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    Schade um das schöne Geld
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Schade um das schöne Geld
    Von Björn Becher

    Ende Januar 2009 war Deutschland wieder einmal im Lotto-Fieber. Der Jackpot war auf einem Rekordhoch und nicht nur in den Boulevardmedien ein bestimmendes Thema. Insofern haben die Programmplaner des ZDF ein bisschen Pech, dass sie die Komödie „Schade um das schöne Geld“ schon weit im Voraus erst auf Mitte Februar terminiert haben und damit ein bisschen zu spät für das große Lotto-Fieber kommen. Aber so gibt es für die leer Ausgegangenen ein wenig Trost: Regisseur Lars Becker zeigt, dass ein Lottogewinn nicht unbedingt ein Glücksfall ist, ein Umstand, der spätestens seit dem tragischen Fall von „Lotto-Lothar“, der nur wenige Jahre nach seinem Millionengewinn einsam und verarmt starb, immer mal wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerät. Doch leider macht Becker aus dieser Prämisse nicht die erhoffte Komödie mit Biss. Der Lottogewinn ist in seinem Film ein erstaunlich schwacher Antrieb, so dass „Schade um das schöne Geld“ trotz einer glänzend aufgelegten illustren Darstellerriege ein zwar unterhaltsames, aber harmloses heiteres Lustspiel ist.

    Im Dorf Greetsiel an der ostfriesischen Nordseeküste ist nicht viel los. Der Industrielle Klaas Jonkers (Uwe Ochsenknecht), der sein Geld mit dem Fisch auf Tiefkühlpizzen verdient, lässt seinen Müll wie immer von dem kleinkriminellen Brüderpaar Piet und Jimmy Blinker (Ingo Naujoks, Milton Welsh) im Meer entsorgen. Deren hochschwangere Schwester Mirabel (Heike Makatsch) arbeitet genauso wie ihre beste Freundin Gloria (Cosma Shiva Hagen) in Jonkers' Fabrik und träumt von einem besseren Leben. Der nichts von seinem Glück ahnende Vater von Mirabels ungeborenem Kind ist der Bademeister und Playboy Menno (Marc Hosemann), der seinerseits hochtrabende persönliche Pläne verfolgt. Bruno (Christian Ulmen) wiederum ist heimlich in Mirabel verliebt und kämpft um den Titel als bester Busfahrer. Aus Kundenfreundlichkeit nimmt er auch mal eine Verspätung in Kauf, sehr zum Missfallen seines Bosses Walter Zotebier (Armin Rohde), der auch der Bürgermeister des Ortes ist. Alles wie immer, bis eines Tages die örtliche Lottotippgemeinschaft von Mirabel, Gloria, Menno, Jonkers, Zotebier und Lottoladen-Chef Arie Tammen (Gustav-Peter Wöhler) den 25-Millionen-Euro-Jackpot knackt. Zu dumm allerdings, dass Mirabel und Gloria kurz vor der Ziehung wegen langjährigen Misserfolgs aus der Runde ausgestiegen sind. Auch Menno wird von den Mitspielern ausgebootet, da er seine Beiträge nicht rechtzeitig gezahlt hat. Um seinen Traum vom Surfer-Aqua-Park doch noch zu verwirklichen, bandelt er mit Gloria an, die hinter dem Rücken der Freundin wieder eingestiegen war. Da reicht es Mirabel endgültig. Gemeinsam mit Busfahrer Bruno holt sie zum Gegenschlag aus...

    Lars Becker ist einer der Krimispezialisten des ZDF. Seine „Nachtschicht“-Reihe umfasst mittlerweile schon sechs Filme und auch wenn der jüngste Beitrag „Blutige Stadt“ aufgrund einiger Drehbuchpannen und zu schwacher Figuren deutlich hinter der Qualität der anderen Neunzigminüter zurückblieb, gehört die Reihe zum Besten, was die Öffentlich-Rechtlichen in den vergangenen Jahren produziert haben. Obwohl Becker in erster Linie Krimis oder ähnliche Geschichten mit starker Atmosphäre dreht wie die Kinoproduktionen „Kanak Attack“ und „Bunte Hunde“ oder den hervorragenden TV-Thriller „Rette Deine Haut“, versucht er sich immer wieder auch in anderen Genres. Nach dem interessanten Mutter-Sohn-Drama „Die Weisheit der Wolken“ zeigte seine PISA-Komödie „Der beste Lehrer der Welt“ deutliche Schwächen. Nun nimmt Becker einen neuen Anlauf im Komödienfach. „Schade um das schöne Geld“ ist für den in Hannover geborenen Regisseur kein Neuland, denn mit „Das Gelbe vom Ei“ inszenierte er schon einmal ein Lustspiel vor friesischem Hintergrund für das ZDF.

