Mein Konto
    Planes
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Planes
    Von Andreas Staben

    Cars“ und mehr noch die Fortsetzung „Cars 2“ gelten nicht als künstlerische Höhepunkte unter den Produktionen der oscarverwöhnten Animationsschmiede Pixar, aber erfolgreich waren die Auto-Abenteuer um Lightning McQueen und Co. allemal. Also wurde beim Mutterkonzern Disney beschlossen, das gewinnträchtige Konzept eine Nummer kleiner weiterzuführen - schließlich hat man mit Disneytoons ein auf vergleichsweise bescheiden budgetierte Fortsetzungen, Vorgeschichten und Ableger der Zeichentrick-Klassiker und -Hits des Hauses spezialisiertes Studio, das vornehmlich direkt für den Heimkino-Markt produziert. So entstanden Werke wie „Arielle, die Meerjungfrau – Wie alles begann“ oder „Bambi 2“ und dort lebt nun auch das Universum von „Cars“ weiter: Nachdem es schon zwei Filme mit Autos als Helden gibt, verfiel man bei Disney auf die Idee, statt „Cars 3“ einfach „Planes“ zu drehen und Flugzeuge in den Mittelpunkt eines Direct-to-DVD-Spin-Offs zu stellen. Die ersten Muster kamen bei den Verantwortlichen dann allerdings so gut an, dass sie entschieden, die von Klay Hall inszenierte Fluggeräte-Fabel, in der Agrarflieger, Rennflugzeuge und Militär-Maschinen menschliche Attribute erhalten, doch in die Kinos zu bringen. Was wiederum angesichts der extremen Formelhaftigkeit der Figuren und der mehr als abgeschmackten „Wenn du etwas wirklich willst, dann schaffst du es auch“-Handlung (und trotz ordentlicher Animationen) schwer nachvollziehbar ist.

    Im beschaulichen Mittleren Westen der USA ist das kleine Sprühflugzeug Dusty Crophopper (im Original: Dane Cook/deutsche Fassung: Martin Halm) tagein tagaus damit beschäftigt, Dünger über die endlosen Felder zu verteilen. Der größte Traum des Mini-Fliegers ist indes die Teilnahme beim berühmten Wettfliegen „Wings Around The Globe“, seine besten Freunde, die Gabelstaplerin und Mechanikerin Dottie (Teri Hatcher/Constanze Lindner) sowie der Tanklastzug Chug (Brad Garrett/Marc Rosenberg) unterstützen ihn, aber sie sind auch skeptisch – immerhin leidet ihr Kumpel an Höhenangst! Dusty fragt schließlich das alte Militärflugzeug Skipper (Stacy Keach/Alexander Duda) um Rat, einen Marine-Veteranen, der sich seit einem traumatischen Kriegseinsatz in seinem Hangar verkriecht. Das erfahrene Flug-Ass gibt dem jungen Hüpfer einige wertvolle Tipps und so schafft das technisch benachteiligte Kleinflugzeug tatsächlich die Qualifikation zum großen Rennen rund um die Welt…

    Schon mit der ersten Titeleinblendung wird angedeutet, worum es hier geht: „Hoch über der Welt von ‚Cars‘“ steht auf der Leinwand bevor der Titel „Planes“ zu sehen ist. Zum Filmauftakt wird gewissermaßen noch einmal Werbung mit dem Original gemacht und was im Anschluss folgt, ist dann auch tatsächlich nichts anderes als „Cars 3“ mit Flugzeugen. Wie im Vorbild gibt es auch in „Planes“ keine Menschen und Tiere, sondern nur denkende, sprechende und fühlende Vehikel mit Augen und Mündern. Neben Fluggeräten aller Art treten unter anderem ein Flugzeugträger, ein Zug und natürlich verschiedene Autos auf, aber die Maschinen bevölkern eine menschliche Welt und wieder wird eine dutzendfach erprobte Geschichte erzählt: Mit dem Sprühflugzeug Dusty gibt es einmal mehr den kleinen Träumer vom Lande, der etwas anderes sein möchte als er ist. Auf dem Weg zur Verwirklichung des großen Wunsches durchläuft der Held die üblichen Stationen (Lektionen werden gelernt, Ängste überwunden, Rückschläge verkraftet und Freundschaften geschlossen), aber die meisten Wendungen erscheinen hier nur als dramaturgische Pflichtübungen und ihnen fehlt jede emotionale Überzeugungskraft – im Schnecken-Abenteuer „Turbo“ etwa, das kurz nach „Planes“ in die deutschen Kinos kommt,  wird auf ungleich charmantere Weise eine vergleichbare Geschichte erzählt.

