der CIA mithilfe ihres Aussehens und sexueller Attribute durch. Aber sie ist auch keine typische Feministin, die Mitte 50 ist und den Männern immer vorhalten muss, was sie alles auch kann und dass sie mindestens genauso gut Auto fahren kann.
Maya ist eine starke Frau, ein Workaholic, die sich voll und ganz auf ihre Aufgabe konzentriert und auch nicht nachlässt, wenn sie etwas will. Sie zeigt aber in vielen Momenten auch Emotionen. Zum Beispiel als ihre einzige Freundin bei einem Attentat stirbt. Und auch am Ende des Films, als sie im Flugzeug zu weinen beginnt. Dort lässt sie endlich raus, was sich im Laufe der Jahre aufgestaut hat. Es sind Tränen der Freude und der Erleichterung, da sie bin Laden endlich gefasst hat, Tränen der Trauer, wegen der vielen Menschen, die dafür sterben mussten. Aber vielleicht auch Tränen der Verunsicherung, da die Sache, mit der sie sich ihr ganzes Leben befasst hat nun zu Ende ist, all das jetzt vorbei ist. Und nun fragt sie sich vielleicht: Was nun? Wie soll es jetzt weitergehen?
Kritik:
Der Film ist inszenatorisch, wie es von Kathryn Bigelow auch nicht anders zu erwarten war, natürlich sehr gelungen. Auch aus schauspielerischer Sicht gibt es nichts zu bemängeln. Die Hauptakteurin spielt ihre Rolle sehr überzeugend und lobenswert, aber auch der restliche Cast macht seine Sache gut, auch wenn Kathryn Bigelow hier eher unbekannte Darsteller einsetzt und Schauspiel-Urgesteine wie James Gandolfini (Die Sopranos) eher im Hintergrund agieren.
Viel Aufsehen hat der Film ja vor allem durch die Darstellung der Folterszenen erlangt. Kathryn Bigelow stellt diese dar ohne wirklich tadelnd zu wirken und ohne sie herunterzuspielen oder zu überdramatisieren. Das gelingt ihr sehr gut, die Szenen wirken echt und verschaffen einem so einen sehr guten Einblick in die grausamen Verhörmethoden und erinnern dadurch an Filme wie Unthinkable, welche die Folter auch sehr explizit dartellen.
Nicht nur die Folterszenen werden ziemlich neutral dargestellt, auch der Rest des Films hat teils dokumentarische Stilmittel, wie zum Bespiel die Erstürmung des Anwesens, die zum Teil im Grün der Nachtsichtgeräte der SEALs gezeigt wird.
Natürlich ist der Film nicht völlig neutral. Die Charaktere der al-Qaida-Mitglieder bleiben ziemlich blass und werden nicht als besonders intelligent dargestellt. Doch sonst lässt Bigelow den Zuschauer sich seine eigne Meinung bilden. Sie hinterfragt nicht, ob es recht war, bin Laden sofort zu töten oder man ihn hätte gefangen nehmen sollen.
Aufgrund seiner zu großen Teilen historischen Korrektheit ist dieser Film auch aus Sicht der Bildung nicht unwichtig und ist für einen amerikanischen Film äußerst unpatriotisch. Auch wenn die Spannung im mittleren Teil kur etwas nachlässt, so wird der Film trotz seiner 157 Minuten nie langweilig und vor allem gegen Ende hin schafft es der Film, obwohl man das Ende bereits kennt, noch einmal richtig nervenaufreibend zu werden.
Wer glaubt, dass sich der Film nur ein Thriller über die Erschießung bin Ladens aus einer sehr amerikanischen Sichtweise ist, der unterschätzt den Film bei weitem. Der Film ist sehr vielseitig, zeigt die Grausamkeiten der Folter auf, bleibt dabei aber dennoch realistisch und er bringt den Zuschauer zum Nachdenken. Für Leute, die sich ein Actionfeuerwerk wünschen, bei dessen Ende Osama bin Laden in Zeitlupe von Kugeln durchsiebt wird, wird von dem Film enttäuscht sein. Aber wer eine einigermaßen realistische Darstellung über die Ereignisse vom 11. September bis zur Erschießung bin Ladens, zu der man sich seine eigene Meinung bilden kann und einem der Regisseur nicht immer vorsagt, was richtig und was falsch ist, der sollte sich diesen Film unbedingt ansehen und dem kann ich Zero Dark Thirty nur empfehlen.