Im Vorfeld des 1998er Kinostarts von Michael Bays Asteroiden-Blockbuster Armageddon wurde in Cannes und der Presse lediglich ein 50-minütiges Show-Reel gezeigt, in dem ausschließlich Szenen vor dem Flug der Rettungscrew ins Weltall zu sehen waren. Ein nachvollziehbarer Schachzug, bricht der zunächst unterhaltsame Katastrophen-Kracher nach dem Raketenstart doch vollkommen in sich zusammen. So bietet der trotz monströsem Kassenerfolg insgesamt als gescheitert zu betrachtende Sci-Fi-Actioner genügend Angriffsflächen, um so manch hanebüchenes Logikloch genüsslich durch den Kakao zu ziehen. Umso überraschender, dass es ganze sieben Jahre gedauert hat, bis mit Roy T. Woods trashig-derber Knetmasse-Comedy „Disaster!" 2005 endlich eine Armageddon-Parodie auf der Bildfläche auftauchte. Noch überraschender ist allerdings, dass es Wood dabei kaum gelingt, die eminenten Schwächen der Vorlage für seine Zwecke auszunutzen. Stattdessen lassen sich alle Gags auf die Grundzutaten Ficken, Furzen und Splattern zurückführen. Dieses begrenzte Humorfeld mag in der ersten halben Stunde noch genug pubertäres Potential für einen feucht-fröhlichen DVD-Abend liefern, trägt aber keinesfalls die vollen 83 Minuten.
Seitdem unsere Ahnen aus dem Urschlamm gekrochen sind, tobt ein immerwährender Kampf zwischen Mensch und Natur. Doch nun hat das Universum zu einem letzten entscheidenden Schlag ausgeholt, um die Menschheit endgültig in die Knie zu zwingen. Ein riesiger Asteroid rast auf die Erde zu. Die einzige Chance des Blauen Planeten, aus dem Schlamassel wieder herauszukommen, ist der Desaster-Experte Harry Bottoms (in der deutschen Synchro von Bruce Willis‘ Standardstimme Manfred Lehmann gesprochen). Gemeinsam mit dem Sturmjäger V.D. Johnson, dem Tiefbohrer-Guru aka Pornostar Donkey Dixon und der Helikopterpilotin Sandy Mellons macht sich Bottoms auf, um den Asteroiden mit Atombomben in die Schranken zu weisen. Leider hat die NASA verpennt, die Rakete „Cola 1“ vollzutanken. Und so müssen die Helden zunächst einmal einen Umweg zur Raumstation „La Grande Fromage“ in Kauf nehmen. Hier sorgt ein käsefressender, dauerfurzender Franzose für ordentlich Gestinke. Doch richtig haarig wird es erst, als aus Versehen der Selbstzerstörungsmechanismus in Gang gesetzt wird und die Astronauten die Station durch den Fäkalienausgang verlassen müssen. Wird es dem vollgeschissenen Team trotz holprigem Start gelingen, die Mission erfolgreich zu beenden?
Der Abwechslungsreichtum des Humors hält sich arg in Grenzen. Sex: In „Disaster!“ jagt eine anzügliche Zote die nächste. Trauriger Höhepunkt ist Donkey Dixons Kompliment „Die könnte mir heute gerne meinen Kasper zum Kotzen bringen.“ Daneben gibt es jede Menge Szenen, in denen sich die Puppen besteigen oder sich gegenseitig einen blasen. Was in Team America noch als kleiner Kulturschock Wirkung entfaltete, ist hier nach wenigen Minuten nur noch ermüdend. Ohne wirkliche Variationen oder Steigerungen wird das redundante Pornogelaber schnell langweilig. Fäkalien: Die Macher entwickeln geradezu einen Scheiße-Fetisch. Gegen die Wir-pumpen-den-Dünnschiss-wieder-zurück-in-den-Raumanzug-Szene wirkt der Fäkalhumor aus American Pie und Konsorten wie hohe Filmkunst. Natürlich ist dieses niedrige Niveau ganz offensichtlich beabsichtigt, lustig ist es trotzdem nur selten – zum Beispiel, wenn der angezündete Furz des Franzmanns Jetpack-Qualitäten beweist. Splatter: Die Rache der Natur lässt nicht nur scharfgemachte Hunde, sondern auch zuvor noch handzahme Eichhörnchen über die Menschen herfallen und sie ihre Opfer grausam zerfleischen. Der Knetmasse-Puppen-Splatter gehört auf jeden Fall zu den amüsanteren Einfällen des Films. Und der Golfwagen-Vorfall, der bei V.D. Johnson tiefe seelische Wunden zurückgelassen hat, ist in seiner blutspritzenden Sinnlosigkeit einfach grandios.
Daneben versucht sich „Disaster!“ noch an einer Handvoll Witze über den schwulen Bordroboter. Die sind zwar platt, aber dank der guten deutschen Synchronstimme zumindest leidlich amüsant. Wo der Film jedoch am deutlichsten versagt, sind die vorsichtig verstreuten satirischen Spitzen. Da wählen sich die Macher einen Macho-Mexikaner als US-Präsidenten, und verstehen es dann nicht, aus dieser herrlichen Ausgangsidee auch nur einen funktionierenden Gag herauszupressen. Erst im Abspann, wenn ein paar grandios absurde „Harry Bottoms for President“-Wahlkampfspots gezeigt werden, versteht „Disaster!“ auch in diesem Bereich zu überzeugen: „Wie ich zur Homo-Ehe stehe? Ist nichts für mich! Hab‘s probiert. Hinterher tat mir der Arsch weh.“ Was die Knetmasse/Puppen-Technik angeht, merkt man dem Film zwar seinen Willen zum unbedingten Trash an, trotzdem vermögen die zum Teil extrem aufwändigen/liebenswürdigen Animationen/Ausstattungen positiv zu überraschen.
Fazit: Es wäre übertrieben, die Steilvorlage zu nutzen, und „Disaster!" als Desaster zu bezeichnen. Gerade was das die Produktionswerte angeht, die die Macher aus dem schmalen Budget heraus geprügelt haben, sind durchaus lobenswerte Ansätze zu erkennen. Doch im Endeffekt verlässt sich die Trash-Comedy zu sehr auf ihre Sex- und Fäkalwitzchen, während die wenigen Satire-Versuche in einem Haufen aus Scheiße und anderen Körperabsonderungen versickern.