Ein paar junge Männer, die aus ihrer besonderen Huldigung für die B-Action-Kriegsfilme mit Michael Dudikoff, Chuck Norris und Konsorten in ihrer Freizeit eine Genre-Parodie machen: Das hört sich bekannt an. Thilo Gosejohann hat 2003 in Zusammenarbeit mit seinem Bruder, TV-Comedian Simon, sein famoses und urwitziges Werk „Operation Dance Sensation“ präsentiert, welches schnell über den Status eines Geheimtipps hinauskam, bei einer kleinen Kinotour für ausverkaufte Säle sorgte und auf DVD den Sprung in die Top 10 der Amazon-Verkaufscharts schaffte. Seinem Regisseur brachte „OPDS“ sogar die Note 1,0 bei seinem Kameradiplom an der FH Dortmund. Doch nur kurze Zeit später kam etwas weiter im Norden eine Gruppe junger Männer auf eine ähnliche Idee. „Deadly Nam“ heißt der erste „norddeutsche Vietnamfilm“ (O-Ton).
Mitten im feindlichen Kriegsgebiet sind die Soldaten des 102. Recon-Squads auf sich alleine gestellt. Auf dem Weg eine Spezialmission zu erfüllen, geht es für Männer wie dem schweigsamen Nahkampfspezialisten Dexter Mulland (Urs Peter Hagedorn), dem jähzornigen Hitzkopf Dick Brewbaker (Sammy Müller), dem ängstlichen Greenhorn James Oddman (Lars Krolik), dem surfenden Kiffer-Dude Shane Powell (Christoph Müller) oder dem Waffenfetischisten Dave Machowski (Hauke Hirsinger) unter ihrem umsichtigen Befehlshaber Frank Castle (Hendrik Thiele) eigentlich nur um eins: Töten, um nicht getötet zu werden.
„Deadly Nam“ versteht sich selbst als Hommage und Parodie an die besten und schlechtesten Filme des Genres. Nicht umsonst listen zahlreiche der beteiligten Crew-Mitglieder auf der offiziellen Homepage Titel wie Apocalypse Now und Platoon als ihre Lieblingsfilme. Doch als Hommage an diese besten Filme des Genres funktioniert „Deadly Nam“ leider nicht, viel zu sehr wird dieser Aspekt überlagert, von der Parodie auf die schlechten Filme. Die trifft dafür teilweise richtig gut ins Schwarze. Der Pathos, die Hirnlosigkeit und die dümmlichen, stereotypen Dialoge einiger Vietnam-Macherwerke der bereits schon angesprochenen üblichen Verdächtigen Dudikoff und Norris werden einige Male bitterböse aufs Korn genommen. Wo dort aber selbst die schlimmsten Genrevertreter zwischendurch einmal kurz zum Luftholen Pause machen, gibt es Ähnliches in „Deadly Nam“ nicht. Hier gibt es keine Szene, die nicht vor Pathos strotzt.
Um ihre schlechten Vorbilder zu parodieren, haben sich die Macher einige hübsche Dialoge einfallen lassen. Wenn einer der GIs auf eine Sprengfalle tritt und dann seinen tödlichen Abgang nur mit einem erstaunten „Ooh nöö, ne“ kommentiert, wird der Humor der Szene durch die trockene, norddeutsche Aussprache noch einmal zusätzlich erhöht. Allerdings erfüllen Dialoge wie „Hast Du ihn erwischt, Mann?“ oder „Das Zeug an meinem Messer ist kein Ketchup“ zwar ihren Zweck, doch mit der Zeit nutzt sich dies ab. Hier gehen den Machern des 67-minütigen Werks mit der Zeit die Ideen aus. Die immergleiche Wiederholung und Überzeichnung von Stereotypen des B-Action-Movies, welche hier - abgesehen von einer ruhigeren Sequenzfolge - aufgeboten wird, funktioniert leider nicht auf Dauer. Gerade das eingangs angesprochene Vergleichswerke „Operation Dance Sensation“ beweist, dass man über die fast doppelt so lange Laufzeit diese Probleme nicht bekommt, wenn man mehr Abwechslung in seinen Film bringt. So hätte „Deadly Nam“ eine, wenn auch noch so einfache, Story sicher gut gestanden, so dient das Stöbern durch den vietnamesischen Dschungel (bzw. den Bremer Forst) eigentlich nur der Aneinanderreihung der angesprochenen Szenen.
Von Amateur-Projekten darf man keine technische Perfektion erwarten und muss dagegen eher die Kreativität bei der Umsetzung loben. Auch hier gibt es durchaus Anlass für Bewunderung, so wurde für die Szenen aus dem Innenbereich des Helikopters einfach ein Kleinbus genommen, was man zwar bei genauem Hinsehen bemerkt, was aber durchaus seinen Zweck erfüllt. Beim Ton hat man sich für eine komplette Nachvertonung im Studio entschlossen. Das heißt alle Geräusche auch die Dialoge stammen aus dem Studio. Dadurch hat „Deadly Nam“ nicht mit dem Makel vieler Amateur-Projekte zu kämpfen, dass die Dialoge zu leise und daher kaum verständlich sind. Dafür gibt es allerdings ein paar Mal Probleme mit der Lippensynchronität. Ganz und gar nicht amateurhaft mutet der Score an. Die musikalische Untermalung von Jan Glembotzki steckt die parodierten Werke aus dem B-Movie-Sektor locker in die Tasche und kann selbst mit einigen A-Produktionen mithalten. Hier wächst wohl das größte Talent aus dem Kreis der Macher heran.