Aus dem Leben eines Mauerblümchens
„Vielleicht lieber morgen“ – Einer dieser kleinen Filme, die man gesehen haben muss
Der Titel lässt eine seichte romantische Komödie vermuten. Das Werbeplakat, welches drei verschmitzt lächelnde Jugendliche zeigt, deutet mehr auf einen sogenannten „Teenie-Film“ hin, der klischeehaft die mehr oder weniger alltäglichen Probleme von pubertären Heranwachsenden erzählt. Doch „Vielleicht lieber Morgen“ ist weitaus komplexer und spannender, als die vorangegangen Merkmale unfreiwillig glauben machen wollen.
Erzählt wird die Geschichte des 15jährigen Charlie (Logan Lerman), ein netter, schüchterner Junge, der gerne liest und Musik hört, aber keine Freunde hat. Sein einziger Kumpel hat ohne Vorwarnung Selbstmord begangen und nun steht Charlie völlig alleine vor seinem ersten High-School Jahr.
Natürlich möchte er, dass sich von nun an alles ändert und er Freunde findet, doch der einzige Mensch, der sich an seinem ersten Schultag für Charlie interessiert ist sein Englisch Lehrer (Paul Rudd). Dieser gibt dem Jungen fortan Büchertipps, die Beliebtheit unter den Mitschülern fördert das natürlich nicht. Seiner Familie möchte er nichts von seinen Problemen erzählen, da sie sich nach dem Selbstmord seiner besten Freundes, nur noch mehr Sorgen um ihn machen würden. Charlie bleibt nichts anderes übrig, als sich einem imaginären Freund in Briefen anzuvertrauen.
Diese Briefe waren die Grundlage für das Buch „Das also ist mein Leben“, welches aus der Feder des amerikanischen Autoren Stephen Chbosky stammt und bereits 1999 veröffentlicht wurde. In den USA gilt Chboskys Roman als Klassiker der Jugendliteratur. Dabei war die Geschichte von Anfang an sehr umstritten, weil sie sich um jugendgefährdende Themen wie Selbstmord, Drogenkonsum, Sexualität und Missbrauch dreht. Dies führte dazu, dass das Buch an einigen Schulen aus den Bibliotheken verbannt wurde. Glücklicherweise stellte man dem Schriftsteller keine weiteren Hindernisse in den Weg, sodass er Mitte des letzten Jahres begann seinen Roman auf die Leinwand zu bringen.
Sein Protagonist Charlie hat demnach mit weitaus größeren Schwierigkeiten zu kämpfen, doch dann trifft er auf das Geschwister-Paar Patrick (Ezra Miller) und Sam (Emma Watson), die selbst Außenseiter sind, doch sich für ihr Anderssein nicht schämen. Die beiden nehmen ihn in ihren Freundeskreis auf und eröffnen ihm eine ganz neue Welt voller Spaß, Partys und der Empfindung das wahre Leben spüren zu können. Diese nie gekannten Gefühlslagen lassen das „Mauerblümchen“, wie Patrick Charlie auf einer Party nennt, aufblühen. Nach und nach wecken sie aber auch Erinnerungen an ein Kindheitstrauma wieder, welches den Jugendlichen zu dem Menschen gemacht hat, der er ist.
Chboskys Film ist eine Tragikomödie über Liebe, Freundschaft und die Frage warum man eigentlich gleichzeitig glücklich und traurig sein kann. Der Regisseur bedient sich dabei an einer herausragenden Filmmusik und jungen Schauspielern, die sicherlich zu den besten ihrer Generation gehören. Ohne Pathos aber mit viel Sensibilität erzählt er eine Geschichte, die tief berührt. Auch wenn Titel und Werbeplakat nicht dazu einladen, sollte man für diesen Film gesehen haben.