Tinto Brass schaffte 1979 seinen Durchbruch mit „Caligula“. Es ging um den gleichnamigen römischen Imperator, dem neben angeblicher Geisteskrankheit auch die öffentlich bekannte Liebe zu seiner Schwester vorgeworfen wird. Mitfinanziert wurde der Film vom einschlägigen Erotik-Magazin Penthouse. Nach einem Ausflug ins Thrillergenre entschied Brass alsbald, sich vollständig auf die Erotik zu konzentrieren. Die Darstellung des Sexuellen als alltäglich soll dabei sein Hauptinteresse gewesen sein. Dementsprechend ist es gar nicht so weit hergeholt, wenn gesagt wird, die ukrainische Hauptdarstellerin von „Monamour“ sei aufgrund ihres schmucken Hinterteils ausgewählt worden. Was ist also zu erwarten von einem der angesehensten Erotik-Kunst-Regisseure? In jedem Fall nicht unbedingt das Ersetzen der genreüblichen platten Story durch eine voller Wendungen und Überraschung:
Dario (Max Parodi) steckt voll eingespannt im Festival „Letteratura” in Mantua. Es geht um Bücher, um Kunst, um Erotik. Neben dem findet er kaum Zeit für seine Ehefrau Marta (Anna Jimskaia). Die ist nach einem halben Jahr Ehe bereits unzufrieden, der Sex mache ihr keinen Spaß mehr, so schreibt sie in ihr Tagebuch. Doch schnell findet sich eine Gelegenheit, ihre Lust endlich einmal wieder auszuleben: Der Franzose Leon (Riccardo Marino) erregt ihr Aufsehen auf dreiste Weise, doch er gefällt ihr - trotz oder wegen der fehlenden Manieren. Ihre Freundin Silvia (Nela Lucic) hat sich schon damit abgefunden, dass Ehemänner betrogen gehören und rät ihr zu konsequenter Nutzung der Gelegenheit.
Das Thema ist demnach Fremdgehen und „Monamour“ stellt es als notwendig bis sinnvoll dar. Das jetzt zu kritisieren wäre fatal, denn es handelt sich hier immer noch um einen Softporno, der gewiss nicht ernst genommen werden will. Er macht sich vielmehr einen Spaß daraus, die Verlockung des Unbekannten zu stilisieren. Die Diskussion „Slip an oder aus lassen“ zieht sich als wesentliches Element durch den Film, was das Niveau bereits deutlich macht. Und wenn sich Marta und Silvia unterhalten, dann tun sie dies etwa, während sie nackt massiert werden. Der Film will lediglich nackte Haut zeigen, doch das mit einem gewissen künstlerischen Anspruch.
Die Idee der anspruchsvollen Pornographie hört sich dann allerdings in der Theorie besser an, als sie hier umgesetzt wird. Tinto Brass scheint seinen Zenit wahrscheinlich schon überschritten zu haben, dann was er mit „Monamour“ abliefert ist ein durchschnittlicher Erotikfilm mit einigen guten Schnitten und einer zum Teil gut eingefangenen Atmosphäre. Letzterer Eindruck ist aber zwiespältig, so gibt es einige Traumsequenzen, die nach billigstem Trash aussehen und dabei einfach lächerlich geraten sind. Doch in anderen Szenen, etwa als Leon Marta rücksichtslos im Restaurant warten lässt, wird der Zuschauer gut miteinbezogen. Ist Marta bereist von der Zeit genervt, so wird der Zuschauer es auch, durch die tönenden Gesänge zweier Herren, die zur Vergnügung der Gäste Arien singen sollen, doch den ein oder anderen stattdessen zum Gehen verleiten.
Ansätze sind also vorhanden, doch was stört sind eine ganze Zahl von Monologen und Dialogen. Natürlich muss auch hier kein Shakespeare-Niveau erwartet werden, doch manches ist auf derart niedrigem Level, welches nicht etwa durch das Genre entschuldigt werden kann. Das ist nicht über die gesamte Lauflänge der Fall, ist etwa zu Beginn das Geständnis des ersten Fremdgehens von Marta gegenüber Dario noch ganz nett geraten, so wird später lediglich darauf wert gelegt, Erotik durch vulgäre Sprache zu erzeugen. Das Maß dabei ist aber das falsche.
Es lohnt sich nicht bei einem Erotikfilm sonderlich auf die Schauspielkunst zu achten. Hier fällt sogar nichts besonders negativ auf, mit Ausnahme eines Wutausbruchs von Dario, der einfach zum Lachen wirkt. Hauptdarstellerin Anna Jimskaia wurde ja nicht umsonst nach oben stehendem Kriterium ausgewählt. Es geht ums Aussehen, um nackte Haut, um Sex. Die Entwicklung der Charaktere sollte nicht beachtet werden. Auf seine Weise sorgt dieses Herunterschrauben des gesamten Anspruchs für einen Unterhaltungseffekt. Doch zu einem guten Film reicht der noch nicht.