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    Goon - Kein Film für Pussies
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Goon - Kein Film für Pussies
    Von Robert Cherkowski

    Während Deutschland dem im Vergleich körperlosen Sport Fußball huldigt, wo eine fiese Grätsche das Äußerste an Brutalität ist, da folgen gerade die Kanadier lieber Sportarten, bei denen gröbster Körpereinsatz einfach zum Spiel dazugehört. Dabei ist es vor allem das eisglatte Schlachtfeld der Eishockey-Arenen, wo noch so richtig ausgeteilt wird und wo ein gesalzener Schlag ins Gesicht immer noch als Fairplay gilt. Auch wenn diese Schlägereien offiziell nicht gern gesehen werden, freut sich das Stadionpublikum doch ganz offen auf die nächste Keilerei auf dem Eis. Schon die Aufstellung sieht dabei Funktionen wie den „Enforcer" vor, der vor allem für die körperliche Einschüchterung der Gegner sorgt, besonders aufmüpfige Angreifer in Handgemenge verwickelt und damit die Moral bei Fans und Mitspielern stärkt. Michael Dowse erzählt in seiner Sportkomödie „Goon" vom rasanten Aufstieg eines solchen „Enforcers" und ist auch weniger Sport-Begeisterten zu empfehlen – der Film überrascht nämlich nicht nur mit treffsicherem Humor, sondern ebenso mit Stilwillen und einem großen Herz. Mit diesen Qualitäten kloppt sich „Goon" zum bisher besten Sportfilm des Jahres 2012 vor.

    Sportlichen Ehrgeiz hat Doug Glatt (Seann William Scott) bisher nicht an den Tag gelegt. Ambitioniert war er ohnehin nie – während seine wohlsituierten Eltern ihn gern an einer Nobeluniversität sehen würden, weiß Doug, dass er dafür schlicht nicht helle genug ist. Und so arbeitet er als Rausschmeißer in einer Bar und erwartet nicht viel vom Leben. Als er eines Tages zu Gast bei einem Eishockey-Spiel ist und in eine Schlägerei mit einem Spieler verwickelt wird, die er souverän für sich entscheidet, wird das erfolglose Team der „Halifax Higlanders" auf ihn aufmerksam, die ihn als „Enforcer" anheuern wollen. Dass Doug nicht wirklich spielen kann, stört sie nicht. Er haut den Gegnern schließlich die Hucke voll und die Highlanders finden wieder zum Erfolg. Doug verdient sich den Beinamen The Thug, schöpft Selbstvertrauen, emanzipiert sich von seinen strengen Eltern und stürzt sich in eine etwas komplizierte Liebschaft mit der quirligen Eva (Alison Pill). In Gestalt des legendären „Enforcers" Ross Rhea (Liev Schreiber) ziehen jedoch dunkle Wolken am Horizont auf. Schließlich gibt es immer einen, der noch härter austeilen kann...

    Ein Jungtalent erlebt erste Erfolge und Höhenflüge, bevor es einen Moment des Selbstzweifels hat, was eine Krise auslöst. Die wird überwunden, indem Prioritäten neugeordnet werden. Schließlich muss der Held seine Fesseln lösen, um über sich hinauszuwachsen und am Ende zu gewinnen – und sei es nur an Erfahrung. Mit diesem Handlungsgerüst ist „Goon" geradezu ein Prototyp des (Sport-)Dramas, das ist Regisseur Michael Dowse („Take Me Home Tonight") bewusst und er macht das Beste daraus. Er kennt alle Klassiker des Genres und huldigt ihnen auf seine Art: Hier ein Quäntchen von der legendären Eishockey-Komödie „Schlappschuß", da ein bisschen Underdog-Stolz aus „Rocky"; dazu ein wenig archaischer Männlichkeitskitsch wie aus „An jedem verdammten Sonntag" und ein Schuss raue Romantik aus „Annies Männer" – fertig ist „Goon". Was wie eine leblose Milchmädchenrechnung klingen mag, geht hier voll auf, zumal noch ein Schuss Komik à la Judd Apatow dazukommt.