    Regisseur Klay Hall („King of the Hill“) und Drehbuchautor Jeffrey M. Howard („Tinkerbell“) geben sich keine erkennbare Mühe, die Schablonenhaftigkeit ihrer Erzählung zu verhüllen, da wird dann auch umso deutlicher, wenn einzelne Elemente nicht zueinander passen. So steht die kinderfreundliche Niedlichkeit der meisten Figuren und Gags neben deutlichen sexuellen Untertönen in einzelnen Dialogen sowie neben einem merkwürdigen Hauch von Militarismus und Korpsgeist, wenn es um Dustys Mentor Skipper geht (eine Rückblende in Kriegszeiten fällt mit ihrem pathetisch-aufgewühlten Erzählton vollständig aus dem Rahmen). Das Augenmerk der Filmemacher richtet sich spürbar stärker auf Einzelheiten als auf das erzählerische Ganze. Sie nutzen das Wettfliegen um die Welt für Actionsequenzen an den verschiedensten Schauplätzen und für die Einführung unzähliger Nebenfiguren aus aller Herren Länder. Darunter sind dann ganz witzige Fantasie-Kreationen wie ein schizophrener Hybrid namens Franz von Fliegenhosen (im Original und in Deutsch: Oliver Kalkofe) - ein Kleinwagen, der zugleich ein Flugzeug ist und dabei von einer Identitätskrise geplagt wird -, aber meist werden nur kulturelle Klischees ausgewalzt. Das ist manchmal milde amüsant (wie bei der Etappe nach Deutschland, wo bayerische Trinkfestigkeit zelebriert wird), aber häufiger ermüdend und zuweilen irritierend.

    Der dünkelhaft-hochnäsige Engländer Bulldog (John Cleese/Donald Arthur) und die anmutig-verräterische Inderin Ishani (Pryanka Chopra/Kalpna Joshi) bekommen vom guten amerikanischen Jungen Dusty eine moralische Lektion, während er den liebestollen mexikanischen Kontrahenten (und Telenovela-Star) El Chupacabra (Carlos Alazraqui/Torben Liebrecht) auf den rechten romantischen Pfad führt. Die „Ausländer“ haben dazu auch noch absurd ausgeprägte Akzente, nur das Objekt der Latino-Begierde, die Deutsche Heidi (Marie Bäumer) bleibt etwas undefiniert und wenn sie auf einmal Französisch spricht, ergibt das nur Sinn, wenn man zufällig weiß, dass die Figur in der Originalfassung eine Franko-Kanadierin namens Rochelle (Julia Louis-Dreyfus) ist. Bei einem so oberflächlichen Umgang mit den Figuren ist auch der Bösewicht Ripslinger (Roger Craig Smith/Matthias Klie) nur ein rein egoistischer Fiesling, einzig Dustys Freunde Dottie und Chug haben einigen Charme. Gemeinsam mit den ordentlichen Animationen und einigen gelungenen Actionsequenzen (vor allem ein Tiefflug nach Nepal ist rasant) sorgen sie dafür, dass „Planes“ ein immerhin recht kurzweiliges Filmerlebnis ist. Dabei gilt zu bedenken, dass „Planes“ mit einem Budget von 50 Millionen Dollar auch technisch nicht mit den Disney-Premium-Produkten (zum Vergleich: „Cars 2“ soll 200 Millionen gekostet haben) mithalten kann, aber dafür reicht das Geld dann für eine Fortsetzung: „Planes: Fire & Rescue“ kommt am 14. August 2014 in die deutschen Kinos.

    Fazit: „Planes“ ist ein weitgehend flügellahmer „Cars“-Abklatsch mit Flugzeugen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top