Das Jahr 2154, Schlechtzeitstimmung in Los Angeles. Die Stadt ist verkommen, die Bewohner siechen vor sich hin. Und oben im All, weniger als 30 Flugminuten entfernt, ist Elysium, wo die Wohlhabenden ihre Reichtümer hüten, alle gesundheitlichen Probleme lösen können und nichts davon teilen möchten. Der mehrfach Vorbestrafte Max (Matt Damon), der diese Zustände von klein auf nicht anders kennt, arbeitet auf der Erde in einer Fabrik, die Elysium untersteht und erleidet dabei einen Unfall, der zu seiner Entlassung führt. Er hat nur noch fünf Tage zu leben und lediglich die rudimentären medizinischen Möglichkeiten der Erde zur Verfügung. Er möchte zur Heilung nach Elysium, und macht mit einem Schleuser einen risikoreichen Deal. In der Weltraumstadt ist derweil auch nicht alles in Ordnung: Ministerin Delacourt (Jodie Foster) möchte mehr Macht an sich reißen und schließt einen Pakt mit dem Industriellen Carlyle (William Fichtner), der in die Kritik der Staatsführung geraten ist.
Neill Blomkamp hat mit „District 9“ einen echten Hit gelandet, indem er gesellschaftliche Probleme Südafrikas in den Vordergrund schob. Von den Kritikern mit Lob überschüttet, erhielt die satirische Science-Ficition mit einem brillierenden Sharlto Copley in der Hauptrolle zudem vier Oscar-Nominierungen, u.a. für den besten Film. Mit den geringen Kosten und der überragenden Tricktechnik ergab sich zudem ein großer wirtschaftlicher Erfolg. Nun bekam Blomkamp für sein Elysium erheblich mehr Geld in die Hand und muss sich nun wahrscheinlich mit vielen quälenden Vergleichen herumschlagen. Der besondere Kniff an der „District 9“-Grundlage ist, dass die Handlung in den 1980er Jahren spielt und der Science-Fiction-Einfluss lediglich von den gestrandeten Aliens herrührt, die den Menschen zwar technisch voraus sind, aber von diesen aufgrund der prekären Situation trotzdem unterdrückt und interniert werden. Der Zuschauer betrachtet das Schaffen der realen Erdenbürger. Die Geschichte von „Elysium“ ist dagegen in der Zukunft der Menschheit orientiert und bildet mittels der dystopischen Fantasien der Autoren einen ganz anderen Bezug zum Publikum. Ein Vergleich mit „District 9“ ist somit schwierig, auch wenn z.B. die Fluchtversuche von der Erde nach Elysium auch diejenigen von Nordafrika zur italienischen Insel Lampedusa sein könnten und bewachte ummauerte Reichensiedlungen in den USA nahe der Grenze zu Mexiko tatsächlich existieren wie z.B. im Roman „America“ von T.C. Boyle mit satirischem Unterton beschrieben ist. Es bleibt also, das jüngste Endzeitspektakel Filmen wie „Mad Max“, „Children of Men“ und dem erst im April 2013 in Deutschland angelaufenen „Oblivion“ von Joseph Kosinski gegenüberzustellen.
„Elysium“ ist zweifelsohne für die große Leinwand entworfen worden. Eine tricktechnisch äußerst gelungene Darstellung, die der vergehenden Welt, allen Fluggeräten mit ihren Bewegungen und auch der hypermodernen, sterilen Luxus-City im Space visuell etwas Wirkliches geben. In diese Umgebung gibt Matt Damon den verzweifelten Max DeCosta, der kein Held ist und um jede Möglichkeit kämpfen muss. Die Figur ist mit Damon stark besetzt und in ihren Handlungen, Emotionen und Einlassungen tiefgründig gezeichnet und nachvollziehbar. Mit Rückblenden in die Jugendzeit wird hier unterstützt. Seine damalige Freundin Frey, die von Alice Braga eine intensive warmherzige Ausstrahlung verliehen bekommt, trifft wieder auf Max und unterstützt ihn, auch weil sie eine leukämiekranke Tochter hat und Hoffnung schöpft. Blass dagegen bleiben Politik und die Führungspersonen von Elysium. Neben den bekannten Umständen wird quasi nichts erzählt. Wie funktioniert Elysium? Was macht die Erde außerhalb von Los Angeles? Gezeigt wird dies nicht. Der Präsident bleibt in seinen kurzen Erscheinungsmomenten erschreckend eindimensional, das überstraighte Verhalten von Ministerin Delacourt ist nur knapp formuliert und lässt sich nicht weiter erschließen. So bleibt für die Geschichte, dass sie ohne politische Gefolgschaft überwiegend um ihren Putschversuch ringt. Es hilft dann auch nicht, diese Rolle mit Jodie Foster zu besetzen. Schleuser Spider, der von Wagner Moura gut gespielt wird, ist nur schlecht fassbar, zumal er auf kriminelle Weise an den Flüchtlingen verdient, später aber patriotische Züge annimmt. Das ist so nur schlecht akzeptabel und lässt „Elysium“ erzählerisch schon ordentlich unvollständig erscheinen und wanken. Dann ist da noch der von Delacourt eingesetzte Agent Kruger, der Max aufhalten soll. Wild entschlossen und gut ausgerüstet erscheint er, ein bisschen als Chuck Norris verkleidet und verfügt über mehr Leben als es den Anschein hat. Sharlto Copley, der schon die skurrile Hauptrolle in „District 9“ erhielt, haucht Kruger in hervorragender Manier das Böse und Rücksichtslose ein. Ein Blick, der Angst hervorruft, geht von ihm aus.
So kämpfen Max und Kruger in dieser Welt, die nun endgültig zu einer Actionkulisse verdörrt ist, und führen die Story um Gesundheit für alle sehr spannend zu einem berührenden Ende. Der nicht einmal zwei Stunden dauernde Film hätte sich mit mehr erzählerischem Geschick und Zeit einen Überlängezuschlag an der Kinokasse verdienen können. So ist „Elysium“ eben kein starkes Kino.