    Der Unterschied zwischen „Goon" und den meisten klassischen Vorbildern ist nur, dass der Rahmen hier kein sportlich-ehrenvoller ist, sondern ganz im Gegenteil, die Regeln des Spiels und jedes Fairplay mit Füßen getreten werden. Die Kämpfe, die hier auf dem Eis ausgetragen werden, wirken wie ein cineastischer Fingerzeig in Richtung der gnadenlosen Ringduelle aus Martin Scorseses „Wie ein wilder Stier". „Goon" erinnert oft an die Doppelbödigkeit gewisser „South Park"-Folgen, manchmal aber auch an frühe Kevin-Smith-Filme, die einen ähnlich schluffig-verschlafenen Charme wie hier Seann William Scott als Bully auf Kufen versprühten. Dowse wandelt mit diesem Mix zuweilen auf dünnem Eis, doch er schafft es, sein schräges Hockey-Boxer-Drama in der Balance zu halten: Treffsicher-obszöne Komik, melancholische Zwischentöne oder die Action auf dem Spielfeld – all das hat er sicher im Griff.

    Seann William Scott („American Pie") ist sicher kein außerordentlich begnadeter Schauspieler. Doch für den Typus des etwas verpeilten Stoners an den Scheidewegen des Lebens ist der ewige Stifler zweifelsfrei der richtige Mann. Seinem Underdog Doug ringt er dabei ungeahnt nachdenkliche Facetten ab. Und dass er eine komische Ader hat, muss er längst nicht mehr beweisen. Dies ist sein Film und er trägt ihn spielend. Die Besetzung um ihn herum setzt ebenfalls Akzente, darunter etwa Nebenrollenkönig Kim Coates („Sons of Anarchy") als leicht irrer Trainer, dessen Schandmaul sogar Sergeant Hartmann aus „Full Metal Jacket" die Schamesröte ins Gesicht treiben würde. Liev Schreiber („Scream", „Salt") wiederum darf als erstaunlich beseelter Antagonist auf dem Spielfeld glänzen. Mit Liebe schmückt Bowse Schreibers Auftritt aus, bis zu einer gemeinsamen Szene zwischen Doug und Rhea in einem Diner, wo sie sich – „Heat" lässt grüßen – wunderbar verstehen, bevor sie getrennte Wege gehen, wohlwissend, dass das nächste Treffen sehr viel brutaler ablaufen wird.

    Kleine Vignetten wie diese, eine romantische Nebenhandlung mit Allison Pill („Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt") oder die Geschichte des ehemaligen Starspieler Xavier LaFlamme (Marc-André Grondin), der einst von Rhea niedergestreckt wurde und nun nur noch ein Schatten seiner selbst ist, sind schön ausgearbeitet. Dass dabei der Eindruck eines regelrechten Best-Ofs verschiedener Sportfilm-Klassiker entstehen kann, ist kein großes Problem, solange alles so gut funktioniert. Das gilt sogar für den gelegentlich höchst vulgären Wortwitz, zumal der schlagkräftige Held selbst gar kein Fan obszöner Reden zu sein scheint, sondern dies viel lieber seinem eindimensionalen Sidekick Pat (Jay Baruchel) überlässt. Wenn bei Anfeuerungsreden plötzlich auf einen derben Porno-Jargon zurückgegriffen wird, um die Härte des Spiels zu umschreiben, mag das vielleicht zwanghaft und pubertär sein. Es ist allerdings auch ziemlich witzig.

    Fazit: Mit „Goon" liefern Regisseur Michael Dowse und Hauptdarsteller Seann William Scott ein zeitloses Feel-Good-Movie ab, das kein Auge trocken und kein Herz unberührt lassen wird – eine der großen Überraschungen des Filmjahres 2012.

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