    Becker hat im Vergleich zu seinen Milieu-Krimis bei den Komödien deutlich größere Schwierigkeiten, in den 90 Minuten eines Fernsehfilms mehrere Handlungsstränge auszubalancieren und einer Vielzahl von Charakteren gerecht zu werden. „Schade um das schöne Geld“ leidet unter falsch gesetzten Akzenten, einiges wird zu breit erzählt, anderes wiederum im Schnellverfahren abgehandelt. Die sehr ausführliche Einführung der zahlreichen Figuren nimmt allein die Hälfte der Spielzeit in Anspruch, erst danach kommt die Geschichte richtig in Schwung. Amüsante Ideen wie das die entsprechenden Shows der Privatsender veräppelnde Casting der Neu-Millionäre kommen dagegen viel zu kurz. Hier präsentieren sich die frischgebackenen Lottogewinner als großzügige Spender, die gerne auch das restliche Dorf an ihrem Reichtum teilhaben lassen wollen. Die Bittsteller müssen nun einer Jury erklären, warum gerade sie es verdienen, am Geldsegen beteiligt zu werden. Hier treffen die auf dem hohen Ross sitzenden Bonzen auf unterwürfig-kriecherische Bedürftige. Das komische Potenzial dieser Konstellation wird leider nur unzureichend ausgespielt.

    „Schade um das schöne Geld“ macht trotz der erwähnten Einschränkungen Spaß. Hauptgrund dafür sind die mit ansteckender Spielfreude agierenden Darsteller, allen voran Christian Ulmen. Der gebürtige Pfälzer ist immer besonders gut, wenn er den grundsympathischen, leicht schusseligen und schüchternen Burschen spielt. Dies zeigte er schon in Herr Lehmann und der famosen TV-Serie „Dr. Psycho“. Ulmen legt diese Charaktere zwar immer sehr ähnlich an, aber er wertet jedes noch so schlechte Drehbuch durch seine Leistung merklich auf. In „Schade um das schöne Geld“ darf er zudem seine Bandbreite unter Beweis stellen, wenn er in der zweiten Filmhälfte, ähnlich wie in seiner mittlerweile ins Internet abgewanderten Serie „Mein neuer Freund“ kurzzeitig auch mal in ein paar andere Rollen schlüpfen muss. Schauspieler wie Armin Rohde (Herr Bello), Uwe Ochsenknecht (Die Bluthochzeit), Heike Makatsch (Hilde), Gustav-Peter Wöhler (Stellungswechsel), Ingo Naujoks (Hexe Lilli) und Catrin Striebeck (Soul Kitchen) sind feste Größen im deutschen TV- und Kinogeschäft und zeigen ihre Comedy-Fähigkeiten. Leicht deplatziert wirken nur Cosma Shiva Hagen ( 7 Zwerge - Männer allein im Wald), die aber in ihrer sehr reduzierten Rolle ohnehin nur gut aussehen muss, sowie – als einziger Schwachpunkt – Marc Hosemann (Reine Formsache). Seine Figur ist schlecht ausgestaltet und hat dazu einige unglückliche Dialoge abbekommen, so dass die Mischung aus einfältigem Casanova, Möchtegern-Selfmadeunternehmer und Greenpeace-Aktivist nie glaubhaft ist.

    Fazit: Die in ihren Einzelszenen gekonnt inszenierte Komödie „Schade um das schöne Geld“ ist locker-leichte Abendunterhaltung mit einem glänzend aufgelegten Ensemble. Viele amüsante Momente und größtenteils liebevoll gezeichnete Charaktere machen aus dem Film eine kurzweilige Nummernrevue. Allerdings bleibt die märchenhafte Sozialromanze mit ihrer großen Schlussversöhnung aus heiterem Himmel wegen großer dramaturgischer Mängel im Ganzen nur Stückwerk.

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