Mit dem schmal budgetierten Geisterhorror "Paranormal Activity" landete der israelisch-stämmige Filmemacher Oren Peli einen der größten Horrorhits aller Zeiten. Bis nun sein heiß erwarteter Science-Fiction-Gruselstreifen "Area 51" in die Kinos kommt, tritt Peli als Produzent in Erscheinung – so auch bei "Insidious" von James Wan ("Saw", "Death Sentence"). Zwar ist auch "Insidious" ein Horrorfilm mit paranormalen Aktivitäten, doch unterscheidet er sich ganz wesentlich von "Paranormal Activity": Während letzterer mit seiner Found-Footage-Prämisse Bezug auf Filme wie "The Blair Witch Project" nimmt, orientiert sich "Insidious" an klassischen Geisterfilmen wie "Bis das Blut gefriert", "The Amityville Horror" oder "Poltergeist". Dementsprechend bedient James Wan unverhohlen zahlreiche Genre-Klischees und legt einen bodenständigen, straff erzählten und tatsächlich gruseligen Horrorfilm vor, der nicht unbedingt mit besonderer Raffinesse überzeugt, sondern mit seiner erstaunlichen Funktionalität.
Der Lehrer Josh Lambert (Patrick Wilson) und die Songschreiberin Renai (Rose Byrne) beziehen gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn Dalton (Ty Simpkins) und dem zweiten Baby ein neues Haus. Seltsame Geräusche auf dem Babyphon, sich von selbst bewegende Türen und ähnliches deuten den dortigen Spuk zaghaft an, bis Dalton nach einem Sturz auf dem Dachboden in ein Koma fällt, das die Schulmedizin nicht einordnen kann. Der Terror im Haus geht weiter. Doch auch ein Auszug hilft nicht weiter, denn im neuen Haus hält der Dämon ebenfalls Einzug. Elise Reiner (Lin Shaye), eine alte Freundin von Joshs Mutter und eine Expertin für Paranormales, ist die letzte Hoffnung der heimgesuchten Familie...
In der allerersten Szene, die einem Stimmungsbild gleichkommt, gibt James Wan den Ton der folgenden Ereignisse vor: Es ist Nacht und ein kleiner Junge liegt schlafend im Bett; die Kamera schwenkt auf den Flur und fährt auf eine Gestalt zu, die lauernd im Halbdunkel steht. Wie beinahe jeder Geisterfilm beginnt auch die "Insidious" mit dem Einzug der Protagonisten in ein neues Haus, mit Umzugskartons und einer kurzen Vorstellung der Figuren; und wie in den meisten Filmen des Genres gibt es eine Familie mit Kind, eine Spannungskurve von kleinen bis hin zu größtmöglichen Unheimlichkeiten und das merkwürdige Unvermögen der Figuren, bei nächtlicher Geistersuche den Lichtschalter zu betätigen.
James Wan spult Genre-Standards ab, dabei verleiht er seinem Film durch geschickt gelegte falsche Fährten und die Straffheit der Erzählung jedoch eine vom Regelwerk unabhängige Qualität. Lediglich wenn die Familie Lambert recht schnell die Entscheidung trifft, das neu bezogene Haus gleich wieder zu verlassen, um anderswo Ruhe zu finden, wird mit dem Haunted-House-Motiv gespielt – hier ist offenbar nicht das Haus selbst verflucht. Denn kaum ist die neue Unterkunft bezogen, geht der Spuk weiter. An anderer Stelle durchbricht Wan die Ernsthaftigkeit seiner Erzählung, wenn immerhin für wenige Augenblicke zwei Geisterjäger auftauchen, die regelrechten Bilderbuch-Nerds gleichkommen.
Die doppelbödige Geschichte mit ihren falschen Fährten inszeniert Wan wie einen Geisterfilm aus den Achtzigerjahren. Der Grusel findet im Schummerlicht statt, die Tonspur wartet mit klassischen Gruselsounds wie etwa quietschenden Türen auf und die Erzählung bleibt aufs Wesentliche konzentriert. Von Anfang bis Ende hält Wan die Spannung aufrecht, indem er in beinahe jeder Einstellung auf das Unheimliche verweist und die Bedrohung so stets präsent hält – nicht mittels einer atemlosen Abfolge von Schockeffekten wie im überfrachteten "The Messengers" von Danny und Oxide Pang, sondern viel eleganter. Anders als Peli bei "Paranormal Activity" verweist Wan hier stetig auf die fiktive Natur seines Stoffes und lässt das Geschehen immer weiter ins Fantastische abdriften. Mit dem für seinen Found-Footage-affinen Produzenten typischen Spiel mit Authentizität hat Wan nichts am Hut, vielmehr begibt er sich schlussendlich auf den "Hellraiser"-Pfad.
Fazit: Mit "Insidious" liefert Wan einen klassisch inszenierten und nie langweiligen Geisterfilm ab. Von den aktuellen Torture-Porn-Filmen und den blutigen Remakes der wegweisenden Horrorfilme der Siebziger zeigt er sich derweil erfrischend unbeeindruckt.