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    Come Rain, Come Shine
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Come Rain, Come Shine
    Von Björn Becher

    Ein Ehepaar Anfang Dreißig, die Beziehung in der Sackgasse und eine Katze als letzter Hoffnungsschimmer. Auf diese kurze Formel kann man gleich zwei Filme aus dem Wettbewerb der Berlinale 2011 herunterbrechen. Neben Miranda Julys „The Future" handelt es sich dabei um „Come Rain, Come Shine" des koreanischen Regisseurs Lee Yoon-ki („This Charming Girl"). Während der Beitrag der amerikanischen Independentregisseurin aber zur bieder-belanglosen Nabelschau verkommt und die Katze nur eine Rolle als niedlich-komische Unterhaltungsablenkung für das Publikum erfüllt, blickt ihr koreanischer Kollege mit deutlich mehr Ernst und Ehrlichkeit auf sein Sujet. „Come Rain, Come Shine" ist dadurch zwar ungemein spröde und schwierig, aber mit seinen vielen offenen Fragen auch ein sehr interessanter Film.

    Eine lange, brillant und ohne einen Schnitt gefilmte Autofahrt. Er (Hyun Bin) eröffnet seiner Frau (Lim Soo-Jung), dass sie sich in Zukunft öfter sehen werden, da er plant, von nun an von zu Hause zu arbeiten, wie sie es bereits tut. Daraus werde wohl nichts, erklärt sie ihm daraufhin, denn sie habe beschlossen, ihn zu verlassen. Sie hat einen Neuen. Zurück in der Wohnung hilft er ihr, die Sachen zu packen, während sich draußen ein monsunartiger Regenfall ergießt. Ein Geräusch unterbricht ihr Treiben. Vor ihrem Fenster sehen sie eine verirrte, junge Katze.

    Lee Yoon-Kis Adaption einer Kurzgeschichte ist im Wesentlichen ein Zwei-Personen-Stück. Über eine Stunde dauert es, bis für einen kurzen Moment mit den Nachbarn, die auf der Suche nach ihrer Katze sind, die ersten (und einzigen) weiteren Schauspieler auf der Leinwand zu sehen sind. Diese Szene gehört zu den besten in dem ruhigen Drama. Für einen Augenblick wird das gefühllose Treiben der beiden Protagonisten aufgebrochen. Sie müssen sich, obwohl ihre Beziehung beendet ist, noch einmal wie ein Paar verhalten. Mitten hinein ruft der Neue an, um mit ihr zu bereden, dass er sie doch erst morgen abholen kann, da aufgrund der Regenfälle die Straßen gesperrt sind. Es herrscht eine eigenartige Stimmung im Haus des auch im Abspann noch namenlos bleibenden Pärchens. Die Gefühle bleiben tief verscharrt, keiner traut sich, sie an- oder auszusprechen.

    Regisseur Lee Yoon-Ki, der bereits zum vierten Mal auf der Berlinale zu Gast ist, aber es zum ersten Mal in den Wettbewerb geschafft hat, vermeidet jede Anbiederung beim Zuschauer. Das Auftauchen der Katze bringt keine Entspannung oder gar Erlösung, wie es vielleicht auf den ersten Blick zu vermuten wäre. Stattdessen verschwindet das scheue Tier schnell irgendwo in der Wohnung. Zurück bleibt das Paar in seiner Tristesse, wegen des Regensturms ist es in der Wohnung eingeschlossen. Aber einmal schimmert urplötzlich die Sonne herein – ein mystischer Moment wie aus einer anderen Welt, der ohne Erklärung bleibt. Vielleicht ein Funken Hoffnung für sie und für ihn. Doch schnell geht es wieder zurück ins regnerische Grau und in die spröde Monotonie, mit der Lee Yoon-Kin schonungslos, aber wirkungsvoll die Beziehung des Paares bebildert. Gesprochen wird fast gar nichts und es passiert noch weniger.

    Der Regen vor den Fenstern, der immer wieder nachdrücklich eingefangen wird, spiegelt die Stimmung der Charaktere wieder. Die beiden Protagonisten leiden, auch wenn sich ihre wahren Gefühle kaum offenbaren. Vor allem er verhält sich stoisch und zeigt keine Regung anmerken, seine Tränen fließen erst unwillkürlich beim Schneiden einer Zwiebel. Bis dahin nimmt er alles hin, als würde es ihm nichts ausmachen: Es ist okay, dass er sie verlässt, es ist okay, ihr beim Packen zu helfen, es ist okay, dass sie doch noch einen Tagen länger bleibt, es ist okay, ihr noch ein letztes Mal das Abendessen zu bereiten und „es ist okay" sind auch die letzten Worte des Films – allerdings dieses Mal von ihr gesprochen – den Zuschauer in ein sehr offenes Ende entlassend...

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