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    Intruders
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Intruders
    Von Carsten Baumgardt

    Spanische Filmemacher haben sich in den vergangenen Jahren abseits von Pedro Almodóvar, dem Gottvater der iberischen Filmzunft, vornehmlich im Horror-Genre ins Rampenlicht gesetzt. Da taten sich Regisseure wie Alejandro Amenábar („The Others"), Jaume Balagueró(„[Rec]"), Juan Antonio Bayona („Das Waisenhaus") oder Rodrigo Cortés („Buried") hervor, aber keiner dieser Filmemacher erreicht die inszenatorische Brillanz ihres Kollegen Juan Carlos Fresnadillo, der mit seinem Zombie-Sequel „28 Weeks Later" stilistisch sogar „28 Days Later", das Original von Oscar-Preisträger Danny Boyle („Slumdog Millionär"), in den Schatten stellte. Dementsprechend groß sind die Erwartungen an Fresnadillos Nachfolgeprojekt. Doch sein klassischer Grusel-Thriller „Intruders" enttäuscht als schwerfällige und wenig spannende Wer-hat-Angst-vorm-schwarzen-Mann-Variante, die zwar rein visuell gut gelungen ist, aber dafür deutliche erzählerische Mängel aufweist.

    Mia (Ella Purnell) lebt in England in der Gegenwart, während Juan (Izán Corchero) in einer nicht genau definierten Vergangenheit in Spanien aufwächst. Die Kinder haben nichts gemeinsam - und dennoch werden die beiden immer wieder von ein und demselben Albtraum heimgesucht. Nacht für Nacht schleicht sich eine unheimliche, gesichtslose Schattengestalt in die Schlafzimmer der Kinder und verschreckt sie zutiefst. Dieses unerklärbare Phänomen greift bald verstärkt um sich. Auch Mias Vater John (Clive Owen) beginnt, den Eindringling zu sehen, während seine Frau Sue (Carice Van Houten) langsam an seiner geistigen Verfassung zweifelt und die zuvor mustergültige Ehe gehörig aus dem Lot gerät. Im glaubensstrengen Spanien ergreift Juans alleinerziehende Mutter Luisa (Pilar López de Ayala) indes radikalere Maßnahmen. Sie wendet sich an Priester Antonio (Daniel Brühl), der ihr einen fähigen Exorzisten empfehlen soll...

    Juan Carlos Fresnadillos Grundansatz, zwei verschiedene Geschichten mit dem gleichen Thema gewissermaßen parallel zu erzählen, hat zweifellos seinen Reiz, bringt aber auch die Gefahr, dass einer der beiden Handlungsstränge zu deutlich die Oberhand gewinnt und das Konstrukt aus der Balance gerät. Genau das tritt hier ein und die offensichtlich einige Jahrzehnte in der Vergangenheit angesiedelte Madrid-Geschichte erweist sich im Vergleich zum Handlungsstrang im London der Gegenwart als deutlich schwächer. So wird der Spanienteil zum Bremsklotz für die auch nicht unbedingt mitreißende England-Erzählung, die mit dem Konflikt zwischen Vater und Mutter über die mysteriösen Erscheinungen aber wenigstens zusätzlichen Zündstoff bekommt. Ansonsten geht es in beiden Teilen hauptsächlich um die Suche nach einer Erklärung für die unheimlichen nächtlichen Besuche. Dabei spielt Fresnadillo am Anfang noch geschickt mit verdeckten Karten, lässt sein Publikum rätseln, was es mit dem Düstermann im Schrank auf sich hat und hält die Frage offen, ob es sich um Realität oder Einbildung handelt.

    Bei der Auflösung verheddern sich Regisseur Fresnadillo und seine Drehbuchautoren Nicolas Casariego und Jaime Marques trotz eines flotten Twists gewaltig. Die Wendung kommt ohnehin zu einem Zeitpunkt, an dem das Interesse an den Figuren schon merklich erkaltet ist, und nun kommt auch die innere Logik der Geschichte ganz gehörig ins Wanken: Realität und Wahn verschwimmen und „Intruders" zerfällt in seine Einzelteile. Da hilft es auch nichts, wenn Fresnadillo sozusagen zu seinem letzten Joker greift und die Erzählperspektive relativiert. Selbst nach dieser Rücknahme von einigem, was vorher geschah, bleiben allerdings eklatante Ungereimtheiten zurück.

    Gegen die Drehbuchschwächen kommt Fresnadillo auf Dauer nicht an, aber handwerklich ist „Intruders" durchaus sehenswert. Der Film hat einen stilvollen Look, es gibt Ansätze einer frostigen Atmosphäre und zuweilen gelingt es dem Regisseur sogar, seinen Zuschauern einen Schauer über den Rücken zu jagen. Allerdings bedient sich Fresnadillo allzu oft und zu einfallslos aus der Mottenkiste des Horrorkinos, lässt Türen und Fußböden knarzen oder Fenster sich auf mysteriöse Weise öffnen. So kommt es nach dem packend in Szene gesetzten Prolog immer wieder zu Leerlauf und „Intruders" zieht sich stellenweise zäh wie Kaugummi hin. Da kann auch ein wie immer charismatischer Clive Owen („Hautnah", „Children of Men") nicht mehr viel retten. Der Brite dominiert den Film mit seiner markigen Präsenz, steht aber letztlich doch auf verlorenem Posten.

    Fazit: Juan Carlos Fresnadillo sorgt mit seiner langatmigen Grusel-Mär „Intruders" nur für mäßige Spannung und wenig Nervenkitzel. Ansätze zu einem Horror-Schocker und zu einem Exorzismus-Reißer werden zugunsten einer ganz und gar klassischen und konventionellen Gruselgeschichte zurückgedrängt.

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