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    Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen
    Von Christian Horn

    Gemeinsam mit einer Gruppe Touristen, die sich aus israelischen Soldaten rekrutiert, betritt der Zuschauer zum ersten Mal die Grabeskirche in Jerusalem – jene Kirche, in der sich das Grab von Jesu Christus befindet. Regisseur und Kameramann Hajo Schomerus dokumentiert das dortige Zusammenleben sechs verschiedener christlicher Konfessionen, die alle ein Hausrecht in der Kirche haben und bedauern, dass sie dieses mit fünf weiteren Gruppen teilen müssen: Querelen und Streitigkeiten stehen an der Tagesordnung. Mit einem neutralen Blick lässt Schomerus' Dokumentarfilm „Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen“ Mitglieder aller Konfessionen zu Wort kommen und rahmt die Interviews in besinnliche Aufnahmen der Grabeskirche. Wenngleich der Untersuchungsgegenstand oft skurril und durchaus interessant ist, flacht das Interesse des Zuschauers im Verlauf des Films aber deutlich ab: Verknappungen und Präzisierungen hätten Schomerus' Film gut getan, der in seiner jetzigen Form entschieden zu spröde daherkommt.

    Orthodoxe, Katholiken, ägyptische Kopten und Christen aus Syrien, Armenien und Äthiopien glauben in der Grabeskirche unter einem Dach. Jede der Konfessionen nennt einen bestimmten Platz in der Kirche ihr Eigen und verteidigt dieses eifersüchtig gegen Eindringlinge: Diese Kerze da zünden die Orthodoxen an, hier bestimmen die Katholiken und dort unter dem Dachboden leben die ägyptischen Christen, weil sie vor einigen hundert Jahren keine Steuern gezahlt haben. Ein streng geregelter Status Quo weist den Konfessionen ihre Gebetszeiten zu und legt fest, wann die verschiedenen Parteien vor Jesu Grab treten dürfen. Durch ständige Feiertage verschieben sich diese Vorrechte immer wieder und so braucht der fachkundige Christ in der unfreiwilligen Wohngemeinschaft schon einen Stundenplan, um nicht den Überblick zu verlieren. Sogar einen Putzplan gibt es – und wehe, wenn der nicht eingehalten wird…

    Tragik und Komik liegen in dieser skurrilen Wohngemeinschaft nahe beieinander und Regisseur Schomerus tut gut daran, den Humor nicht zu vernachlässigen. Diesen gewinnt der Film aus den Aussagen der Interviewten: Der katholische Pater Robert Jauch etwa schwärmt von Orgelmusik und schaut schadenfroh auf die Franziskaner herab, deren Gesänge regelrecht untergehen, wenn nebenan die Orgel ertönt: „Da ist man noch viel lieber Katholik“, sagt er. Ein wenig wie Kinder streiten sich die Mitglieder der Konfessionen und einmal ist das Ganze sogar in einen handfesten Faustkampf ausgeartet. Selbst die beiden Familien, denen vor Jahrhunderten die Schlüssel zur Kirche anvertraut wurden, sind sich uneinig darüber, welches Privileg wichtiger ist: Die eine Familie besitzt den Schlüssel, die andere darf ihn benutzen und beide sind im Besitz päpstlicher Urkunden und Plaketten. Eines der Familien-Oberhäupter hat ein Foto mit dem Papst auf seinem kleinen Handy gespeichert – der Vater der anderen Familie hat sich dasselbe Foto in Übergröße ausgedruckt und hält es sichtlich stolz in die Kamera: 1:0 für Vater Nr. 2.

    Lohnenswert wäre ein Blick auf die geografische Lage der Kirche gewesen, die sich mitten in Jerusalem, also in einem Krisengebiet, befindet. Doch dafür interessiert sich Hajo Schomerus nicht. Die Grabeskirche und deren Bewohner verlässt er nur, um kurz bei den Schlüsselhütern vorbeizuschauen. Ansonsten wechseln sich Interviews und lange Aufnahmen von der Kirche ab, was spätestens in der zweiten Hälfte ein wenig langweilig wird: Dass die sechs Konfessionen nicht sonderlich gut zusammenarbeiten, hat man zu diesem Zeitpunkt längst begriffen – und etwas Neues wird dem nicht hinzugefügt. Dennoch geht einem die kuriose Wohnsituation in der Grabeskirche nicht aus dem Kopf und denkt man daran zurück, muss man schon ein wenig schmunzeln über die dortigen Verhältnisse: Christliches Miteinander ist eben auch (k)eine Lösung.

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