Eigentlich schade, dass ich nur 3,5 Sterne vergeben kann, aber leider hat dieser sehr gute und fiktional einzigartige Film einige Schwächen, die sich sowohl auf den Film als solchen beziehen als auch auf den wissenschaftlichen Hintergrund.
Deshalb werde ich meine Kritik diesmal zweiteilen. Die die sich nur für die Kritik des Films interessieren brauchen nur den ersten Teil lesen.
1. Teil:
Die Besetzung mit Scarlett Johansson und Morgan Freeman verspricht zunächst einmal einen wahren Blockbuster, denn beide liefern immer sehr gute Filme. Leider ist die Rolle der Lucy etwas zu überspitzt dargestellt, was besonders in der ersten Hälfte nerven kann und Scarlett spielt diese Rolle zwar hervorragend aber auch sehr überspitzt. Die weiteren Schauspieler in der Story sind nicht nur Nebenrollen sondern eigentlich vollkommen unbedeutend und meist auch sehr schlecht.
Die musikalische Untermalung ist bei diesem Film ausnahmsweise einmal sehr gewagt, was auch meist sehr gut ist, nur in manchen Szenen besonders in den Slow Motions ist sie zu präsent und dominant, wodurch der Film etwas ins Stocken gerät.
Dahingegen ist die Story wieder unfassbar gut gewählt und besonders der wissenschaftliche Hintergrund. Leider sind die Einblendungen mit der prozentualen Nutzung des Gehirns störend und nervig und die Umschnitte auf die wissenschaftlichen Erklärungen zum Großteil auch, denn der Fluss des Films wird stark gestört dadurch und die aus Dokumentarfilmen herausgenommenen Schnitte qualitativ sehr schlecht. Hätte man diese besser platziert und etwas aufgewertet wäre der Film nahezu unschlagbar und auf dem Niveau von Interstellar. Um wirklich auf dieses Niveau zu kommen fehlt dem Film aber auch eine wirkliche Hintergrundgeschichte. Dadurch wirkt Lucy meist sehr lieblos und eher wie ein Dokumentarfilm.
Alles in allem ist es aber ein herausragender Film, der zum Nachdenken über sich und die Menschheit sowie über das Sein als solches anregt mit hervorragenden Schauspielern und tollen Überlegungen sowie Aufnahmen im Bereich von Avatar.
2.Teill (Wissenschaft):
Da ich auch ein Wissenschaftler bin, will und muss ich den Film auch unter diesem Punkt einmal bewerten und dort schneidet er im Vergleich zu Interstellar eher schlecht ab. Zu Beginn erklärt Morgan Freeman, was passiert wenn wir mehr Bereiche unseres Gehirns nutzen, was an sich aber bereits eine falsche Aussage ist, denn jedes Lebewesen nutzt nahezu alle Bereiche seines Gehirns, nur eben nicht alle zum gleichen Zeitpunkt.
Es gibt Hypothesen, dass wenn der Mensch mehr als 20 % seiner cerebralen Leistung auf einmal nutzt, tatsächlich, die größten Hochleistungsrechner übertrumpft, in Leistung und Speicherkapazität, das würde allerdings nur bedeuten, dass wir ähnlich wie Lucy am Telefon es ihrer Mutter erzählt, auf alle unsere Erinnerungen zurückgreifen können und schneller Informationen verarbeiten können, nicht aber, dass wir anfangen unsere Umgebung mit Sonar wahrzunehmen oder unsere Sinne zu schärfen, denn diese haben nur sekundär etwas mit der Gehirnkapazität zu tun, sondern hängen von den Sinnesorganen ab. Deshalb wird es für uns nicht möglich sein, besser als Hunde zu riechen oder als Fledermäuse zu hören, allerdings wäre es sehr wohl möglich, Dinge wie das Magnetfeld zu spüren oder auch Temperaturen und Zeit besser einzuschätzen und auch Informationen besser und gezielter zu filtern.
Auch wird eine weiter gesteigerte Leistung/Nutzung nicht dazu führen, dass wir durch Berührung die Gedanken und Körper anderer analysieren können. Es gibt aber die Hypothese, dass wir tatsächlich irgendwann fähig wären, Telekinese und Telepathie freizusetzen, das wäre aber erst in Bereichen über 40 % möglich.
Alles was mit Lucy im Bereich über 60 % passiert ist utopisch und Science Fiction, denn die Zeit und andere zu kontrollieren ist nicht möglich bzw. nicht allein durch eine gesteigerte Nutzung des Gehirns, weil physikalisch andere Dinge nötig sind, als nur mehr Wissen und schnellere Datenverarbeitung. Dafür hat Lucy Recht mit dem was sie über Materie und das Sein sagt, als sie den Wissenschaftlern alles erklärt, denn die Zeit als solche bestimmt maßgeblich die Existenz der Dinge, nicht jedoch von Materie.
Das man bei einer sehr großen Nutzung des Gehirns durch die Zeit reisen kann und seinen eigenen Körper kontrollieren kann und ihn so verformt, ist auch nicht möglich, denn das Gehirn verarbeitet nur Informationen, kann aber nicht die Form von Zellen in solch einer Geschwindigkeit ändern. Genauso wenig ist das was bei 100 %iger Nutzung passiert vollkommener Quatsch und wirkt eher so, als wäre den Autoren die Ideen ausgegangen, denn nur weil man die komplette Leistung dieses Hochleistungsrechners und Verwaltungssystems nutzt, heißt es nicht, dass es seine Form aufgibt und man zu einem allumfassenden "Wesen" bzw. eher einer Information wird.
Wichtig ist aber der letzte Punkt von Lucy, dass wir einfach mehr aus unserem Geschenk des Lebens machen sollen und gerade Wissenschaftler, die denken sie nutzen mehr Gehirn als andere unmenschlich werden und man etwas schaffen sollte, um sich seine Menschlichkeit zu bewahren.
Es tut mir leid, dass es eine solch lange Kritik geworden ist, aber das war mir wichtig, den Film als Unterhaltung und Wissenschaft zu bewerten und ich hoffe, jemandem hilft diese Kritik.