Seit seinem ersten Agenten-Auftritt in „James Bond 007 - GoldenEye" hat sich Pierce Brosnan immer wieder als elegantester Anzugträger des Planeten empfohlen. Das hat freilich nicht nur für maßgeschneiderte MI6-Uniformen, sondern auch für Gottestrachten zu gelten. Zumindest meint das Regisseur George Ratliff, der Brosnan in „Wer's glaubt, wird selig - Salvation Boulevard" als frommen aber vertrottelten Pastor besetzt hat – und ihn gleich zu Beginn versehentlich und ohne jede Eleganz eine arme Atheistin erschießen lässt. Das klingt nach einem steilen Aufschlag für eine tiefschwarze Satire jenseits des politisch Korrekten. Doch „Salvation Boulevard", adaptiert nach einer Vorlage des „Wag the Dog"-Autors Larry Beinhart, hat ein großes Manko: Der Film ist vollgestopft mit guten Ansätzen, von denen keiner bis zum Ende durchgezogen wird - und so zerfällt er in mäßig witzige, oft zusammenhanglose Sketch-Episoden. So bleibt Ratliffs Abrechnung mit dem in den USA populären Format christlicher TV-Shows trotz spannender Ideen und starker Darsteller eine thematisch wirre und insgesamt unbefriedigende Angelegenheit.
Carl Vanderveer (Greg Kinnear) ist ein geläuterter Ex-„Dead-Head". Sex, Drugs and Rock'n'Roll war gestern, heute sind er und seine gottesfürchtige Frau Gwen (Jennifer Connelly) Mitglieder der „Kirche des Dritten Jahrtausends". Deren Vorstand ist der charismatische und redegewandte Pastor Dan Day (Pierce Brosnan), der in seiner Gemeinde wie ein Heiliger verehrt wird. Sein großer Konkurrent ist der Atheist Dr. Paul Blaylock (Ed Harris). Bei einem Gespräch der beiden Rivalen, bei dem auch Carl anwesend ist, landet versehentlich eine Kugel in Blaylocks Kopf. Carl will die Polizei rufen, doch Dan überredet ihn dazu, es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen. Als der desillusionierte Carl wenig später auch noch selbst hinter dem Ableben des Atheisten stecken soll, rückt er raus mit der Sprache. Nicht einmal seine engsten Vertrauten jedoch wollen ihm noch Glauben schenken...
Pierce Brosnan hat sichtlich Spaß an seiner Rolle – und die absurde Überspitzung des verrückt gewordenen Pastors, der vor Gott, nicht aber vor dem Gesetz um Vergebung winselt, sorgt immer wieder für ausgesprochen amüsante Augenblicke. Auch Oscar-Preisträgerin Jennifer Connelly („A Beautiful Mind") macht eine gute Figur als über-fromme und über-besorgte Mutter, wenngleich ihre Gwen weitgehend nur als Steigbügelhalter für ein paar harmlose Schmunzler herhalten muss. Ob sie nun als ach-so-treue Ehefrau mit dem Pastor flirtet, schauderhafte Satansbilder malt oder bei ihrem Mann Nachwirkungen seines früheren Drogenkonsums vermutet, als der ihr von dem tödlichen Unfall erzählt – stets zielt Ratliff auf unmittelbar zündende Gags ab, statt clever von der Doppelmoral, den Verhehlungen und den Verfehlungen fundamentalistischer Christen zu erzählen. Das ist symptomatisch für den ganzen Film, der trotz satirischem Geltungsanspruch mehr als passable schwarze Komödie ohne nennenswerten Tiefgang abläuft.
Für ein paar schnelle Lacher reicht es dabei allemal, dafür sorgen die ulkigen Figuren. Etwa Carl, der von einer (lebens-)bedrohlichen Situation in die andere stolpert und sich ständig fragt, wieso um ihn herum plötzlich alle den Verstand verlieren. Oder Jerry Hobson, die völlig überdrehte rechte Hand des Pastors, gespielt von Jim Gaffigan („Away We Go"), die sowohl himmlische Schellen als auch eine himmelschreiend abstruse Weltanschauung zum Besten gibt. Außerdem dabei: Ciarán Hinds („München") als Ex-Marine und Carls Schwiegervater, der das wilde Kirchentreiben nur zu gut durchschaut, Marisa Tomei („The Wrestler") als verkiffte Polizistin und Yul Vazquez als mexikanischer Playboy Jorge Guzman de Vaca. Vergnüglich sind die schrägen Eskapaden schon, bloß fehlt es dieser Sketchparade, die ganz offensichtlich so viel mehr sein soll und könnte, an roten Fäden, an thematischer Zielstrebigkeit, an satirischer Kohärenz.
Ständig tauchen Figuren wie aus dem Nichts auf, während andere die Bühne wieder verlassen. Über weite Strecken wirkt das, als würde Ratliff auf dem Spielfeld des konventionellen Erzählkinos nach Monty-Python-Regeln spielen wollen. Die große Tugend der britischen Satiregötter war es allerdings, bei gefühlt unzähligen Figuren und abstrusen Handlungssprüngen etwa in „Das Leben des Brian" immer eine Stoßrichtung vorzugeben: Jeder Sketch war Aspekt einer klarsichtigen Kritik an religiösen und staatlichen Institutionen. Bei „Salvation Boulevard" hingegen bleibt vage, in welche Richtung überhaupt geschossen wird: Soll hier das Christentum selbst am Pranger stehen? Eine Freakshow des Glaubens, eine atheistische Kampfansage? Viel mehr als die banale Erkenntnis, dass Menschen ziemlich verrückt sein können, hat Ratliff nicht zu verkünden.
Fazit: „Wer's glaubt, wird selig - Salvation Boulevard" gleicht eher einem Auffangbecken für allerlei abstruse Einfälle und überzeichnete Figuren als einer in sich schlüssigen Satire. Die gut aufgelegten Darsteller und der ein oder andere gelungene Gag sorgen für Kurzweil, mehr als schrille Fastfood-Komödienkost kommt dabei jedoch nicht rum.