Will Ferrell ist einer der beliebtesten Komiker überhaupt – zumindest in den Vereinigten Staaten. Während er stets für alberne Slapstick-Nummern wie in „Old School" oder „Die Eisprinzen" zu haben ist, überzeugt er auch in etwas seriöseren Filmen wie „Stranger than Fiction" oder gar als politisch aufgeweckter Stand-Up-Comedian mit dem brüllkomischen Broadway-Stück „You're Welcome, America", in dem er in die Rolle von George W. Bush schlüpfte. Besonders witzig an Ferrell: Die vermeintliche Ernsthaftigkeit, die seinem charakteristischen Antlitz selbst in den peinlichsten Situationen nicht entweicht und mit der er den Blödsinn um ihn herum noch unterstreicht. Mit seinem Bruder im Geiste, dem Regisseur und Produzenten Adam McKay, bescherte Ferrell uns bereits so unterschiedliche Kino-Ulkereien wie „Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy", „Die Stiefbrüder" und „Die etwas anderen Cops". Mit dem Mexiko-Klamauk „Casa de mi Padre" ist das Team, das diesmal von Regisseur Matt Piedmont verstärkt wird, während McKay produziert, nun wirklich sehr weit draußen im Land der filmischen Kuriositäten gelandet – Freunde hemmungsloser Mexploitation oder blühenden Unsinns in bester Helge-Schneider-Manier kommen allerdings voll auf ihre Kosten.
Der einfach gestrickte Armando Álvarez (Will Ferrell) lebt ein beschauliches Leben auf der Ranch seines Vaters, des großen Gutsherren Senor Àlvarez (Pedro Armendáriz, Jr.). An sonnigen Tagen verbringt er so manch müßige Stunde auf den Weiden und treibt Kühe und Schafe gen Horizont. Das Leben könnte so schön sein – wenn da nicht der fiese Kartell-Pate Onza (Gael García Bernal) wäre. Und die schleichenden Geldsorgen. Und die Verwickelungen von Armandos jüngerem Bruder Raul (Diego Luna) in unseriöse Geschäfte. Nicht zu vergessen der Umstand, dass sich Armando in Rauls Verlobte Sonia (Génesis Rodríguez) verliebt hat. Bald stecken die beiden in einer verbotenen Amour fou. Als sich dann auch noch der mörderische Onza ins romantische Treiben einmischt, eskaliert die angespannte Situation...
In Mexiko hat die ironische Brechung der Popkultur keinen hohen Stellenwert. Stattdessen werden Genre-Unterhaltung, Seifenopern und pathosgetränkte, katholisch-verbrämte Exzesse einfach geradeheraus durchgezogen – attraktive Darsteller taumeln leidenschaftlich durch Herzschmerz-Storys, sie finden und verlieren sich, ehe sie sich letztendlich wieder in den Armen liegen. Wenn Ferrell, McKay und Piedmont allerdings in irrsinnigen Mexikaner-Klischees, heißblütigem Romantik-Kitsch, lateinamerikanischer Musical-Extravaganz und schmierigem Retro-Camp schwelgen, dann macht der gesunde Menschenverstand endgültig Siesta. Mit sehr speziellem Humor setzt das Team zu einem atemberaubenden Rundumschlag quer durch die mexikanische Popkultur an und verfolgt dabei ein durchaus hehres Ziel, denn hier geht es um die Aufarbeitung von Stereotypen. Von Telenovelas über Western, von Gangsterfilmen mit Tex-Mex-Einschlag wie Walter Hills „Ausgelöscht" über mexikanische Pop-Spoofs bis hin zu Seitenhieben auf psychedelische Geheimtipps à la Alejandro Jodorowsky („El Topo"): Hier wird vor nichts Halt gemacht.
Bei der detailverliebten Imitation all dieser Aspekte wird dabei nie der offensichtliche Weg gewählt, sich flach über die jeweiligen Eigenheiten lustig zu machen. Vielmehr verlegen Ferrell und Co. eigene Spleens und Humor-Versatzstücke in die eigentlich so hermetisch abgeschottete Welt des Lateinamerika-Kitsches. Mit der Verknüpfung der Verschrobenheit aus zwei so verschiedenen Kulturkreisen hat Ferrell etwas ebenso Kurioses wie Originelles geschaffen. Dass „Casa de Mi Padre" komplett auf Spanisch gedreht wurde, verwundert da kaum noch. Nennenswert ist das bei einer so durch und durch amerikanischen Produktion trotzdem. Trotz offensichtlicher Probleme mit der spanischen Aussprache hat Ferrell ebenso offensichtlich einen Heidenspaß dabei – wie er hier seine Texte radebrecht und alleine schon aufgrund seines ganz und gar nicht mexikanischen Äußeren wunderbar deplatziert wirkt, dabei stets wie Falschgeld aus der Wäsche schaut, ist oft herrlich komisch.
Das Komische steckt hier häufig zwischen den Zeilen und „Casa de mi Padre" steht damit in der Tradition großer Humor-Avantgardisten wie Andy Kaufman oder Helge Schneider, die Absurditäten lieber absurd sein lassen, statt sie mit billigen Pointen aufzulösen. Das Vergnügen daran scheinen auch die mexikanischen Darsteller um Ferrell zu teilen, die die Stereotypen ihrer Heimat liebevoll ausformulieren und die theatralischen Gesten ihrer Pulp-Kultur gleichzeitig feiern und karikieren. Gael García Bernal („Die Reisen des jungen Che") als schmieriger Kartell-Gangster, Diego Luna („Open Range", „Milk") als gehörnter Bruder oder die bezaubernde Génesis Rodríguez („Ein riskanter Plan") als Objekt der Begierde verfügen über mehr als ausreichendes Charisma und perfektes komödiantisches Timing, um nicht vom berühmten Hauptdarsteller überschattet zu werden. Dennoch: „Casa de Mi Padre" ist und bleibt in erster Linie ein Fest für Ferrell-Fans und für die Freunde der besonders abseitigen Unterhaltung – schräger geht's kaum noch.
Fazit: „Casa de Mi Padre" ist so etwas wie komödiantische Konzept-Kunst für Mexiko-Liebhaber und Will-Ferrell-Fans: eine wilde Mischung aus Saturday-Night-Live-Sketch und schwül-schwülstigem Melodram.