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    Die Ökonomie des Glücks
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Die Ökonomie des Glücks
    Von Andreas Günther

    Überall auf der Welt entdecken Helena Norberg-Hodge, Steven Gorelick und John Page von der International Society for Ecology and Culture (ISEC), die in Deutschland als gemeinnützige Organisation anerkannt ist, den verheerenden Einfluss der Großkonzerne. Alle Nationen und Kulturen würden gleichmacherisch unter das Joch des westlichen Konsumkapitalismus gezwungen. „Globalisierung" nennen die Regisseure und Autoren von „Die Ökonomie des Glücks" dieses Phänomen, das sie für alles Unglück der Menschheit verantwortlich machen. Manches dieser Analyse ist fraglos richtig, doch wenn als Problemlösung die Errichtung einer Art dezentralem Arbeiter-und-Bauern-Staat angepriesen wird, sorgt das für Irritation. „Die Ökonomie des Glücks" kommt im Gewand einer Dokumentation daher, gleicht in der argumentativen Engführung auf die eine absolut gesetzte Wahrheit jedoch viel eher einem plumpen Propagandafilm.

    Am Beispiel des tibetischen Bergvolkes der Ladakhas wird dargestellt, wie das Glück eines einfach lebenden Volkes angeblich durch die „Globalisierung" zerstört wurde. Unter „Globalisierung" verstehen die Regisseure schrankenlose wirtschaftliche Expansion mit Folgen wie der Verelendung und Entwurzelung in der sogenannten Dritten Welt, Arbeitslosigkeit und Selbstentfremdung in den Industrienationen sowie Konsumterror, Ressourcenvernichtung, Umweltzerstörung und kriegerische Konflikte weltweit. Als Gegenmittel wird „Lokalisierung" in Form von örtlicher Landwirtschaft und Energieversorgung, mit lokalen Märkten und Kleinbetrieben und die Besinnung auf regionale Traditionen empfohlen. „Globalisierung" erscheint als Ursache vielfältigen Unglücks durch rücksichtsloses Profitstreben. „Lokalisierung" wird hingegen als Weg zum Glück durch Befreiung von ökonomischen Zwängen zugunsten ökologischer Balance, einem Gefühl von Gemeinschaft und Solidarität, mehr Zeit für die Familie und größerer seelischer Gesundheit vorgestellt.

    Die Mittel, mit denen die Filmemacher und Aktivisten ihr eigentlich sympathisches Anliegen hier verfechten, sind äußerst zweifelhaft. Die zugrunde gelegten Definitionen von „Globalisierung" und „Lokalisierung" wirken willkürlich und dogmatisch. Inbrünstig wiederholt die ISEC-Gründerin und Buchautorin Helena Norberg-Hodge Phrasen über die Verkommenheit der westlichen Lebensweise, als wollte sie sie als unbestreitbare Tatsachen in die Köpfe der Zuschauer hämmern. Auch die Aussagen der interviewten Experten sind problematisch schlicht: Markennamen dienen als Insignien des Bösen, Zahlen, Daten, Fakten fehlen fast gänzlich. Andere, positive Meinungen über die Effekte der Globalisierung werden geflissentlich ausgeblendet.

    Kurzsichtig sind auch die verkündeten Botschaften. Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit tun auf allen Ebenen not. Aber deshalb in archaische Zeiten zurückfallen? Beispielsweise preisen die Filmemacher allen Ernstes lokale Traditionen als bestmögliche Quelle sozialer und persönlicher Identität. Heißt das zum Beispiel auch, dass Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelt werden dürfen, dass sie kein Recht auf Bildung haben, dass sie der Willkür von Ehemännern, Brüdern und Vätern wehrlos ausgeliefert sind, wenn das nun mal in ihrer Gegend so Sitte ist? Sicherlich haben die Filmemacher das nicht gemeint. Aber wer seine Ansichten so undifferenziert äußert, muss sich auch solche zugespitzten Fragen gefallen lassen.

    Generell stehen Norberg-Hodge, Gorelick und Page Technologie und Bildung skeptisch bis ablehnend gegenüber, entfremdeten diese doch angeblich den modernen Menschen von sich selbst und seinen wahren Bedürfnissen. Tragischerweise spielen die Filmemacher damit denjenigen in die Hände, die seit Jahrhunderten ihre Vorherschaft auf Analphabetentum und steinzeitliche Lebensverhältnisse gründen. Zivilisationsmüdigkeit führt die ISEC-Strategen dazu, die Möglichkeiten des Menschen, sich zu einem aufgeklärten, mündigen und selbstbestimmten Wesen zu entwickeln, zu beschneiden.

    Der anmaßende Gipfel der hier vertretenen gefährlich eindimensionalen Weltsicht, ist die Auffassung, letztlich mache allein Ackerbau und Viehzucht glücklich. Die Bauern der Dritten Welt sollen dadurch zu ihrem Auskommen gelangen und die Seele des selbstentfremdeten Menschen soll geheilt werden. Angestrebt wird ein weltweiter ökonomischer Systemwechsel hin zu lokalen Kollektiven mit bäuerlichen Betrieben als wirtschaftlichem Schwerpunkt. Damit wird nicht nur diktiert, worin das Wohl der Menschheit liegen soll. Es werden auch Erinnerungen an menschenverachtende Regime wach, die mit landwirtschaftlicher Umerziehung Formen von „westlicher Dekadenz" ausmerzen wollten.

    Fazit: Berechtigte Kritik an der Globalisierung schlägt um in Glücks-Demagogie.

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